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Ex-Meinl-Vertriebschef wusste nichts von Aktienrückkäufen

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Anwalt sieht die Verteidigungslinie bröckeln - Meinl Bank kontert.


Wien. Die Anlegeraffäre um die umstrittenen Zertifikatsrückkäufe bei der Immobilienholding Meinl European Land (MEL) und die Meinl Bank sind um eine brisante Facette reicher. Das Zivilverfahren mit der Aktenzahl 43 Cg 137/08g eines mutmaßlich geschädigten MEL-Anlegers, der sich von den Angaben in den MEL-Verkaufsprospekten in die Irre geführt fühlt, wurde kürzlich vom Handelsrichter Christian Mosser geschlossen; jetzt wird auf das Urteil gewartet.

Doch am letzten Prozesstag sagte Karl Mauracher, der Ex-Geschäftsführer der Meinl Success Finanz, der Vertriebstochter der Meinl Bank, aus. Meinl Success schulte die Vertriebspartner in Sachen MEL-Verkauf - vor allem große Finanzstrukturvertriebe und Vermögensberater.

Apropos Risikobereitschaft der Anleger: "Vom Grundsatz her und von der Einstellung der Meinl Success war es aber so, dass eine geringe Risikobereitschaft nicht zu MEL gepasst hat, das wurde auch bei Schulungen den Mitarbeitern im Backoffice so gesagt", gab Mauracher zu Protokoll. "Ich kann nicht garantieren, dass doch einmal trotz Angabe einer geringen Risikobereitschaft die Order für MEL angenommen wurde." Denn es hätten tausend Kunden pro Monate Depots bei der Meinl Bank eröffnet. Auch war Mauracher der Ansicht, dass MEL "in Einzelhandelsimmobilien investierte".

Nichts davon gewusst

"Ich bin davon ausgegangen, dass im Wesentlichen in Immobilien und in Barvermögen investiert wurde", sagte der Finanzprofi. Und weil er selber nicht wusste, dass nicht nur in Immobilien investiert wurde, konnte er laut Gerichtsprotokoll "eine solche Information auch nicht an die Vertriebspartner weitergeben". Ihm sei vor August 2007 nicht bekannt gewesen, "dass Aktienrückkäufe stattgefunden haben", heißt es im Gerichtsprotokoll.

Auch könne er sich nicht vorstellen, sagte der frühere leitende Meinl-Mitarbeiter aus, dass er "noch im Jahr 2007 den Vertriebspartnern gesagt habe, dass Kurssteigerungen der MEL zu erwarten seien, weil der Nettoinventarwert 30 Euro betragen werde". Laut einem der "Wiener Zeitung" vorliegenden E-Mail des Meinl Success-Managers Heimo J. wurde den Vertriebspartnern aber noch am 17. August 2007 vorgerechnet, dass der aktuelle innere Wert von 18,08 Euro bis 2010 pro Jahr um 15 Prozent steigen werde. Zur Erinnerung: Ende Juli 2007 gab MEL bekannt, dass sie Aktienrückkäufe (88 Millionen Stück um 1,9 Milliarden Euro) plane, doch da waren die Rückkäufe fast abgeschlossen. Die MEL-Affäre platzte.

"Die andere Verwendung der Gelder war dem eigenen Vertrieb nicht bewusst. Diese Aussage ist entscheidend, weil sie die bisherige Verteidigungslinie der Meinl Bank massiv ins Schwanken bringt, es wären nur die ,bösen‘ Vermögensberater schuld gewesen", ätzt Anwalt Johannes Neumayer, der den Anleger vertritt.

Schuld bei Finanzberatern

Indes bleibt die Meinl Bank bei ihrer "Verteidigungslinie", "dass der überwiegende Großteil der Anleger von unabhängigen Finanzdienstleistern beraten wurde, diese müssten im Falle einer Fehlberatung haften". Es handelt sich dabei "vielmehr um einen untauglichen Versuch, die Meinl Bank für die Verletzung von Pflichten bzw. Fehler von unabhängigen Beratern verantwortlich machen zu wollen". "Die Bank hat als Dienstleisterin für MEL stets im Rahmen des Rechts agiert", behauptet Meinl-Sprecher Thomas Huemer. Im Zuge der Finanzkrise seien "weltweit die Kurse mit MEL vergleichbarer Immobilienunternehmen in ähnlichem Ausmaß wie MEL gesunken".