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Andritz baut auf Gezeitenstrom

Von Kid Möchel

Wirtschaft
Rund 17.000 Mitarbeiter arbeiten weltweit für den Grazer Technologiekonzern Andritz.

2012 soll sich Trend fortsetzen.| Grazer Konzern erwirtschaftet Hälfte des Umsatzes mit erneuerbaren Energien.


Graz. Der börsennotierte Anlagen- und Kraftwerksbaukonzern Andritz AG (rund 17.000 Mitarbeiter, davon rund 3300 in Österreich) wird in der Hauptversammlung am 22. März vorschlagen, die Dividende von 1,70 Euro auf 2,20 Euro je Aktie zu erhöhen. Das ergibt eine Ausschüttung von 114,4 Millionen Euro an die Aktionäre. Denn der Technologiekonzern um Wolfgang Leitner ist nicht nur solide aufgestellt, sondern fuhr in allen fünf Divisionen trotz unfreundlichen weltwirtschaftlichen Umfelds Erfolge ein. So steigerte Andritz den Gesamtumsatz um 29 Prozent von 3,553 Milliarden Euro auf 4,596 Milliarden Euro und das Ergebnis um 28 Prozent von 179,6 Millionen auf 230,7 Millionen Euro.

"Die Einschätzung der realen Wirtschaft durch die Finanzwirtschaft war nicht sehr erdverbunden und nicht realistisch", kritisiert Leitner. "Man hat Probleme produziert, die Andritz und andere nicht haben. Auch in Europa sind die Aufträge deutlich gestiegen." Nachsatz: "Wir sind global aufgestellt und machen mehr als die Hälfte des Umsatzes mit erneuerbaren Energien. Und wir sind in allen unseren fünf Bereichen einer der Top-drei-Anbieter." Das sehr gute Konzernergebnis basiert laut Leitner auf der guten Arbeit und Kompetenz der Mitarbeiter weltweit. Der Auftragsstand erreichte mit 6,68 Milliarden Euro einen Rekordwert, das macht ein Plus von 26 Prozent. Der Auftragseingang stieg um 38 Prozent auf 5,706 Milliarden Euro. Der gute Auftragseingang ist vor allem auf drei Großprojekte im Bereich Wasserkraft und Zellstoffindustrie zurückzuführen. Letztere, die Pulp&Paper-Division, konnte ihren Umsatz um 68 Prozent steigern.

Kauf von AE&E war Erfolg

Derzeit steht Andritz mit fünf bis zehn Unternehmen in Sachen Akquisition in Gesprächen. Die "Kriegskasse" ist voll. Der Netto-Finanzmittelbestand, sprich die Netto-Liquidität, beträgt 1,4 Milliarden Euro. Die günstige Übernahme der insolventen A-Tec-Tochter Austrian Energy & Environment (AE&E) im Jänner 2011 ist von Erfolg gekrönt. "AE&E passt gut zu uns, die Übernahme ist uns gemeinsam mit den Mitarbeitern sehr gut gelungen, die Integration war positiv", sagt Leitner. "Wir konnten einige Hundert Arbeitsplätze auf eine stabile Basis stellen." Fast 80 Millionen Euro wird Andritz heuer in Maschinen, Computer und Versuchsanlagen investierten. Und vor allem auf neue Technologien wird gebaut. Rund zehn Millionen Euro investierten die Grazer in den Bereich Energieerzeugung aus küstennahen Gezeitenströmungen.

Stromerzeugung im Meer

Andritz hat kürzlich sogar den Anteil an der norwegischen Hammerfest Strom auf 55 Prozent erhöht. Hammerfest entwickelte mit der Lizenz der spanischen Iberdrola eine Ein-Megawatt-Gezeitenturbine, die in 62 Meter Tiefe vor der Küste Schottlands installiert wurde. "Der Vorteil der Gezeitenturbinen gegenüber der Windkraft ist, dass die Stromerzeugung vorhersagbar und berechenbar ist", sagt Leitner. "Wir sind optimistisch und mit dieser Technologie weltweit führend."

Wenn sich der Prototyp weiter bewährt, hofft Leitner auf einen neuen Markt. Zugleich ist in Sihwa, Südkorea, das leistungsstärkste Gezeitenkraftwerk der Welt in Betrieb gegangen, für das Andritz zehn 26-Megawatt-Turbinen geliefert hat.

Indes ist Andritz durch die Beteiligung an zwei umstrittenen Kraftwerkprojekten, am Rio Xingu im Amazonasgebiet (Brasilien) und am Ilisu-Staudamm (Türkei), weiter Protesten der örtlichen katholischen Kirche und österreichischer NGOs ausgesetzt. Damit hat Leitner aber gar keine Freude.