Wien. Russische Touristen haben im Vorjahr zwar das meiste Geld in Österreichs Einzelhandelsgeschäften gelassen, die Chinesen holen aber stark auf. In wenigen Jahren wird China Russland hierzulande als Shopping-Kaiser ablösen, erwartet Gerd Gfrerer, Geschäftsführer des Mehrwertsteuerrückerstatters Global Blue Österreich. Weltweit liegt das Reich der Mitte im Shopping-Tourismus bereits vorne.

2011 gaben Touristen aus Nicht-EU-Ländern 314 Millionen Euro in heimischen Geschäften aus - 23 Prozent mehr als im Jahr davor, wie Global Blue errechnet hat. Chinesen ließen fast 54 Millionen Euro in österreichischen Geschäften - um die Hälfte mehr als 2010. "In China entsteht eine Mittelschicht, die gerne reist und einkauft", sagte Gfrerer am Donnerstag vor Journalisten. Ganz oben auf der Einkaufsliste stehen Souvenirs, etwa von Swarovski, sowie Statussymbole wie teure Uhren und Schmuck. Für Mode geben die Chinesen in Österreich weniger aus, weil ihnen die Kleidergrößen meist nicht passen.
60 Prozent des Reisebudgets (inklusive Unterkunft) planen Chinesen fürs Einkaufen ein. "Das ist sehr viel. Normalerweise geben Touristen 30 Prozent für Shopping aus", sagt Gfrerer.
Chinesen geben 514 Euro pro Einkauf aus
Chinesen lassen im Durchschnitt pro Einkauf 514 Euro springen, den höchsten Durchschnittsbetrag verbuchen die Thailänder mit 585 Euro. Bei russischen Gästen sind die Durchschnittsausgaben pro Einkauf hingegen um 6 Euro auf 432 Euro gesunken. "Sind früher noch vor allem Oligarchen nach Österreich gereist, die nicht auf die Kosten geachtet haben, entsteht nun eine preisbewusstere Mittelschicht", so Gfrerer.
Die Gesamtausgaben der Russen stiegen gegenüber 2010 trotzdem um 36 Prozent auf 85 Millionen Euro. Der Umsatzzuwachs ergebe sich durch die höhere Gästeanzahl, erklärt Gfrerer. Mit Abstand am beliebtesten ist bei den Russen Bekleidung, dann folgen Uhren und Schmuck - gekauft werden möglichst auffällige Top-Marken.
Die Ausgaben von Gästen aus arabischen Ländern, die vor allem im Sommer vor dem Fastenmonat Ramadan in Österreich urlauben, sind ebenfalls gestiegen. Die Hochsaison für russische Gäste liegt rund um die orthodoxen Weihnachten im Jänner, Chinesen nutzen staatliche Feiertage im Herbst für Reisen nach Europa.
61 Prozent der Einkäufe werden in Wien getätigt. Mit mehr als 1000 Euro liegt der durchschnittliche Einkaufspreis am Wiener Kohlmarkt am höchsten.
Mehr Schweizer fahren zum Shopping über die Grenze
Die Frankenstärke hat mehr Schweizer zum Einkaufen in grenznahe Gebiete in Vorarlberg und Tirol gelockt. Die Ausgaben stiegen um mehr als ein Drittel. "Österreich ist für Schweizer günstiger geworden, viele erledigen daher ihren Wocheneinkauf an Lebensmitteln in Österreich", sagt der Global-Blue-Chef.
Die Kroaten sind hingegen in der Rangliste der Shopping-Touristen von Platz drei auf fünf zurückgefallen. Weil in Kroatien laufend neue Einkaufszentren eröffnen, finden die Nachbarn ein ähnliches Angebot in ihrem Heimatland. Etwa sieben von zehn Reisenden aus Nicht-EU-Ländern holen sich die Mehrwertsteuer zurück, schätzt Gfrerer. Rückvergütet wird die Steuer ab einem Einkaufsbetrag von 75 Euro.