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AvW-Masseverwalter: "Emotional sind wir auf der Seite der Anleger"

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Genussscheingeld soll Eigenkapital sein - Anleger könnten leer ausgehen.


Klagenfurt. Zwei Jahre nach der Eröffnung der Konkursverfahren über die AvW Gruppe AG und die AvW Invest AG geht der Rechtsstreit seinem Höhepunkt entgegen. Laut Insolvenzverwalter Gerhard Brandl haben die 12.500 geschädigten Genussscheininhaber im ersten Verfahren 515 Millionen Euro Forderungen und im zweiten 495 Millionen Euro angemeldet. Aufgrund einer gegenseitigen Solidarhaftung von AvW Gruppe und AvW Invest werden diese Doppelanmeldungen aber so stehen bleiben. Im Massetopf sind insgesamt 62 Millionen Euro, davon entfallen 43 Millionen Euro auf die AvW Gruppe und der Rest auf die AvW Invest.

Schlimmster Fall für Anleger

Ob die 12.500 AvW-Opfer überhaupt einen kleinen Teil ihres Geldes sehen werden, hängt vor allem von jenem Musterprozess (Aktenzahl 21 Cg 28/12w) ab, den der Verein für Konsumenteninformation (VKI) gegen den AvW-Masseverwalter führt. Wird das von den Anlegern in Genussscheine investierte Kapital vom Höchstgericht als Eigenkapital bewertet, sind sie AvW-Miteigentümer und haben keinen Anspruch auf die Konkursmasse, sondern nur nachrangige Forderungen. Das heißt: Erst, wenn die normalen Gläubiger, wie Lieferanten und Professionisten, aus dem Massetopf bedient worden sind, nehmen die Anleger an der Verteilung des Restes teil. Da aber die Finanz 56 Millionen Euro Steuern von AvW nachfordert, könnte im schlimmsten Fall für die Anleger nichts übrig bleiben.

Bester Fall für Anleger

Wird aber das Investment der 12.500 AvW-Anleger vom OGH als Fremdkapital eingestuft, können sie am Konkurs teilnehmen und sich ein Stück vom Kuchen abschneiden.

Im aktuellen Musterverfahren behauptet Brandl aber, dass "das Rechtsverhältnis zwischen der AvW-Genussschein-Inhaberin Karin S. und der AvW Gruppe als atypische stille Gesellschaft zu qualifizieren ist und dieser stille Beteiligung nur "die stillen Reserven und den Firmenwert" betreffen; somit steht "kein Konkursteilnahmeanspruch zu". Auch könne "der sich aus den Genussscheinbedingungen ergebende Eigenkapitalcharakter nicht wegargumentiert werden".

"Emotional sind wir auf der Seite der Anleger. Wir machen das nicht, um die Anleger zu ärgern, sondern um Rechtssicherheit zu schaffen", sagt Gerhard Brandl zur "Wiener Zeitung". "Wir sind gezwungen, das bis zum Obersten Gerichtshof abzuklären und das ist mit dem VKI auch so besprochen." Zugleich sollen etwaige Haftungsansprüche von Gläubigern gegen den Masseverwalter mit der Ausjudizierung vermieden werden.

Brisantes Detail am Rande

In der 132-Millionen-Euro-Klage gegen den ehemaligen AvW-Wirtschaftsprüfer Ehrenböck Moore Stephens, die vom Landesgericht Wiener Neustadt abgewiesen wurde, hatte der Insolvenzverwalter aber argumentiert, dass das Genussscheinkapital sehr wohl Fremdkapital sei. "Ich finde es befremdend, dass er in Musterverfahren gegensätzlich argumentiert", sagt Anwalt Erich Holzinger, der 1800 AvW-Geschädigte vertritt. "Denn ohne dem Argument Fremdkapital hätte der Insolvenzverwalter in Wiener Neustadt gar nicht klagen können."

OGH-Urteil nicht haltbar

Auch die Grundsatzentscheidung (7 Ob 77/10i) des Obersten Gerichtshofes im Fall Niedermeyer Privatstiftung gegen Immoeast hält Konkursverwalter Gerhard Brandl für nicht haltbar. In diesem OGH-Urteil wurde "Schadenersatzansprüchen von Anlegern Vorrang vor Kapitalerhaltungsvorschriften eingeräumt - damit würde sich aber auch die Frage Eigenkapital oder Fremdkapital erübrigen.

Brandl dreht unter Berufung auf juristische Literatur den Spieß um: "Kapitalerhaltungsvorschriften haben jedenfalls Vorrang vor Ersatzansprüchen der Anleger und somit handelt es sich bei der Forderung der Musterklägerin um keine Insolvenzforderung."