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RHI will in Brasilien Fuß fassen

Von Karl Leban aus Rio de Janeiro

Wirtschaft

Österreicher wollen Stahlkunden vor Ort bedienen. | Brasiliens Wirtschaft schottet sich mit Zöllen ab.


Rio de Janeiro. Der börsennotierte Feuerfesthersteller RHI geht mit seinem von langer Hand geplanten ersten Werk im rohstoffreichen Brasilien an den Start. Für die Fabrik in dem wirtschaftlich boomenden Staat hat der Wiener Konzern ein Investitionsvolumen von 85 Millionen Euro veranschlagt. Am Freitag erfolgte in Queimados, einer Kleinstadt unweit von Rio de Janeiro, der Spatenstich - mit dem neuen Vorstandschef Franz Struzl. Läuft alles wie geplant, geht das Werk mit 200 Mitarbeitern im Sommer 2013 in Betrieb.

Mit dem neuen Standort wird sich RHI als Zulieferer in unmittelbarer Nähe großer brasilianischer und internationaler Stahlhersteller wie CSN, Sinobras, Usiminas, ArcelorMittal und ThyssenKrupp platzieren. Die Österreicher fertigen aus Magnesit, Graphit und Dolomit feuerfestes Material, das bei der Stahlerzeugung gebraucht wird. In dieser Sparte gelten sie mit einem Jahresumsatz von rund 1,5 Milliarden Euro als Weltmarktführer.

"Ähnlich wie in China ist auch in Brasilien der Hunger nach Stahl enorm", sagt Struzl zu den Gründen, warum RHI in Brasilien nun eine eigene Produktion aufzieht. RHI-Vorstand Giorgio Capelli schätzt, dass Brasiliens Stahlproduktion, die im Vorjahr bei knapp 34 Millionen Tonnen lag, weiter zulegen und bis 2015 auf rund 50 Millionen Tonnen klettern wird. Mit 140 Kilo sei der Stahlkonsum pro Kopf im Vergleich zu großen Industrienationen aber immer noch bescheiden (in den USA seien es 350, in Deutschland 500 und in Japan sogar 610 Kilo).

Ebenfalls vielversprechend für das Geschäft von RHI: Wegen des steigenden Stahlbedarfs drängt die Regierung in Brasilia die hiesigen Stahlkocher, ihre Kapazitäten aufzustocken. "Stahlimporte sollen nach Möglichkeit zurückgedrängt werden", fügt Capelli hinzu.

Wiewohl das generell für den Import von Waren gilt. "Die Regierung schottet Brasiliens Wirtschaft zunehmend ab", berichtet Struzl. Um die eigene Wirtschaft zu schützen, werden ausländische Produkte mit hohen Importzöllen belegt.

So wurde zuletzt die Industriesteuer auf Importautos und -lastwagen, die außerhalb des sogenannten Mercosur-Raumes (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) hergestellt werden, um 30 Prozentpunkte angehoben. Mexiko soll von der Steueranhebung ausgenommen sein.

Viele Konzerne, die vom brasilianischen Wirtschaftsturbo profitieren wollen, sind deshalb zu einer Produktion vor Ort gezwungen. So auch RHI. Mit dem Werk fällt der bisherige Nachteil durch die hohen Zölle beim Export nach Brasilien künftig weg. Der Standort selbst soll zunächst für eine Jahresproduktion von 60.000 Tonnen ausgelegt sein - in einer späteren Ausbaustufe für 100.000 Tonnen, was die Investitionssumme dem Vernehmen nach um 25 Millionen auf 110 Millionen Euro erhöhen wird. Geplant ist, mehr als die Hälfte dieser Produktionsmengen am brasilianischen Markt zu verkaufen, den Rest im übrigen Lateinamerika.

Harter Zweikampf

Vorverträge mit einer Reihe von Kunden hat RHI bereits in der Tasche. Sehr zum Leidwesen des mächtigen brasilianischen Konkurrenten Magnesita, der den inländischen Markt bis dato fast allein bedienen konnte. Zu RHI meint Magnesita-Chef Ronaldo Iabrudi: "Die sind zu spät dran. Es ist sehr teuer, jetzt nach Brasilien zu gehen." Magnesita seinerseits hat erst kürzlich ein Büro in Wien eröffnet und so RHI in Europa den Kampf angesagt.

So wie RHI schlagen auch viele andere Firmen aus Österreich in Brasilien ihre Zelte auf. "Mittlerweile sind bereits rund 200 Unternehmen mit einer eigenen Niederlassung vertreten", sagt Ingomar Lochschmidt, Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Sao Paulo. Pro Monat kämen ein bis zwei Firmen dazu. Neben der Voestalpine haben etwa auch Palfinger (Kräne), Alpla (PET-Getränkeflaschen), Miba (Automotive) und Andritz (Anlagenbau) eigene Werke.