Wien. (wak) "Es ist kein Honiglecken, sondern, im Gegenteil: Es ist atemberaubend, was da so passiert", lobt der Aufsichtsrat der E-Control, Walter Barfuß, seine Mannschaft: Walter Boltz, der seit nunmehr elf Jahren als Geschäftsführer der E-Control für mehr Wettbewerb kämpft, und seinen Co, der Boltz seit einem Jahr zur Seite steht: Martin Graf.

"Der Unabhängigkeitsstatus der E-Control macht es einem nicht leicht. Man kann sich hinter niemandem verstecken und wird von Regulierten und von Ministerien scheel angesehen", wird die Leistung der E-Control von Barfuß angepriesen, der den Zeremonienmeister bei der Jahrespressekonferenz des Regulators spielt: "Oft höre ich: Was macht er denn da, der Boltz, das geht ihn doch gar nichts an", erzählt Barfuß von den Beschwerden, die hinter den Kulissen ablaufen. Doch auch wenn von manchen ungeliebt, stattet die EU die Landesregulatoren ständig mit neuen Kompetenzen insbesondere im Konsumentenschutz aus.

So haben die heimischen Stromanbieter 2011 nach Ansicht der E-Control die gesunken Großhandelspreise nicht entsprechend an die Privatkunden weitergegeben - an die Industriekunden hingegen schon. Bei den teuren Anbietern hätten die Haushaltspreise in der zweiten Jahreshälfte um rund 10 Prozent sinken müssen, inklusive Netzkosten zwischen 4 bis 6 Prozent, sagte E-Control-Vorstand Walter Boltz. Im Jahr würde damit ein österreichischer Haushalt im Schnitt rund 30 bis 40 Euro zu viel zahlen. Der Regulator startete im vergangenen Herbst eine Strom-Marktuntersuchung, um die Gründe für die Nicht-Senkung der Preise zu erfahren. "Natürlich ist es denkbar, dass ein Versorger ungeschickt am Strommarkt eingekauft hat", meint Boltz. Doch darüber herrschte Schweigen: Bei 19 angefragten Energieunternehmen habe man von keinem einzigen Daten erhalten. "Ein Verweigerungskartell", kommentiert Boltz trocken. Der Fall liegt jetzt bei den Höchstgerichten. Bekommt die E-Control recht, werde man künftig ein, zwei Mal im Jahr Stichproben bei den Unternehmen einfordern. Boltz argumentiert, dass derartige Marktuntersuchungen von der EU vorgesehen sind. Die E-Wirtschaft protestiert naturgemäß und sieht das Ansuchen gesetzlich nicht gedeckt.

Österreich unter den zehnteuersten EU-Ländern

Der Energieregulator hofft, schließlich durch das geplante Nahversorgergesetz mit Beweislastumkehr für Energieversorger mehr Informationen zu erhalten. Damit müssten Energieunternehmen ihre Preisgestaltung künftig rechtfertigen. Wenn das Gesetz im Herbst in Kraft trete, dann könnte es ab Mitte 2013 "faire Preise" für Haushaltskunden geben, erwartet Boltz.

Zu hohe heimische Energiepreise bemängelt Boltz auch angesichts des Vergleichs mit den EU-27. War Österreich 2006 noch das sechstgünstigste Land bei Strom, und bei Gas das zwölftgünstigste, liegt man 2011 sowohl bei Strom als auch Gas unter den zehn teuersten Ländern im Europa-Vergleich (Steuern und Abgaben werden in diesem Fall immer herausgerechnet).

Am teuersten ist Strom im Sonnenstromland Spanien, am billigsten in Bulgarien. Gas ist am kostspieligsten in Schweden und Dänemark, Rumänien befindet sich am anderen Ende des Spektrums.

Boltz erklärt die Verteuerung in den vergangenen Jahren mit der Tatsache, dass Österreich zwar anfangs bei der Liberalisierung des Energiemarktes große Schritte gemacht hatte, aber schließlich ins Stottern gekommen ist, während man von anderen Ländern beim Wettbewerb überholt worden ist. In Deutschland etwa hat jeder vierte Haushaltskunde den Lieferanten gewechselt - auch aufgrund von aggressiven Werbemaßnahmen - in Österreich nur jeder zwölfte.

Um Kunden besser zu informieren, gibt es einige Informationen auf der E-Control-Homepage nicht nur auf Deutsch und Englisch, sondern seit Donnerstag, auch auf Türkisch und Kroatisch. Der Tarifkalkulator ist allerdings nur auf Deutsch vorhanden.