Zum Hauptinhalt springen

Müll oder begehrter Rohstoff

Von Monika Jonasch

Wirtschaft
© PET to PET / Andi Bruckner

Aus welchem Material eine Flasche besteht, hat großen Einfluss auf ihre Klimaverträglichkeit.


Eine Flasche ist nicht mehr einfach nur eine Flasche. Ihr ökologischer Fußabdruck sorgt dafür, dass sie zum Thema wissenschaftlicher Studien geworden ist. Sie verursacht CO2-Emissionen, Müll, Energieaufwand und Abwasser. Und sie sorgt für viel heiße Luft, wenn sich Experten aus der Industrie und Umweltschützer darüber in die Haare geraten, was denn nun besser sei: PET, Glas oder andere Verpackungen. Eines jedenfalls kann man auf den ersten Blick sagen: Je öfter eine Flasche oder ihr Material 1:1 wiederverwertet wird, desto besser für die Umwelt.

Die perfekte Flasche gibt es jedenfalls nicht, räumt auch Christian Strasser, Geschäftsführer von PET to PET, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" ein. Je nach Inhalt und Anlass, Transportwegen und Recyclingprozessen macht die eine oder andere Getränkeverpackung Sinn. Das Recyclingunternehmen PET to PET wird von den österreichischen Getränkeherstellern Coca-Cola, Radlberger, Rauch, Spitz und Vöslauer gemeinsam betrieben. Sein Ziel ist es, aus einer Flasche wieder eine Flasche zu machen.

Auf der Suche nach dem perfekten Kreislauf

Das klingt einfacher, als es ist. Immerhin seit 2006 bastelt man am möglichst perfekten Kreislauf von Sammeln, Sortieren, Aufbereiten bis Wiederverwenden. Ziel ist es, das PET (Polyethylenterephthalat), einen mittlerweile kostbaren Sekundärrohstoff, möglichst vollständig im System zu halten und einen hohen Anteil an Recyclat in die Flaschen einzubringen. Derzeit beträgt der Anteil an recyceltem PET je nach Flaschentyp 30 bis 40 Prozent, erklärt PET to PET stolz auf seiner Website. Für Mineralwasser produziert man schon Flaschen aus 100 Prozent recyceltem PET.

Natürlich soll so auch Geld verdient werden. Was zunehmend leichter wird, denn immerhin müssen laut EU-Vorschrift seit 2021 Abgaben auf nicht-recyclierbare Kunststoffverpackungen bezahlt werden. Hinzu kommt noch das EU-Recyclingziel: Bis 2025 sollen in jeder PET-Flasche 25 Prozent Recyclingmaterial stecken, bis 2029 dann 30 Prozent. Flankiert wird das Ganze noch vom Einwegpfand, das in Österreich 2025 schlagend wird. Ohne Pfand ist die EU-Vorgabe nämlich kaum zu erfüllen, wie Strasser erklärt. Ab 2024 müssen in heimischen Supermärkten Mehrwegflaschen für sämtliche Getränkekategorien angeboten werden. Kurzum: Es wird immer teurer, nicht zu recyceln. 2021 hat sich der Preis von recyceltem gegenüber neuem PET bereits verdoppelt, heißt es von PET to PET. Es gibt nicht mehr genug, der einstige Müll ist zum wertvollen Handelsgut geworden. PET, das in Flocken oder Granulat wiederverkauft wird, ist zur Mangelware am europäischen Markt geworden.

