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Handy-Fusion: Massive Bedenken bei Wettbewerbshütern

Von Herbert Hutar

Wirtschaft
"Wenn sich fünf Bäcker absprechen, ist das auch zu verfolgen", meint Thanner.
© © WZ / Newald

BWB-Chef: "Wesentliche Auswirkungen auf den kleinen österreichischen Markt."


Wien. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat massive Bedenken gegen die geplante Fusion der beiden Mobilfunkanbieter "3" und Orange angemeldet. Daran ändert auch die Absicht nichts, die Diskont-Tochter von Orange, Yesss!, an den Marktführer A1 abzugeben. "Wenn die Nummer drei und die Nummer vier fusionieren, dann gibt es nur noch drei statt vier Anbieter, und das hat wesentliche Auswirkungen auf den kleinen österreichischen Markt", sagt BWB-Generaldirektor Theodor Thanner zur "Wiener Zeitung". Thanner weiter: "Es wird zu Verschiebungen bei den Marktanteilen kommen und zu Bewegungen bei den Preisen, das werden wir uns genau anschauen." Die Hinweise der Unternehmen auf den scharfen Wettbewerb in Österreich seien für ihn kein Kriterium. Die Unternehmen hätten schon im Vorfeld Unterlagen bringen können, das sei nicht der Fall gewesen, jetzt könnte die Prüfung länger dauern, so der BWB-Chef.

Vor allem die Nummer zwei am Mobilfunkmarkt, T-Mobile Austria, mahnte am Freitag jedenfalls schon einmal eine genaue Wettbewerbsprüfung ein. "Insbesondere die Abgabe der Frequenzpakete 2100, 2600 und 900 MHz an die A1 Telekom Austria bedarf aus unserer Sicht noch einer genauen Prüfung durch die zuständigen Behörden", teilte T-Mobile-Chef Robert Chvatal mit. Alle anderen Mobilfunkbetreiber, inklusive A1, betonten jedenfalls, dass sich der Wettbewerb auch bei drei statt vier Mobilfunkanbietern nicht entschärfen wird. Vor allem rechnet man damit, dass "3" weiterhin Kampfpreise anbietet, um die Nummer 2 – also jene T-Mobile, die die Fusion so genau geprüft haben will – zu überholen.

Thanner für die Verfolgung von Bagatell-Kartellen
Kürzlich aufgebrachte Kritik durch Wettbewerbsexperten, die eine Klagsflut durch die Abschaffung der Ausnahme für sogenannte Bagatell-Kartelle (die Fälle von maximal 5 Prozent Marktanteil betreffen) sieht Thanner als nicht gerechtfertigt an. "Wenn sich fünf Bäcker bei den Preisen absprechen, ist das aufzudecken und zu verfolgen. Ganz klar. Es geht für uns nicht um die Bäcker, sondern um die Konsumenten", betont Thanner.

Er beruft sich dabei auf EU-Recht, welches das österreichische Kartellrecht mit seiner Ausnahme für Bagatell-Kartelle überlagere. Wenn durch den vorliegenden Entwurf zur Kartellrechtsnovelle diese Ausnahmen fallen sollen, dann sei das nur eine Angleichung an ohnehin auch in Österreich geltendes EU-Recht, argumentiert der BWB-Chef. Es werde damit kein neues Recht geschaffen, sondern es werde eine Rechtsunsicherheit beseitigt.
Der Streit um diese Bagatell-Kartelle sei auch ein Punkt im Kartellverfahren gegen Speditionen, meint Thanner. 40 Spediteure haben sich – so der Vorwurf – über die Preise im Industriegütertransport verständigt. "Die Argumentation der Unternehmen ist, dass das eine Bagatellsache sei, weil nicht mehr als 5 Prozent des Marktes betroffen seien", so Thanner, "aber aus unserer Sicht sind es 50 Prozent. Das Kartell hat sich mit der Zeit ausgewachsen. Außerdem ist es EU-Recht, keine Ausnahmen gelten zu lassen."

Taxlerstreit und Westbahn-Zores
Im Streit um das Exklusivrecht von Taxifunkzentralen bei der Fahrtenvermittlung gegenüber Apps auf Handies hat die BWB dem Kartellgericht den Vorschlag übermittelt, das Exklusivrecht der Taxifunkzentralen zu kippen. Als nächstes werde auf die BWB ein Verfahren der Westbahn gegen die ÖBB wegen Preisdiskriminierung zukommen, berichtet Thanner, nachdem die ÖBB nun die Fahrpläne der Westbahn in ihr Kursbuch hatten aufnehmen müssen.

Der vorliegende Entwurf zur Novelle des Wettbewerbsrechts, der von Justizministerin Beatrix Karl und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner Ende Jänner präsentiert wurde, sieht etliche Verbesserungen für die Bundeswettbewerbsbehörde vor. Die Kronzeugenregelung soll ausgeweitet werden: Kronzeuge kann auch ein Unternehmen werden, das bereits unter Verdacht steht. Kronzeugen können von Bußgeld befreit werden.
Stichwort Bußgeld: BWB-Chef Theodor Thanner hatte sich gewünscht, die BWB selbst solle Bußgelder verhängen dürfen, und nicht erst langwierig vor das Kartellgericht pilgern müssen. Das ist im vorliegenden Entwurf zwar nicht enthalten, die BWB soll aber Beugestrafen bis zu 50.000 Euro verhängen dürfen, wenn ein Unternehmen Auskünfte verweigert.

"Beugestrafen sehen wir als Teilbereich an", sagte Thanner, "wir werden sie nicht oft verhängen müssen." Ob er im Zuge des Begutachtungsverfahrens auch auf eine eigene Strafkompetenz drängen werde, ließ er offen. Interessant könnte die Umkehr der Beweislast werden: Die BWB muss nicht mehr den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung oder eine Preisabsprache beweisen, sondern für die Einleitung eines Verfahrens reicht, dass zum Beispiel ein Energieversorger höhere Preise verlangt als in einem vergleichbaren Markt zu bezahlen sind. Allerdings sagt Thanner: "Preisbehörde sind wir keine, wir achten nur darauf, dass der Markt funktioniert."

Die weiterhin komplizierte Struktur der Kartellverfahren mit Kartellgericht, Kartellobergericht, weisungsungebundener Bundeswettbewerbsbehörde, Bundeswettbewerbskommission beim Wirtschaftsministerium und weisungsgebundenem Bundeskartellanwalt beim Justizministerium nimmt der erfahrene Beamte Theodor Thanner gelassen: "Ich kann damit leben."