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Kein Winter wie damals

Von Julian Kern

Wirtschaft

Über Monate kein Schnee und weniger Gäste: Der Tourismus in den Alpen wird zumindest mittelfristig umsteuern müssen.


Mehr als einen halben Meter Neuschnee zu Ostern. Doch der Eindruck eines schneereichen Winters trügt. Denn während vor allem die Steiermark und Kärnten von einem überdurchschnittlich feuchten Winter profitierten, war es in den westlichen Bundesländern um 41 Prozent trockener als im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt 1961-1990. Auch, wenn für die Wintersaison 2022/23 noch keine offiziellen Zahlen vorliegen, eine vorläufige Bilanz von Ende März weist ein Minus von zehn Prozent im Vergleich zur Vor-Corona-Saison 2019/20 aus.

Der Nationalratsabgeordnete und Obmann des Fachverbandes der Seilbahnen Franz Hörl (ÖVP) sieht das anders. Der Wintertourismus habe lediglich ein paar "Einbrüche", etwa bei Gästen aus Großbritannien, verkraften müssen. Hörl führt dies auf "herbeigeschriebenen Schneemangel" zurück. Tatsächlich gab es jedoch Rückgänge aus allen Hauptmärkten - mit Ausnahme von Belgien. Die großen Abwesenden waren Gäste aus Russland (minus 89 Prozent) und China (minus 82 Prozent).

Zweitwärmster Winter seit Messbeginn

In Oberösterreichs größtem Skigebiet Hinterstoder blickt man auf eine durchwachsene Saison zurück und macht dort den wenigen Schnee und die Diskussion rund um den Klimawandel dafür verantwortlich. Tatsächlich war der Winter 2022/23 laut des EU-Dienstes Copernicus der zweitwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1979. In der Nacht von 23. auf 24. März gab es zudem erstmals in der österreichischen Messgeschichte im März eine frostfreie Nacht in den Niederungen.

Keine Ausreißer, sondern ein Trend, der sich aufgrund der menschengemachten Erderhitzung fortsetzen wird, wie zahlreiche Studien prognostizieren. Tourismusökonom Oliver Fritz vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) geht davon aus, dass das Produkt alpiner Wintertourismus künftig nicht "eins zu eins" ersetzbar ist. "Es ist eine Illusion zu glauben, dass wir die rund 70 Millionen Nächtigungen, die wir im Winter haben, mit einem anderen Produkt ersetzen können und damit dann dieselben Zahlen erreichen können", sagt der Tourismusökonom.

Wintertourismus nicht ersetzbar

In milden Novembermonaten künftig mit Mountainbike-Angeboten zu werben oder wenn wenig Schnee liegt, das Winterwandern stärker anzubieten, seien zwar Möglichkeiten, "den Massentourismus, den wir im klassischen alpinen Wintertourismus sehen, werden wir damit aber nicht aufrechterhalten", sagt Fritz.

Wie lange dieser in welchen Gebieten noch möglich sei, könne man pauschal so nicht sagen. Denn das hänge immer auch vom Mikroklima einer Region und den Klimaschutzmaßnahmen ab. In Frankreich geht man beispielsweise davon aus, dass die Schneefallgrenze pro einem Grad globaler Erwärmung um durchschnittlich 150 Meter ansteigen wird.

Erkenntnisse bezüglich des Klimawandels sind es auch, die Mitte März den Landesrechnungshof (LRH) Oberösterreich dazu bewogen haben, finanzielle Förderungen des Landes im Bereich Skitourismus und Seilbahnwirtschaft zu überprüfen. In Oberösterreich wurden zwischen 2018 und 2021 rund 30 Millionen Euro in den Wintertourisums investiert. Mehr als die Hälfte davon ging als Gesellschafterzuschüsse an landeseigene Seilbahnunternehmen und die Oö. Seilbahnholding GmbH. Die Bandbreiten der Förderquoten von 25 bis - im Ausnahmefall- knapp 78 Prozent beurteilt man als "sehr weit". Vor allem "in gewinnorientierten Unternehmen" seien Förderungssätze jenseits der 50 Prozent kritisch", merkte LRH-Direktor Rudolf Hoscher an. In einer Überarbeitung der Tourismusstrategie soll der Klimawandel künftig eine stärkere Rolle spielen.

Föderales Förderwesen

Bundesweite Vergleiche zum Förderwesen im Wintertourismus gestalten sich aber schwierig. Denn während Oberösterreichs größtes Skigebiet Hinterstoder zwischen 2018 und 2021 rund 3 Millionen Euro im Rahmen der Seilbahnförderung erhalten hat, betont die Steiermark, dass die landeseigenen Skigebiete im Ennstal und auf der Turracher Höhe keine Landesförderungen erhalten. Aus Vorarlberg und Tirol heißt es vonseiten der Länder, dass nur Kleinstskigebiete Geld bekommen. Kärnten lagerte seine Skigebiete 2016 in eine Beteiligungsverwaltung aus und das Land Niederösterreich wollte darüber keine Auskunft geben. Ebenso wie das Land Salzburg, wo eine Aufstellung "aus Ressourcengründen" nicht möglich war.

Mit wie viel Geld der Wintertourismus österreichweit insgesamt subventioniert wird und nach welchen Kriterien dies abläuft, lässt sich laut Ökonom Fritz nicht sagen, zu verzweigt sei das Förderwesen. "Wenn ich als Staat eine Lenkungswirkung entfalten möchte, dann wäre es natürlich gut, wenn ich quer über alle Gebietskörperschaften koordinieren und planen könnte."