Zum Hauptinhalt springen

Groteske um Pleitefirma Kneissl

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Skateboardfirma Kramer Elastics feiert sich als Retter - Entscheidung aber offen.


Innsbruck/Kufstein. Im Insolvenzverfahren der Traditionsskifirma Kneissl (13,8 Millionen Euro Gläubigerforderungen) zeichnet sich eine Groteske ab.

Für Donnerstag um 17 Uhr hat Masseverwalter Stefan Geiler eine Deadline für die Endabstimmung der Übernahme der Kneissl-Assets festgelegt. Zwei Kaufinteressenten sind im Rennen: Kneissl-Alt-Eigentümer Scheich Mohamed Bin Issa Al Jaber hat schriftlich zugesagt, bis Donnerstagnachmittag das geforderte Angeld in Höhe von zehn Prozent des von ihm angebotenen Kaufpreises (zwei Millionen Euro) dem Masseverwalter zu übermitteln. Auch der deutsche Skateboardhersteller Kramer Elastics um Andreas Kramer, der 1,7 Millionen Euro geboten hat, sollte bis dahin Farbe bekennen.

Kramer hat einen bedingten Zuschlag für Kneissl erhalten, er muss aber noch die Finanzierung aufstellen. Kramer will, wie aus schriftlichen Unterlagen hervorgeht, nur eine Million Euro Eigenkapital dabei einsetzen.

Erst Anfang nächster Woche soll die endgültige Entscheidung fallen, ob Al Jaber oder Kramer bei der angeschlagenen Skifirma zum Zug kommt. Doch Kramer Elastics und ihre Friends of Sport Vermögenswaltungs- und Beteiligungs GmbH haben bereits am Donnerstagvormittag verkündet, Retter und neuer Eigentümer von Kneissl zu sein und 70 Arbeitsplätze zu schaffen - ohne Abstimmung mit dem Konkursverwalter.

"So etwas habe ich noch nie erlebt. Es weiß auch der gute Kramer, es ist noch gar nichts unter Dach und Fach", sagt Insolvenzexperte Walter Hintringer vom KSV1870 zur "Wiener Zeitung". "Es ist eine Verzögerung eingetreten, weil von deren Seite die Voraussetzungen für die Unterfertigung des Kaufvertrages noch nicht vorhanden sind." Nachsatz: "Das ist auf gut Deutsch gesagt eine Sauerei." Eigentlich hätte Kramer bereits am Dienstag bzw. am Mittwochnachmittag die Anforderungen des Masseverwalters erfüllen sollen. Laut KSV1870 benötigt Kramer laut eigenen Angaben aber noch mehr Zeit.

Viele Arbeitsplätze

Die Ankündigung von Kramer, 70 Arbeitsplätze schaffen zu wollen, und "innerhalb der nächsten Jahre einer der größten und modernsten Boardsportproduktionsfirmen in Europa entstehen" zu lassen, hält KSV1870-Experte Hintringer für sehr gewagt. Zur Erinnerung Kneissl hatte zuletzt 30 Mitarbeiter, davon aber nur acht Mitarbeiter in der Produktion.

Die Angaben widersprechen jedenfalls jener Liquiditätsplanung für die Firma Kneissl Ski GmbH, die Kramer der Stadt Kufstein in seinem Förderungsansuchen übermittelt hat. Denn in dieser Planung 2011/12 ist viel weniger für Personalkosten angesetzt, nämlich monatlich nur 59.000 Euro. "Kramer beziffert die jährlichen Personalkosten mit 708.000 Euro, da komme ich bestenfalls auf 15 Mitarbeiter", rechnet Hintringer vor. "Solche Rechnungen kann man nur Politikern vorlegen, ein erfahrener Wirtschafter zerpflückt das nach Strich und Faden." Insider, die diese Liquiditätsplanung nachgerechnet haben, haben eine weitere Ungereimtheit entdeckt. Bei den kumulierten Kosten in der Planung soll Kramer in Summe eine Million Euro "verloren" gegangen sein.

Dabei hat Kramer, was die Geschäftszahlen betrifft, große Pläne. Denn nach der Kneissl-Übernahme will der Deutsche alle bisherigen Lohnfertigungsaufträge nach Kufstein verlagern. Dabei soll sich der Umsatz bis 2016 auf 14,75 Millionen Euro vervierfachen; der Gewinn soll im gleichen Zeitraum von 415.000 auf 3,793 Millionen Euro regelrecht explodieren. Doch auch die Standortpläne könnten noch vom Vermieter grosso holding durchkreuzt werden. Dem Vernehmen nach vergibt der Vermieter nur einen befristeten Mietvertrag für das Betriebsgelände. Denn letztendlich könnte dort, am Bahnhof Kufstein, ein Parkplatz entstehen.