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Patria-Krimi: Waffenhändler Riedl soll Jansa bestochen haben

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Ankläger zählte blumig viele Indizien auf, aber Beweise blieb er bisher schuldig.


Wien. Am Mittwochvormittag war der Andrang vor Saal 203 im Wiener Straflandesgericht groß, viele Journalisten aus Slowenien waren angereist. Denn Richterin Marion Zöllner eröffnete die Hauptverhandlung zu einem mutmaßlichen Industriespionage- und Bestechungskrimi, der über Österreich, Slowenien, Liechtenstein und Finnland abgelaufen sein soll.

Staatsanwalt Volkert Sackmann schilderte in einem blumigen Anklagevortrag jene weitläufige Indizienkette, mit der er die Bestechung des früheren slowenischen Regierungschefs Ivan "Janez" Jansa beziehungsweise dessen Partei SDS bei dem Kauf von 115 Patria-Radpanzern belegen will. Jansa soll auch als Zeuge geladen werden.

Hauptangeklagter ist der Wiener Waffenhändler Hans Wolfgang Riedl, Ex-Chef der Wiener Rüstungsfirma Steyr Spezialfahrzeuge (SSF). Riedl soll für den finnischen Patria-Konzern den 278-Millionen-Euro-Deal mit Slowenien einfädelt haben. Bei dem Deal sollen 7,5 Prozent beziehungsweise 8,4 Millionen Euro Provision geflossen sein - darunter verbotene Kickbacks, glaubt man dem Ankläger. Zur Erklärung: Die Provision wurde anhand der Patria-Herstellungskosten (112 Millionen Euro) berechnet.

Laut Sackmann soll bereits im September 2005, drei Monate vor dem Bieterverfahren, in Slowenien ausgemacht gewesen sein, wer wie viel vom "Kuchen" erhält. Demnach sollten drei Prozent über den Austro-Kanadier Walter Wolf an die Jansa-Partei fließen. Wolfs-Anteil soll schlussendlich auf 4,2 Prozent angehoben worden sein. Patria-Manager N. soll bei einer Präsentation vor dem Patria-Direktorium "über Parteienunterstützung über Wolf oder Riedls Firma RHG" referiert haben. Schließlich soll Riedl selbst 900.000 Euro nach Slowenien gebracht haben. Riedl bestreitet das.

Ankläger: "Kein Foto-Beweis"

"Den Beweis, dass tatsächlich Geld an die Entscheidungsträger geflossen ist, haben wir nicht, den wird man auch nicht erbringen können", gab der Ankläger unverblümt zu. "Das Geld wurde nicht überwiesen und wir haben kein Foto davon, wie das Geld übergeben wurde." Doch in Riedls penibler Buchhaltung, in der jede Kaffee- und Tankrechnung ausgewiesen ist, scheine dieser Betrag (900.000 Euro) nicht auf.

Außerdem soll auch die liechtensteinische Gesellschaft ICB, die Wolf zugerechnet wird, mit Hilfe des angeklagten Unternehmensberaters Hans-Peter W. in das Sub-Provisionskonstrukt einbezogen worden sein. Laut Staatsanwalt wurden dafür nachträglich Beraterverträge geschnitzt.

"Die ICB hat aber keine Leistung erbracht", behauptete Sackmann. Indes will Riedl die inkriminierten 900.000 Euro am Wiener Flughafen seinem thailändischen Bekannten Apichat Sirithsporn übergeben haben. Der wollte aber vor den slowenischen und finnischen Ermittlern, die ihn zu Hause besuchten, davon nichts wissen. Aufgeflogen war die "Österreich-Connection", weil eine Überweisung von Riedls Firma RHG auf ein Konto Wolfs in Höhe von 2,32 Millionen Euro einen Mitarbeiter der Steiermärkischen Sparkasse in Leibnitz zu einer Geldwäsche-Verdachtsmeldung veranlasste. Damit wurden die Ermittlungen ausgelöst.

Vorwurf Industriespionage

Den beiden Ex-Mitarbeitern der Wiener Rüstungsschmiede SSF, Wolfgang A. und Wilfried K. wird vorgeworfen, Geschäftsgeheimnisse an Riedl bzw. an Patria verraten zu haben. SSF war jener Rüstungsanbieter, der in Slowenien gegen Patria unterlegen war. "007 hat Dokumente von SSF weitergeleitet, die finden sich dann bei der Konkurrenz", behauptete der Ankläger. "Oft wurde auch etwas persönlich übergeben." 007 war Riedls Kürzel für Wolfgang A. Denn "007" sind die Endziffern von dessen Handynummer.

Beide Ex-SSF-Mitarbeiter bestreiten die Vorwürfe. Weder hätten sie Betriebsgeheimnisse verraten, noch haben sie die SSF-Sitzungsprotokolle, die bei Hausdurchsuchungen beim Patria-Konzern gefunden wurden, weitergegeben, sagen ihre Verteidiger.

"Es gibt keinen einzigen Beweis, der die Anklage untermauert, alles nur Vermutungen", konterte Riedls Verteidiger Rüdiger Schender vor den Schöffen. "Es gibt bestenfalls wenige zweideutige Mails." Der Kernvorwurf, die Bestechung von Jansa, sei nicht beweisbar und nicht nachvollziehbar. Bei dem Deal habe es sich um eine nach Nato-Standards abgewickelte Ausschreibung gehandelt. 23 Experten hätten die Entscheidung gefällt. "Patria war Bestbieter und um 23 Millionen Euro billiger", sagte Schender. "Die Provisionsverträge von Riedl und Patria hätten Anti-Korruptionsklauseln enthalten, er hätte alle Ansprüche verloren." Auch hätte Slowenien im Fall von Bestechung vom Kaufvertrag zurücktreten können, was nicht geschah. Riedl bekannte sich nicht schuldig. Walter Wolf, der auch in Slowenien angeklagt ist, kam aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Strafprozess nach Wien. Sein Verteidiger Markus Singer setzte aber eine Verfahrensabtrennung durch.