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Die Batterie-Revolution

Von Julian Kern

Wirtschaft
Weltweit wird an Batterien ohne Lithium und Kobalt geforscht. Am Austrian Institute of Technology (AIT) nimmt man die Potenziale von Magnesiumbatterien unter die Lupe.
© AIT

Neue Speicher, die ohne Lithium auskommen, werden Elektroautos nicht nur praxistauglicher, sondern auch günstiger machen.


Lithium, Nickel, Mangan und Kobalt. Der Großteil der derzeit am Markt verfügbaren Elektroautos kommt ohne diese Rohstoffe nicht aus, die als zentrale Bausteine für die aktuelle Generation von Hochleistungsbatterien gelten. Dieselbe Technologie, die in Smartphones, Tablets und E-Bikes zum Einsatz kommt, sorgt dafür, dass elektrisch betriebene Fahrzeuge mittlerweile mit Reichweiten von mehr als 700 Kilometern werben.

Hätte es keine Lithium-Ionen-Batterien gegeben, wäre die Erfolgsgeschichte des Elektroautopioniers Tesla nicht möglich gewesen. Gleichzeitig ist die massenhafte Ausrollung der Elektromobilität, die für das Erreichen internationaler Klimaziele ein notwendiger Puzzlestein ist, ohne sie in den kommenden Jahren nicht vorstellbar. Seit mehr als 40 Jahren wird die Lithium-Batterie erforscht und trotz ökologischer und ethischer Probleme weiterentwickelt. Die Abbaugebiete des Leichtmetalls beschränken sich beinahe ausschließlich auf Australien, Chile, China und Argentinien. Neben dem Abbau von Lithium, bei dem Chemikalien zum Einsatz kommen und Schwermetalle in die Umwelt gelangen, ist auch Kobalt für die derzeitigen Batteriegenerationen unerlässlich.

Abbau problematisch

Der Rohstoff gilt als Nebenprodukt beim Nickel- und Kupferabbau und ist auf der Erde äußerst ungleich verteilt. Die von Krisen geschüttelte Demokratische Republik (DR) Kongo, Australien und Kuba vereinen zusammen mehr als 70 Prozent der bekannten Reserven auf sich, gleichzeitig besitzt oder kontrolliert China drei Viertel der Kobaltminen im Kongo, was die Abhängigkeit in puncto Lieferketten weiter verstärkt. Zudem ist der Abbau ökologisch und ethisch problematisch, da Böden und Wasser nahe den Minen meist als verseucht gelten und die Luft verschmutzt wird.

Neben diesen Problemen sorgen steigende Preise bei den Rohstoffen dafür, dass die Forschung nach Alternativen weltweit intensiviert wird. Zwar wären die für die Lithium-Ionen-Batterie notwendigen kritischen Rohstoffe zur Genüge in der Erdkruste vorhanden, sagt Holger Heinfellner, Teamleiter Mobilität am Umweltbundesamt, "aus ethischer und ökologischer Sicht stellt sich aber die Frage, ob es zielführend ist, diese Ressourcen vollständig zu erschließen. Sollten wir mit Hinblick auf die Fehler, die wir beim Verbrenner gemacht haben - rund um die Förderung von Rohöl - und mit dem Wissen, das wir heute zum fortschreitenden Klimawandel haben, nicht versuchen, es besser zu machen?"

Magnesium statt Lithium?

Gelingen könnte das mit Batterien, die ohne Lithium auskommen. Solche Alternativen gibt es, die Entwicklungsstadien sind dabei allerdings sehr unterschiedlich. Während manche noch in den Kinderschuhen stecken, kommen andere bereits in ersten Fahrzeugen zum Einsatz. In Österreich erforscht das Duo Bingqing Cheng und Martina Romio derzeit, ob Magnesium Lithium künftig in Batterien ersetzen könnte. Vorteile gebe es zur Genüge: "In der Theorie sollte Magnesium sicherer, langlebiger, schneller aufladbar, leichter und vor allem günstiger sein", sagt Romio. Magnesium ist eines der häufigsten Elemente der Erdkruste. Hierzulande findet man es vor allem in der Steiermark, in Tirol und in Kärnten.

