Zum Hauptinhalt springen

Eine aussterbende Spezies

Von Julian Kern

Wirtschaft
Mehr als 600.000 Gasheizungen befinden sich im Osten Österreichs.
© adobe stock / Olga

Bis 2040 sollen rund eine Million Gasheizungen durch erneuerbare Heizsysteme getauscht werden.


Meistens ist es ein Brummen oder ein Summen, manchmal aber auch ein lautes Klicken. Wer seinen Wohnsitz in der Ostregion Österreichs hat, kennt die Geräusche, die ein Gasbrenner beim Zünden von sich gibt. Geräusche, die in Neubauten ab heuer und in bestehenden Haushalten ab spätestens 2040 verstummen sollen. So sieht es das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz (EWG) vor, das im Parlament auf seinen Beschluss wartet. Sobald dieses seinen Weg durch das Parlament - inklusive einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat - gefunden hat, beginnt für eine Million Gasheizungen in Österreich die letzte Epoche.

Das EWG soll den Umstieg von fossilen auf nachhaltige Heizsysteme sicherstellen. Geplant ist, dass in Neubauten nach Beschluss des Gesetzes keine Gasheizungen mehr eingebaut werden dürfen. Ein Schadensfall bei Öl- und Kohleheizungen im aktuellen Kalenderjahr soll nur noch durch erneuerbare Heizsysteme wie etwa Wärmepumpen, Photovoltaik- oder Solaranlagen ersetzt werden dürfen. Für Ölheizungen, die vor dem Baujahr 1980 produziert wurden, soll 2025 die letzte Stunde schlagen.

Gasheizungen rückläufig

Die Branche stellt das zwar vor Herausforderungen - denn vor allem im Osten Österreichs gilt es, binnen 17 Jahren rund 600.000 Gasheizungen zu tauschen -, für die Hersteller kommt dies jedoch nicht überraschend. Seit jeher ist bekannt, dass das Heizen mit fossilen Brennstoffen nach der Industrie und dem Verkehr den drittgrößten Sektor der CO2- Emissionen darstellt. Die Bestrebungen, die Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor zu reduzieren und somit die menschengemachten Erderhitzung einzudämmen, schlagen sich auch in den Verkaufszahlen nieder.

Bereits in den Jahren 2021 und 2022 stieg österreichweit die Nachfrage nach Heizsystemen mit erneuerbarer Energie. Im Vorjahr wurden demnach 115.000 neue CO2-neutrale Heizsysteme verkauft, wobei die Wärmepumpe mit mehr als 50.000 verkauften Stücken die größte Nachfrage erfuhr. Im Vergleich zu 2021 entspricht das einem Plus von mehr als 60 Prozent. Ebenfalls begehrt waren Biomasse-Heizungen. Mehr als 31.000 Mal wurden sie gekauft und eingebaut, was ein Plus von 80 Prozent zum Jahr 2021 bedeutet. Während das Geschäft mit erneuerbaren Heizsystemen boomte, drehte sich die Situation bei Gasheizungen: Wurden 2021 noch mehr als 46.000 Stück verkauft, waren dies im Vorjahr nur noch rund 31.000. Das entspricht einem Rückgang von rund einem Drittel.

Wachstumstreiber Wärmepumpe

Umstände, auf die sich die Branche eingestellt hat. Bosch Thermotechnik, am 1. April umbenannt in Bosch Home Comfort Group - unter dessen Dach sich auch die Gasthermen der Marken Junkers und Buderus befinden -, steigerte 2022 den weltweiten Umsatz um rund 12 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro. Der wichtigste Wachstumstreiber dafür findet sich gemeinsamen mit den Gasthermen im Firmenportfolio: die Wärmepumpe. "Bis 2025 werden wir insgesamt 700 Millionen Euro in die Elektrifizierung investieren und unter anderem unsere europäischen Wärmepumpenstandorte stärken", sagt Helmut Weinwurm, Leiter von Bosch Home Comfort Österreich und Präsident der Vereinigung Österreichischer Kessel- und Heizungsindustrie.

Ebenfalls forciert man sogenannte Wärmepumpen-Hybride. Eine Mogelpackung in Sachen Klimaschutz, wie Georg Trnka, Experte für Gebäudeenergie von der Österreichischen Energieagentur, sagt. "Eine hybride Gasheizung ist immer noch eine Gasheizung, und zwar in Verbindung mit einer Wärmepumpe." Solche hybriden Gas-Heizsysteme seien demnach nicht zielführend, wenn Klimaneutralität im Jahr 2040 erreicht werden soll. Trnka führt deshalb das Umrüsten auf eine Wärmepumpe mitsamt einer Photovoltaikanlage ins Treffen. "Wir haben bei Wärmepumpensystemen einen sehr guten Effizienzfaktor von 3,5 bis 5. Das bedeutet, dass eine Kilowattstunde Strom 3,5 bis 5 Stunden Wärme durch die Wärmepumpe liefert." Obwohl Wärmepumpen in Effizienzfragen kaum zu schlagen sind, bringt der Umstieg - vor allem in Mehretagenhaushalten - oft Probleme mit sich.

Während Wohnungseigentümer beim Umstieg mehr Spielraum haben, sind Personen, die zur Miete wohnen, meistens machtlos. Im Verbund mit anderen Mietern sei es dennoch möglich, die Hausverwaltung zum Umrüsten auf erneuerbare Energie zu bewegen. "Wenn sich die Mieter zusammenschließen, ist es meines Erachtens schon möglich, auf die Hausverwaltung einzuwirken. In den meisten Fällen ist es eine Kostenfrage, die geklärt werden muss", sagt Trnka. "Wenn sich die Mieter oder die Wohnungseigentümer einig sind, die Kosten für eine Zentralisierung zu tragen, wird seitens der Hausverwaltung wenig dagegensprechen." Was also technisch in den meisten Fällen relativ einfach möglich wäre, scheitere nicht selten am rechtlichen Aspekt. Denn ein Mehrheitsbeschluss allein reicht dafür meist nicht aus, "da braucht es schon einen Konsens."

Tausch von mehr als 160 Gasheizungen pro Tag

Um das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2040 zu erreichen, müssten neben Öl- und Kohleheizungen jährlich 58.000 Gasheizungen durch erneuerbare Heizsysteme ausgetauscht werden. Täglich wären das immer noch rund 160 Gasheizungen. Dennoch, Trnka sieht darin kein Problem. "Ich denke, dass sich der Markt den Gegebenheiten nach aufstellen wird, und wenn man sich die Installateurs-Branche ansieht, dann gibt es kaum noch Installateure, die sich nur noch auf fossile Heizsysteme spezialisieren. Die meisten bilden sich fort und weiten den Fokus von fossilen auf erneuerbare Heizsysteme aus."

Um diesen externen Inhalt zu verwenden, musst du Tracking Cookies erlauben.

Wie die Wirtschaftsforscherin Anna Kleissner von Econmove im Dezember des Vorjahres berechnete, würde der geplante Ausstieg aus Gasheizungen bis zum Jahr 2040 rund 84 Milliarden Euro kosten. Der Umstieg von Gas- auf erneuerbare Heizsysteme beschert den Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker nicht nur volle Auftragsbücher. Mitsamt dem Ende für Öl- und Kohleheizungen ab 2035 sollen österreichweit die CO2-Emissionen dadurch um mehr als 10 Prozent reduziert werden. Realistische Ziele, wie Gebäudeenergieexperte Trnka sagt: "2040 ist ja nicht morgen, wir haben jetzt 2023, da ist auf jeden Fall genug Reaktionszeit für den Markt vorhanden."