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Brisante Ungereimtheiten bei der Humanitas-Pleite

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Beim Seniorenheimbetreiber Humanitas | ortet Insolvenzverwalter Haftungsfälle.


Graz/Wien. Das Sanierungsverfahren des insolventen Seniorenheimbetreibers Humanitas Verwaltungs- und Beteiligungs GmbH (15,52 Millionen Euro Forderungen) birgt viel Sprengstoff. Insolvenzverwalter Herbert Ortner hat in seinem Bericht für die gestrige Prüfungstagsatzung eine Fülle von Verdachtsmomenten und Ungereimtheiten aufgezählt, die er mit dem Sachverständigen Leopold Wundsam aufarbeiten wird. Zwei frühere Humanitas-Gesellschafter hat Ortner bereits aufgefordert, ihre Abschichtung in Höhe von je einer Million Euro zurückzuzahlen. Verdacht: verbotene Einlagenrückgewähr. "Für die Zahlung fehlt der Rechtsgrund", behauptet Ortner. Denn diese zwei Millionen Euro stammen aus einer stillen Einlage (4,5 Millionen Euro) des aws Mittelstandsfonds und wurden der Bäckenberger GmbH, einer Gesellschaft des Humanitas-Gründers, als Darlehen gewährt. Ein schriftlicher Darlehensvertrag soll nicht existieren.

Sollte das Geld nicht fließen, will Ortner den Firmengründer, den Treuhänder des Deals und den aws-Fonds in die Haftung nehmen. Außerdem prüft Gutachter Wundsam "eine Liste an Zahlungen für die Jahre 2008 bis 2011" unter den Titeln "Geschäftsführerentgelt, Provisionen, Beratungsleistungen" an den Firmengründer und ihm nahestehende Firmen. Dazu wurden die entsprechenden Verträge eingefordert. "Man wird auch prüfen müssen, ob der uneingeschränkte Bestätigungsvermerk, den der Wirtschaftsprüfer erteilt hat, nicht zu einem Haftpflichtfall wird", sagt Markus Graf vom Alpenländischen Kreditorenverband (AKV). Denn laut Aktenlage muss geklärt werden, ob und wie der Wirtschaftsprüfer die Erhöhung des Wertansatzes für immaterielle Vermögensgegenstände "Rechte aus Landesverträgen" um 3,8 Millionen auf 5,7 Millionen Euro in der Humanitas-Bilanz 2010 prüfte. Zugleich soll der Wirtschaftsprüfer "eine Provision für Kreditvermittlung" in Höhe von 65.000 Euro erhalten haben. Nach Angaben des Gutachters stellt sich auch die Frage, ob es möglicherweise zu einer pflichtwidrigen Prüfung der Konzerngesellschaften gekommen sei.

Keine Verrechnungsstruktur

Auffällig ist an der Humanitas-Pleite auch, dass den Zahlungen der einzelnen Seniorenheimgesellschaften (2010/11) an die Mutterfirma keine Rechnungen für Leistungen "in gleicher Höhe gegenüberstehen" sollen. Humanitas soll 2010 von den Töchtern rund acht Millionen Euro erhalten haben, verrechnete aber nur 1,3 Millionen Euro an Leistungen; 2011 erhielt die Verwaltungsfirma 7,896 Millionen Euro, verrechnete aber nur 22.000 Euro Leistungen. Wie berichtet hat ein Gläubiger, vertreten durch Anwalt Harald Christandl, Strafanzeige erstattet. Dem Vernehmen nach werden die Vorwürfe bestritten.

Die Blitz-Blank-Gruppe

Indes bestätigt Joachim Pock, Geschäftsführer der Wiener adcura mobile Pflege und Betreuung GmbH, dass seine Gesellschaft die marode Humanitas bei der Sanierung unterstützen und als Investor einsteigen will. Bis Freitag soll ein Angebot gelegt werden.

Hinter adcura steht die Maumo Privatstiftung um den Reinigungsunternehmer Errol Reichel. Reichels Blitz-Blank-Reinigungsgruppe beschäftigt laut eigenen Angaben 700 Mitarbeiter.