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Kein Geld fürs Garteln mehr?

Von Monika Jonasch

Wirtschaft
Gärtnern ist Krisenbewältigung, der Trend geht in Richtung Selbstversorger - und die Gärtner werden immer jünger.
© adobe stock / Megan Betteridge

In der Pandemie noch der Umsatzbringer, sparen die Österreicher nun wieder in Sachen Garten und Heimwerken. In Hochbeeten mit Selbstversorger-Charakter und bei Photovoltaik wird jedoch Krisenbewältigung gelebt.


Es sind unvergessliche Bilder aus Pandemiezeiten, die langen Warteschlangen auf den Parkplätzen vor den heimischen Baumärkten, als es endlich wieder möglich war, Pflanzen, Erde, Blumenkisterln und Heimwerker-Zubehör einzukaufen. Kaum war ein Lockdown zu Ende, der nächste noch nicht in Sichtweite, war der Andrang gewaltig. Es wurde in teures Gartenmobiliar, sogar in Swimmingpools, investiert. - Immerhin verbrachten viele Menschen den Urlaub daheim.

Die Anbieter von Garten- und Heimwerkerbedarf stellte sich jedenfalls auf fette Zeiten ein. Man füllte die durch Lieferketten-Unterbrechungen spärlich bestückten Lager auf. Und dann, als die Pandemie endlich erledigt schien, kam der Ukraine-Krieg, die Energiekrise, die Teuerung. Die Konsumenten legten eine Vollbremsung ein. Angesichts explodierender Energiekosten verhagelte es so manchem Hobbygärtner und Heimwerker die Konsumlaune.

Im Durchschnitt investierten österreichische Gartenbesitzer im Vorjahr 599 Euro in ihr persönliches Grün, konstatiert die "Gartentrendstudie 2023" von IMAS im Auftrag von Bellaflora. Bedenkt man, dass über die Hälfte aller Einwohner des Landes einen Garten besitzt, kann man also hier von einem ansehnlichen Marktvolumen ausgehen. Laut der Studie schränken sich derzeit, trotz multipler Krisen, dennoch nur 18 Prozent der Befragten bei ihren Ausgaben für Garten, Balkon und Terrasse ein.

Gartengarnitur gespart

Ganz andere Erkenntnisse ergeben sich aus den Daten des Fachverbandes Heimwerken, Bauen, Garten (BHB). Dieser bescheinigt dem heimischen Garten- und Heimwerkersektor zwar nicht unbedingt eine Krise. Im letzten Jahr wies er immerhin nach wie vor einen Gesamtumsatz von ansehnlichen 3,17 Milliarden Euro sowie einen Zuwachs von 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf. Der Zuwachs generiert sich allerdings vor allem aus den jüngsten Preissteigerungen, wie BHB-Geschäftsführer Peter Wüst dazu erklärte.

Sieht man sich dann noch die Umsätze nach Warengruppen für Österreich genauer an, weisen ausgerechnet die gartenaffinen Produkte die stärksten Rückgänge auf: Gartenmöbel sowie Erde und Saatgut büßten bis Februar 2023 im Vergleich zur Vorjahresperiode um über fünf Prozent ein. Auch bei Bewässerung, Gartengeräten sowie Gartenausstattung im Allgemeinen liegen die Rückgänge bislang bereits bei etwas über drei Prozent.

"Wo es nicht unbedingt notwendig ist, wird gespart. Dann gibt es eben keine neue Sitzgruppe für den Garten", beschreibt BHB-Sprecher Jörn Brüningholt die Stimmung im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Die Nachholeffekte im Anschluss an die Lockdownzeit seien ohnehin eine "Rolle rückwärts" gewesen und die Mentalität des "Schutzburg-Effektes" hätte einen zusätzlichen Schub gegeben, das heißt, man wollte es sich zu Hause halt gemütlich machen.

