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"Fehlerkultur ist erforderlich"

Von Heike Hausensteiner

Wirtschaft

Qualitätsmanagement beginnt auch im öffentlichen Dienst Fuß zu fassen.


Wien. Der öffentliche Dienst lernt zunehmend von der Privatwirtschaft. Ab 2013 tritt in Österreich die zweite Etappe der Haushaltsrechtsreform in Kraft. Sie bringt, neben mehrjähriger Budgetplanung, eine höhere Managementherausforderung für Politiker und Ressortchefs. Lange vor Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise beschlossen, weicht mit der neuen Art der Finanzplanung die bisherige Kameralistik (Einnahmen- und Ausgabenrechnung) der doppelten Buchführung in Anlehnung an privatwirtschaftliche Unternehmen. Allfällige Wünsche ans Christkind hören sich damit auf, und eine starke Controlling-Struktur anhand betriebswirtschaftlicher Indikatoren beginnt damit in den Ministerien ebenfalls Fuß zu fassen.

"Wir sind hier schon sehr weit. Die Haushaltsrechtsreform ist ein Kulturwandel, der uns aber nicht so sehr treffen wird. Wir sind immer schon äußerst sorgsam und verantwortungsvoll mit Ressourcen umgegangen", erläutert Markus Richter von der Sicherheitsakademie (Siak) des Bundes. Diese ist nämlich die größte der derzeit 20 "Flexi-Organisationen": Die Flexibilisierungsklausel im Bundeshaushaltsgesetz (BHG) ermöglicht im öffentlichen Sektor eine dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung sowie größere Selbständigkeit und Flexibilität bei der Leistungs- und Budgetsteuerung.

Bereits seit dem Jahr 2000 verfügt die Sicherheitsakademie über ein eigenes Budget von knapp 30 Millionen Euro und ist rücklagenfähig. Schließlich hat die Siak externe und interne Kunden, wie Richter als verantwortlicher Qualitätsmanager im Interview mit der "Wiener Zeitung" erzählt.

Schulungen zu Geldwäsche

Die Sicherheitsakademie ist die zentrale (Aus-)Bildungs- und Forschungseinrichtung im Innenministerium und zählt österreichweit rund 400 Mitarbeiter. An der Siak finden die zweijährige Grundausbildung der Polizisten und deren Offiziersausbildung zum Bachelor und Master in Kooperation mit der Fachhochschule Wiener Neustadt ebenso statt wie die laufenden Fortbildungen der Bediensteten im Innenministerium. Da trifft es sich gut, dass die Direktion der Sicherheitsakademie neben den Budgetfragen unter anderem zudem für das Qualitätsmanagement verantwortlich ist. Stabstellenleiter Markus Richter (43), Absolvent der Rechtswissenschaften, hat sich denn auch bei der Zertifizierungs-Gesellschaft "Quality Austria" zum Qualitätsmanager ausbilden lassen.

Bis Mitte 2012 will die Siak die ISO-9001-Zertifizierung - nach der "International Organization for Standardization" (ISO) - erreichen. "Dann weiß man, dass wir bestimmte Standards erfüllen. Wir sind auch als Player am Markt tätig. Wir schulen Mitarbeiter der Asfinag oder von Banken und Versicherungen. Da geht es um Fragen der Sicherheit von Dokumenten oder wie man Geldwäsche verhindert."

Wenn die Auditoren von Quality Austria die Sicherheitsakademie in Zweijahresabständen prüfen, sollen sie sich davon überzeugen: dass das Management hervorragend ist, die Mitarbeiter der Siak auf die Kundenbedürfnisse eingehen - und motiviert sind. Und wie motiviert man die Ministeriumsmitarbeiter? "Durch starke Einbindung", sagt Richter, "Prozessmanagement geht weg vom hierarchischen Denken in Kästchen. Man muss den Mitarbeitern deutlich machen, was ihre Leistung ist." Als Beispiel nennt er das Prinzip "One-Stop-Shop", das etwa auf Österreichs Passämtern gilt: Alle notwendigen bürokratischen Schritte werden normalerweise an einer Stelle erledigt. Klar ist dem Qualitätsmanager, dass Fehler passieren, wo Menschen arbeiten. "Gerade in hierarchischen Strukturen verbringen untere Ebenen unter der Vorgabe, fehlerfrei arbeiten zu müssen, viel Zeit damit, um Fehler unter den Teppich zu kehren beziehungsweise selbständig rasch zu planieren", plaudert Richter aus dem Nähkästchen.

Im Qualitätsmanagement nennt man "Fehler" zwar lieber "Abweichungen". Aber die sichtbar zu machen, die Ursachen zu erkunden, sie systematisch zu beseitigen und möglichen Fehlern vorzubeugen, soll eine Organisation laufend besser machen. "Dafür ist jedoch eine Fehlerkultur erforderlich, die von oben ausgehen muss." Also gibt es an der Sicherheitsakademie in regelmäßigen Teamrunden Stärken-Schwächen-Analysen, und durch die höhere Transparenz kommunizieren die Mitarbeiter mehr miteinander.

Anfangs-Skepsis ist gewichen

"Qualitätsmanagement ist ein zartes Pflänzchen im öffentlichen Dienst", so Markus Richter. Die Anfangsskepsis sei gewichen, mittlerweile habe man im Ministerium mehr Mitstreiter als Gegner. Abgesehen von wenigen Ausnahmen, die "mauern" und mögliche Verbesserungen torpedieren, gehen seine Mitarbeiter sehr wohl mit, wenn sie stärker eingebunden sind. "Es ist wichtig, dass man die Mitarbeiter mitnimmt. Dieses System hält die Mitarbeiter dazu an, sich stärker über die Abläufe und die Zusammenhänge innerhalb der Organisation auszutauschen." Denn: "Qualitätsmanagement ist eine Lebens- und Arbeitsweise. Es wird nicht vom Qualitätsmanager in einer zentralen Stelle erledigt, sondern ist ein stark arbeitsteiliges Prinzip, weg vom Kästchendenken."

Internationale Vorbilder für das Management von mehr Effizienz im öffentlichen Dienst sind die Schweiz und einige deutsche Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen. Die "wirkungsorientierte" Verwaltung sei von der Schweiz ausgegangen, "wir haben einen österreichischen Weg daraus gemacht", berichtet Richter. Und das tue dem öffentlichen Dienst gut.