Zum Hauptinhalt springen

Der rote Faden in den Bilanzen von Schlecker Österreich

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Gescheiterter Drogeriekönig Schlecker hat Restschuldbefreiung beantragt.


Linz/Ulm. Die Mega-Insolvenz der deutschen Drogeriemarktkette Anton Schlecker steht unter keinem guten Stern. Nach dem Scheitern des Planes des Insolvenzverwalters Arndt Geiwitz, 11.000 nicht mehr benötigte Schlecker-Mitarbeiter in Transfergesellschaften mit staatlicher Stützung (71 Millionen Euro) ein halbes Jahr zwischenzuparken, wird die Rettung bzw. der Verkauf des deutschen Mutterkonzerns samt seinen 3000 Läden schwieriger. Insgesamt sollen 13.500 Arbeitsplätze in Deutschland erhalten werden.

"Aufgrund des Platzens der Transferlösung und der Gefahr einer Welle von Kündigungsschutzklagen besteht die Gefahr, dass sich kein Investor finden lässt oder etwaige Interessenten abspringen werden", sagt Gerhard Weinhofer vom österreichischen Gläubigerschutzverband Creditreform. "Das Ganze macht Schlecker nicht nur noch unattraktiver, sondern das Risiko einer Komplettliquidation könnte steigen." Nachsatz: "Anton Schlecker selbst hat einen Antrag gestellt, dass er von seiner Restschuld nach sechs Jahren befreit wird und somit nach der Quotenzahlung sauber dasteht." Der Restschuldbefreiung müsse aber die Mehrheit der Gläubiger zustimmen.

Schuldenfrei nach 6 Jahren?

"Ob dieser Antrag auf Restschuldbefreiung förderlich ist, eine Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger für das Insolvenzplanverfahren zu erhalten, ist eher fraglich", sagt der Insolvenzexperte. "Das ist sehr ungeschickt gegenüber den Gläubigern." Nachsatz: "Vertrauensbildende Maßnahmen gegenüber den Gläubigern werden so keine gesetzt." Zur Erinnerung: Das Einzelunternehmen, Anton Schlecker eingetragener Kaufmann, hat laut Bilanz 2010 rund 675,043 Millionen Euro Verbindlichkeiten, davon 617,954 Millionen Euro aus Lieferungen und Leistungen. Das Eigenkapital schmolz 2010 um fast 112 Millionen Euro. Der Netto-Umsatz betrug 4,169 Milliarden Euro.

Aushöhlung von Österreich?

Indes bestätigt Frederic Bollhorst, ein Sprecher des Schlecker-Insolvenzverwalters Arndt Geiwitz, der "Wiener Zeitung", dass das aktuelle Geschäft von Schlecker Österreich sehr stabil läuft und die Umsätze gut sind. "Wir sind mit der Umsatzentwicklung in Österreich ganz zufrieden", sagt Bollhorst.

Auffällig ist laut den Bilanzen der Anton Schlecker GmbH mit Sitz im oberösterreichischen Pucking, dass die Forderungen gegen den Mutterkonzern regelrecht explodiert sind. Schuldeten die Konzern-Gesellschaften den Oberösterreichern 2007 nur rund 21,78 Millionen Euro, so stieg dieser Außenstand im Jahr darauf auf rund 108 Millionen Euro, 2009 sogar auf 145 Millionen Euro und ein Jahr später auf 169 Millionen Euro.

Auffällig ist auch, dass sich das Eigenkapital 2010 von Schlecker Österreich (168,29 Millionen Euro) somit de facto aufgelöst haben könnte - sollte diese Forderung gegen insolvente Konzerngesellschaften bestehen. Denn dann ist diese Forderung mit großer Wahrscheinlichkeit nicht werthaltig.

Dementi aus Deutschland

"Der Begriff Aushöhlung ist nicht gerechtfertigt", sagt der Sprecher des Insolvenzverwalters Geiwitz zur "Wiener Zeitung". "Die Auslands-Tochtergesellschaften haben in den vergangenen Jahren vor allem das Geschäft in Deutschland gestützt, allen voran die Tochter in Österreich, die wirtschaftlich sehr profitabel ist." Nachsatz: "Es hat entsprechende Gewinnabführungsvereinbarungen gegeben, man hat schlicht versucht, mit den Mitteln aus Österreich das Geschäft in Deutschland zu stützen."

Diese "Stützung" der Mutter in Ehingen sei aber nicht so gestaltet gewesen, dass dadurch die Auslandstöchter in ihrer operativen Tätigkeit gefährdet worden wären, heißt es dazu weiter.

"Es wäre dumm gewesen, den Goldesel so weit auszuhungern, dass er dann nicht mehr leben kann", sagt Bollhorst. "Das macht keinen Sinn." Wie die entwähnte "Gewinnabführungsvereinbarung" gestaltet ist oder war, ist nicht bekannt. Fakt ist aber, dass der Bilanzgewinn in den Jahresabschlüssen 2008, 2009 und 2010 in Höhe von 81 Millionen, 89 Millionen beziehungsweise 98 Millionen Euro auf neue Rechnung in der Bilanz vorgetragen wurde.

Für Branchenexperten stellt sich generell die Frage, ob nicht der Verdacht einer Einlagenrückgewähr zu prüfen wäre.

Indes bestätigt Bollhorst, dass eine erste Prüfung der Zahlungsflüsse vom Schlecker-Konzern an die Familie Schlecker durch den Insolvenzverwalter keine Unregelmäßigkeiten ergeben hätte. Laut Bollhorst handelt es sich bei der Familie Schlecker um "rechtschaffene Kaufleute".