PET als begehrter Rohstoff, mit dem sich verdienen lässt

Wer den nun allseits begehrten Sekundärrohstoff aufbereitet, der kann damit auch verdienen. Ein Beispiel dafür, wie sich Recycling - nicht nur von PET - auszahlen kann, ist Alpla, ein Familienunternehmen aus Vorarlberg. 2022 machte Alpla mit 23.300 Mitarbeitern in 46 Ländern einen Umsatz von 5,1 Milliarden Euro. In Recycling investiert man seit 2021 jährlich über 50 Millionen Euro. Das Unternehmen ist weltweit auf Expansionskurs, bei Standorten ebenso wie Personal. Alpla CEO Philipp Lehner hat also leicht lachen, wenn er auf seinem TikTok-Kanal die Vorzüge der PET-Flasche gegenüber Glas anpreist und dafür gar zu RnB-Beats tanzt. Seine Botschaft: PET ist leichtgewichtiger, daher für den Transport besser geeignet, billiger, weil bei niedrigeren Temperaturen als Glas erzeugt (PET: ca. 200 Grad Celsius, Glas: ca. 1.600 Grad Celsius). Lehners Fazit: 1.000 PET-Flaschen entsprechen 71 Kilogramm CO2, hingegen verursachen 1.000 Glasflaschen 103 Kilogramm CO2-Emissionen.

Für und Wider:Glas versus RePET

Befürworter der Glasflasche betonen ihrerseits deren hohe Wiederverwendbarkeit, übersteht diese doch rund 40 Umläufe. Glas könne zudem beliebig oft eingeschmolzen werden, das Material zu 60 Prozent wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden. Wird eine Glasflasche jedoch wieder aufbereitet, ist dies sehr energieintensiv, argumentieren wiederum die PET-Befürworter.

Eine Mehrweg-PET-Flasche schafft nur etwa 20 Umläufe. Damit aus PET dann Re-PET wird, sind zahlreiche Verarbeitungsschritte nötig und es entsteht einiges an Materialverlust, konstatiert eine Studie des Österreichischen Ökologie Institutes im Auftrag von Greenpeace. Abhängig von Qualität und Sauberkeit des PET-Abfalls wären für die Herstellung einer neuen Re-PET-Flasche durchschnittlich etwa 1,4 alte PET-Flaschen nötig, so die Autoren. Zudem gibt man zu bedenken, dass PET aus Erdöl oder Erdgas erzeugt wird und beim Einsatz als Lebensmittelverpackung noch extra beschichtet werden muss, damit aus der Verpackung nichts in den Inhalt gelangt. Hier hat also wieder die Glasflasche die Nase vorne. Hinzu kommt: "Wollte man in Zukunft alle Flaschen in Österreich aus 100 Prozent Re-PET herstellen, würde das österreichische Material nicht ausreichen", gibt die Studie zu bedenken.

Womit wir wieder bei der Mangelware, den steigenden Preisen sowie Sinn und Unsinn europaweiter Transportwege für PET-Recycling angekommen wären. Gerade beim grenzüberschreitenden Abfall- oder Wertstoff-Transport schraubt die EU übrigens derzeit an weiteren Vorschriften, Ausgang ungewiss. "Keine Verpackung hat nur Vorteile", erklärt PET-to-PET-Geschäftsführer Strasser daher. Die Getränkehersteller fahren derzeit also mehrgleisig: Glas, PET, Aludosen, Einweg und Mehrweg werden nebeneinander angeboten.

Und während sich die Experten über die umweltverträglichste Flasche den Kopf zerbrechen, dominieren nach wie vor Einweg-PET-Flaschen die Getränkeabteilungen der Supermärkte. Die Konsumenten seien von Mehrweg-PET schwer zu überzeugen, erklärt man nach einem sicher teuren Fehlstart vor einigen Jahren bei Coca-Cola. Die Flaschen seien halt schwerer, sähen weniger neu aus und sind teurer.

Mittlerweile hat sich jedoch auch in den Köpfen der Österreicher viel getan. Die Klimakrise ist allgegenwärtig, ebenso der Rohstoffmangel. Immer mehr Gesetze, nationale wie europaweite, befeuern Innovationen im Verpackungssektor. Von Biomaterialien bis Sekundärrohstoffen werden die Karten gerade neu gemischt, es bleibt also spannend.