Zum Hauptinhalt springen

Web-Werbung im Zwielicht

Von Stefan Meisterle

Wirtschaft
Online-Werbung ist auf der Überholspur - ethische Richtlinien bleiben aber oft auf der Strecke.
© © HaywireMedia - Fotolia

Österreichischer Werberat berichtet von einer Zunahme bei Beschwerden.


Wien. "Steueroase Österreich? Legalisieren Sie Ihr Schwarzgeld. Die Capitalbank unterstützt Sie!": Will man in der bunten, dynamischen und schnelllebigen Welt des Internet Aufmerksamkeit erregen, bedarf es schon ungewöhnlicher Ideen. Offensive Werbeeinschaltungen wie dieses über Google geschaltete Inserat für die Webseite weissgeld.at werfen dabei eine Frage auf: Was darf Online-Werbung - und was darf sie nicht?

19 Entscheidungen über Internet-Inserate: So viele Urteile fällte der Österreichische Werberat im Vorjahr nach eingelangten Beschwerden. Online-Werbungen gaben damit bereits häufiger Anlass zu Entscheidungen des Werberates als Printanzeigen, die lediglich zu 17 Entscheidungen führten. Statistiken der EASA (Europäische Allianz der Werbeselbstkontrolle) zufolge legte der Anteil der Beschwerden zu Internet-Inseraten europaweit von 9 Prozent im Jahr 2006 sogar auf 15,6 im Jahr 2010 Prozent zu. Ein Faktum, das nach Ansicht von Markus Deutsch, Geschäftsführer des Österreichischen Werberates, in erster Linie mit der insgesamt steigenden Bedeutung der Online-Werbung zusammenhängt. "Wir sehen schon lange den Trend, dass mit der Online-Werbung auch die Beschwerden darüber zunehmen", berichtet Deutsch im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Insgesamt sorgen Online-Inserate für jedes zehnte Beschwerdeurteil - nur Plakate und TV-Spots provozieren mehr Meldungen.

Anstößig erschienen ähnliche Themen wie jene, die in herkömmlicher Werbung für Aufregung sorgten: "Die großen Themenbereiche wie die Verletzung der Menschenwürde oder Sexismus spiegeln sich im Online-Bereich genauso wider wie bei den klassischen Werbemedien", so der Werbeaufseher. Ein Befund, der wenig überrascht, zumal die Grundsätze, zu der sich die Werbewirtschaft freiwillig bekennt, medienübergreifend gelten.

Verstoß gegen Redlichkeit?
Und doch weist die Online-Werbung Spezifika auf, die sie von anderen Medien abhebt. Zunächst ist bei Online-Inseraten eine ungewöhnliche Häufung von Beschwerden in Hinblick auf möglicherweise unseriöse Anbieter zu beobachten. "Werbung darf nicht gegen den Grundsatz der Redlichkeit und Wahrhaftigkeit verstoßen", lautet eine der zehn grundsätzlichen Verhaltensregeln, die der Werberat formuliert. Eine Regel, die allerdings im Internet gerade im Bereich der Tourismus-Werbung, also etwa bei der Autovermietung oder auch bei Urlaubspaketen, nur zum Teil eingehalten wird. So berichtet Deutsch von Meldungen zu Online-Inseraten, die beispielsweise falsche Preise oder Produktinformationen angeben. Beschwerden, die der Werberat dann zur weiteren Bearbeitung an den Konsumentenschutz abgibt.

IT-Riesen als Platzhirsche

Noch schwerer ins Gewicht fällt indes die Frage der grenzübergreifenden Verantwortlichkeit für Online-Inserate. Die schwer fassbaren global tätigen Internet-Riesen wie Google oder Facebook haben sich Schätzungen des Verbandes Österreichischer Zeitungen zufolge inzwischen die Hälfte des 300 Millionen Euro schweren österreichischen Online-Werbemarktes gesichert. Google, das Webseitenbetreibern die Möglichkeit gibt, fremde Werbung mit geringem Aufwand auf der eigenen Homepage zu platzieren, nimmt in Fragen der Verantwortung die Betreiber in die Pflicht. So wird unter den Richtlinien für Googles Werbedienst Adsense genau dargelegt, welche über Google einlangenden Inserate man in die eigene Seite integrieren darf. Tritt dann doch eine Beschwerde bezüglich einer von Google vermittelten Werbung auf, wird das Verfahren kompliziert, bestätigt auch Deutsch. "Grundsätzlich sind die nationalen Werberäte zuständig für jene Werbungen, die in inländischen Medien geschaltet werden", sagt Deutsch und fügt hinzu: "Wir behandeln aber auch Beschwerden , die nur auf Homepages mit Österreich-Bezug verweisen. Der Server muss also nicht unbedingt in Österreich stehen".

Abhilfe schafft in derartigen Fällen nur die enge Zusammenarbeit mit anderen nationalen Werberäten. "Bei grenzüberschreitenden Angelegenheiten bedarf es der Kooperation", bestätigt Deutsch. Anhand des Beispiels der weissgeld.at-Werbung, die auf deutschen Webseiten gesichtet wurde, erläutert der Werberat die Vorgehensweise folgendermaßen: "Langt die Beschwerde, die auf österreichische Konsumenten abzielt, in Österreich ein, holen wir vom deutschen Werberat dessen Expertise ein. Diese Einschätzung fließt dann in die Entscheidung des Österreichischen Werberates ein. Es ist in jedem Fall eine Herausforderung, grenzüberschreitende Fälle zu behandeln.

"Naming and shaming"

Wie aber bewegt man Werbe-Giganten wie Google bei anstößigen Inhalten zum Einlenken? Deutsch sieht da kaum Probleme und verweist auf den Fall eines von Unbekannten manipulierten Werbe-Spots, der auf Googles Videoportal Youtube erschien. "Wir kontaktierten nach Absprache mit dem vermeintlich beworbenen Unternehmen Youtube - die nahmen das dann rasch und anstandslos von der Seite", so Deutsch.

Und schließlich steht den Werberäten auch im Umgang mit IT-Giganten ihr mächtigstes Druckmittel zur Verfügung: das "naming and shaming", die Veröffentlichung von Urteilen und Verfehlungen. So würden es nur die wenigsten Unternehmen riskieren, wegen eines Inserates an den Pranger gestellt zu werden.

Constantin Veyder-Malberg, Vorstand der für weissgeld.at verantwortlichen Grazer Capitalbank, legte gegenüber der "Wiener Zeitung", übrigens Wert darauf, die Botschaft der beanstandeten Werbung richtigzustellen. "Wir sind sicher nicht die Beschützer von Leuten, die ihr Schwarzgeld ins Ausland schaffen wollen. Ganz im Gegenteil: Wir verfolgen das klare Ziel, Menschen in die Steuerehrlichkeit zu bringen", so Veyder-Malberg, der hinzufügt: "Wir sind besonders daran interessiert, dass unser Anliegen nicht missverstanden werden kann. Daher haben wir die Kampagne sofort gestoppt."

Österreichischer WerberatCapitalbank<span class="st">Europäische Allianz der WerbeselbstkontrolleGoogle AdSense