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Oberlandesgericht Wien beschert Meinl Bank massive Schlappe

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Durchschnittlich gut informierte Anlegerin durch Prospekt in Irre geführt.


Wien. In der Anlegeraffäre um die Zertifikate der Meinl European Land (MEL) muss die Meinl Bank eine weitere Niederlage einstecken. Vor wenigen Tagen hat das Oberlandesgericht Wien unter Vorsitz von Richterin Regine Jesionek eine "ungerechtfertigte Berufung" (Aktenzahl 1 R 264/11t) der Meinl Bank abgeschmettert. Damit bestätigte das OLG ein Urteil des Handelsgerichts Wien, in dem einer MEL-Anlegerin, vertreten von Rechtsanwalt Johannes Neumayer, die Rückabwicklung ihres Investments (80.600 Euro) plus Kostenersatz zugesprochen wurde.

Die Bank hatte in ihrer Berufung behauptet, die Anlegerin hätte "die Risiken der MEL-Papiere gekannt" und "sie habe aufgrund der höheren Renditeerwartung billigend in Kauf genommen, dass starke Kursschwankungen und Kursverluste möglich waren". Dass die Klägerin schon zuvor Aktien besessen hatte, wurde nicht bestritten.

"Dass die Anlegerin das mit Aktien allgemein verbundene Kursrisiko gekannt hat, steht der Annahme nicht entgegen, dass sie trotzdem davon ausging, die erworbenen MEL-Zertifikate seien so gestaltet, dass sich das zwar grundsätzlich vorhandene Risiko von Kursverlusten im Zusammenhang MEL-Zertifikaten eben nicht realisieren könne und werde", heißt es im OLG-Urteil. Dieses Verständnis konnte "ein durchschnittlich gut informierter Anleger" aufgrund der Angaben in den MEL-Verkaufsprospekten gewinnen.

"In der MEL-Verkaufsbroschüre sei der Eindruck erweckt worden, die MEL-Zertifikate als Immobilienaktien hätten ein geringeres Risiko als andere Aktien", meint das OLG. Auch die Finanzberaterin Gerlinde N., eine Mitarbeiterin der Vertriebsfirma Meinl Success Finanz, habe ausgesagt, "die MEL-Papiere seien nach ihrer Auffassung keine normalen Aktien gewesen, weil eben Immobilien dahintergestanden sein und sie habe deshalb auch ein anderes Risiko als bei normalen Aktien empfunden". Außerdem führt Richterin Jesionek noch sechs OGH-Entscheidungen gegen die Meinl Bank ins Feld.

Meinl Bank akzeptiert Urteil

"Die Meinl Bank wird keine außerordentliche Revision gegen diese Einzelfallentscheidung erheben", erklärt Meinl-Sprecher Thomas Huemer. "Die durchaus uneinheitliche Rechtsprechung zur Risikogeneigtheit der MEL-Zertifikate und einem Irrtum darüber zeigt sich auch daran, dass der OGH in einer jüngst ergangenen Entscheidung bestätigte, dass es korrekt war, die MEL-Zertifikate bis circa Mitte 2007 in eine niedrigere Risikoklasse einzustufen als herkömmliche Aktien."