Multikrisen-Delle

Nun ist jedoch angesichts des Multikrisen-Szenarios eben eine Delle zu verzeichnen. "Wir sind aber als Branche optimistisch. Besonders jene Segmente, die mit Sanierung und Energiesparen verknüpft sind, gehen derzeit gut", erläutert Brüningholt.

Diese Delle ist übrigens auch in den Daten der Statistik Austria sichtbar, weiß Wifo-Ökonom Marcus Scheiblecker. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" führt er aus, dass Anfang 2023 im Vergleich zur Vorjahresperiode erhebliche Einbrüche beim Einzelhandelsumsatz mit Eisen und Bau zu verzeichnen waren. Im heurigen Jänner verzeichnete man ein Minus von 12 Prozent, im Februar von 15 Prozent. Allerdings, so betont er, werden hier Gartenausgaben nicht extra ausgewiesen, sie sind im gleichen Topf wie Heimwerken.

"Solche Einbrüche sind historisch auch nicht unüblich, fügt der Ökonom dann hinzu. Die Pandemie-Zeit mit ihren wiederholten Schließperioden hätte "alles etwas durcheinandergebracht". Die jeweils darauf folgende Zeit sei von "Rückpendel"-Effekten geprägt gewesen, erklärt Scheiblecker. Dennoch, unterm Strich weisen Jänner und Februar 2023 ein reales Minus auf, wobei besonders der heurige Jänner sich zudem mit einem besonders guten Jänner 2022 vergleichen lassen muss, als die Nachholeffekte der Corona-Jahre besonders stark durchschlugen.

Selbermachen für Gen Z

Wenn nun mit Garteln und Heimwerken derzeit wenig Geschäft zu machen ist, was bleibt einschlägigen Händlern dann als Alternative? Tatsächlich tut sich einiges in der Baumarkt-Szene. Während der Pandemie haben nämlich jüngere Menschen die Heimwerker-Bastion erobert, berichtet BHB-Sprecher Brüningholt.

Hatten die Jungen zunächst nur gebastelt, um die Zeit zu Hause in den Lockdowns totzuschlagen, wenden sie sich jetzt allerdings neuen Herausforderungen zu. Die Folge: Do-it-yourself-Kurse boomen online, werden teils gar von den Baumärkten angeboten. Zusätzlich angetrieben wird diese neue Community vom Handwerkerengpass und den Preissteigerungen. Da versucht sich so mancher mutig an neuen Projekten. Die Photovoltaik-Anlage im Garten zu installieren ist aber nicht so einfach, erzählt Brüningholt. Die neuen Sortimente rund um Energiesparen und -erzeugen seien beliebt, aber eben erklärungsbedürftig. Mit ein wenig digitaler Nachhilfe wird dann aber vom Balkonkraftwerke über das Windrad im Garten bis zum Hochbeet mit Gemüse alles ausprobiert.

Gemüse gegen Krise

Wobei, das mit dem Selbstversorger-Trend "keine ernsthafte Versorgung, sondern pure Psychologie" sei, wie Brüningholt witzelt. "Mit den paar Salatköpfen kann man halt keine Familie versorgen." - Es ist wohl eher eine Krisenbewältigungsstrategie im Gemüsebeet. Dass es sich dabei dennoch um einen Trend handelt, bescheinigt die anfangs zitierte Garten-Studie. Das Interesse an Selbstversorgerbereichen mit Gemüsepflanzen sowie Kräutern, Obstbäumen und Beerensträuchern sei enorm gestiegen, heißt es dort. "57 Prozent jener, die einen Garten haben, besitzen Gemüse- oder Kräuterbeete, 56 Prozent haben Obstbäume und 53 Prozent ein Hochbeet, gefolgt von Beerensträucher (52 Prozent), Regentonnen (47 Prozent) und Komposthaufen (44 Prozent)", wird da akribisch ausgeführt.

Wobei sich das Ganze dennoch irgendwie auszahlen könnte, jedenfalls was Zukunftsprognosen betrifft, denn, wie es so schön heißt: "Gärtner sind die Einzigen, die wissen, was ihnen blüht."