Das häufige Vorkommen und der vergleichsweise einfache Abbau spiegeln sich auch im Preis wider. Im vergangenen Jahr wurde für eine Tonne Magnesium 4.700 US-Dollar bezahlt, während der Preis für Lithiumcarbonat in Batteriequalität auf 37.000 US-Dollar pro Tonne geschätzt wurde.

Feststoffbatterien ohne Lithium als Zukunft

Der Preis der Lithium-Alternativen und der von der Politik vielerorts bereits festegelegte Pfad in Richtung einer emissionslosen Zukunft sind es auch, die eine Revolution in der Forschung angestoßen haben. Vor allem in Feststoffbatterien, die ohne Lithium auskommen, sehen Experten die Zukunft der E-Mobilität.

Als am weitesten fortgeschritten gilt die Natrium-Ionen-Technologie. Ihr Vorteil liegt in den günstigen Herstellungskosten, da Natrium- zum Beispiel aus Meersalz- leicht zu beschaffen ist. Der chinesische Batterie-Riese CATL (Contemporary Amperex Technology) hat diese Technologie, bei der Natrium statt Lithium als Leiter zwischen Kathode und Anode fungiert, bereits im Sommer 2021 angekündigt. Im Vorjahr liefen in China dann erstmals E-Autos mit ebensolcher Batterie vom Band. Die ersten Erkenntnisse scheinen vielversprechend. Ihr größter Vorteil liegt demnach in den günstigeren Herstellungskosten, zudem liefert die Natriumbatterie auch bei niedrigen Temperaturen noch hohe Kapazitäten und Ladeleistungen.

Kürzere Ladezeiten

Derzeit wird diese Batterie in China vor allem in Kleinwagen mit einer Leistung von 25 kWh getestet. Obwohl die Technologie noch vergleichsweise jung ist, bringt es die Natriumbatterie bereits auf eine Lebensdauer von 2.000 bis 3.000 Ladezyklen. Das ist zwar weniger als bei Lithium-Batterien, allerdings ist die Ladezeit deutlich kürzer, weshalb die Natriumalternative für die Hersteller immer interessanter wird.

Aktuell kosten solche Batterien aufgrund der niedrigen Stückzahlen und unterentwickelter Lieferketten noch mehr als Lithium-Ionen-Batterien. Der Forschungsdienst der Nachrichtenagentur Bloomberg (BNEF) sieht jedoch Potenzial für Materialeinsparungen und Verbesserungen in der Energiedichte. Demnach könnten Natrium-Ionen-Zellen künftig nur noch halb so teuer sein wie Lithium-Eisenphosphat.

In zehn Jahren massentauglich

Wann sich Feststoffbatterien aus Magnesium oder Natrium gegen die derzeit vorherrschende Lithium-Ionen-Batterie im Elektroauto-Sektor durchsetzen wird, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. "Lithium- und Feststoffbatterien werden noch lange, bestimmt zehn Jahre, nebeneinander existieren, bedenkt man den zeitlichen Vorsprung in der Forschung", sagt Romio. Fast 50 Jahre gilt es nun schnellstmöglich aufzuholen. Auch glaubt die am Austrian Institute of Technology (AIT) forschende Batterieexpertin nicht, dass Lithiumbatterien künftig gänzlich ersetzt werden. "Für einige Zwecke wird man Lithiumbatterien auch dann noch verwenden, für andere Bereiche werden Magnesium- und andere Festkörperbatterien zum Einsatz kommen."

Einen ähnlichen Zeithorizont für die Perspektive von Batterien ohne Lithium sieht man auch beim Umweltbundesamt. "Am Massenmarkt werden in den nächsten acht bis zehn Jahren wirtschaftliche Alternativen in Autos verbaut werden", sagt Holger Heinfellner.

Unabhängig davon, wie leistungsfähig, günstig und nachhaltig neue Batteriegenerationen künftig werden, hält der Mobilitätsexperte jedoch fest, dass Elektroautos Verbrenner künftig nicht einfach ersetzen werden können: "Sämtliche Studien sowie die übergeordnete Verkehrsstrategie des Bundes setzen voraus, dass sich das Fahrzeugaufkommen auf der Straße reduzieren wird müssen, sonst werden wir mit der dafür notwendigen erneuerbaren Energie nicht auskommen."