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"Stimmungslage im Mittelstand weiterhin gut"

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Eine Erhöhung der Kreditzinsen musste fast jeder dritte Mittelständler hinnehmen.


Wien. "Die Stimmung unter Österreichs Mittelständlern ist gut", sagt Rainer Kubicki vom Wirtschaftsinformationsdienstleister Creditreform. "Das Klimabarometer ist im Vergleich zum vergangenen Herbst um 6,7 Zähler auf 17,4 Punkte angestiegen." Das Klimabarometer setzt sich aus den Stimmungsindikatoren zum eigenen Betrieb, zur eigenen Branche sowie zur konjunkturellen Lage zusammen, wobei sowohl die Äußerungen zur aktuellen Lage als auch die zur zukünftigen Entwicklung einfließen.

Allerdings zeige die Entwicklung der harten Konjunkturindikatoren wie etwa die Auftrags- und Umsatzlage, dass sich die wirtschaftliche Dynamik langsam abzuschwächen scheint. Sind die Auftragseingänge im vergangenen Frühjahr noch bei 36,1 Prozent der Befragten gestiegen, liegt der Anteil aktuell bei 27,1 Prozent. Weniger Auftragseingänge verzeichnen 21,3 Prozent der Mittelständler (Vorjahr: 18,4 Prozent).

Ähnlich stellt sich die Situation bei der Umsatzentwicklung dar. Während im vergangenen Jahr die Umsätze noch bei 37,5 Prozent der Betriebe gestiegen sind, ist das aktuell nur noch bei 31,5 Prozent der Unternehmen der Fall. Gesunken sind die Umsätze bei jedem Fünften (22,2 Prozent; Vorjahr: 20,5 Prozent). Der Umsatzsaldo fällt auf plus 9,3 Punkte (Vorjahr: plus 17,0 Punkte).

Die Arbeitsmarktsituation bleibt laut Creditreform entspannt und hat sich im Vergleich zum Vorjahr sogar etwas verbessert: Fast jedes vierte Unternehmen (23,1 Prozent) hat seinen Mitarbeiterstamm in den vergangenen Monaten aufgestockt (Vorjahr: 20,2 Prozent). Personal entlassen mussten 18,7 Prozent (Vorjahr: 16,0 Prozent) der befragten Betriebe.

Konjunkturelle Dynamik intakt, Aussichten dennoch deutlich eingetrübt

Die Auftrags- und Umsatzerwartungen seien immer noch aufwärts gerichtet, auch wenn die befragten Unternehmen der künftigen Entwicklung nicht mehr ganz so optimistisch entgegenblicken wie vor Jahresfrist. 26,2 Prozent der Unternehmen rechnen mit volleren Auftragsbüchern (Vorjahr: 39,8 Prozent) und 10,6 Prozent mit sinkenden Auftragszahlen (Vorjahr: 9,6 Prozent). Eingetrübt haben sich auch die Umsatzerwartungen: 32,2 Prozent der mittelständischen Betriebe rechnen mit einem Umsatzanstieg, nachdem im Frühjahr 2011 noch jeder Zweite (47,9 Prozent) ein Umsatzplus erwartete. Dagegen befürchtet jeder siebte Unternehmer (13,9 Prozent) Umsatzrückgänge; im vergangenen Jahr lag dieser Wert bei 10,6 Prozent. "Der Saldo aus optimistischen und pessimistischen Umsatzerwartungen hat sich somit auf 18,3 Punkte fast halbiert", sagt Kubicki.

Abschwächung der konjunkturellen Dynamik

"Für die nächsten Monate planen die Mittelständler weniger Personal ein", weiß Creditreform-Experte Gerhard Weinhofer. Während 18,7 Prozent der befragten Unternehmen neue Stellen besetzen wollen, rechnen 12,9 Prozent der Unternehmen mit Entlassungen. Damit hat sich der Saldo von plus 14,1 Punkten im Vorjahr auf plus 5,8 Punkte verringert. Ebenso lässt sich eine leichte Abschwächung der Investitionsbereitschaft feststellen: Im Frühjahr 2012 sind nur noch 52,5 Prozent der Mittelständler bereit, Investitionen zu tätigen, während es im Vorjahr noch 54,0 Prozent waren.

Ertragserwartungen lassen auf liquidere Zeiten hoffen

Die Ertragslage im österreichischen Mittelstand bleibt demnach angespannt. Jedes dritte Unternehmen hat in den vergangenen Monaten sinkende Erträge verbucht. Gestiegen sind die Erträge bei jedem Fünften (21,2 Prozent; Vorjahr: 23,3 Prozent). Zwar fällt der Saldo aus optimistischen und pessimistischen Ertragserwartungen mit plus 6,9 Punkten schlechter aus als im Vorjahr (plus 16,3 Punkte), befindet sich aber im positiven Saldenbereich.

Weniger Insolvenzen als im Vorjahr – solide Eigenkapitalausstattung des Mittelstands

"Der österreichische Mittelstand ist solide kapitalisiert", weiß Weinhofer. So ist der Anteil der schwach kapitalisierten Unternehmen mit einer Eigenkapitalquote von unter zehn Prozent von 23,6 Prozent auf 21,9 Prozent gesunken. Zugleich ist jedes dritte Unternehmen (36,6 Prozent; Vorjahr: 35,3 Prozent) mit einer ausreichend hohen Eigenkapitalquote (Eigenkapitalanteil im Verhältnis zur Bilanzsumme) von über 30 Prozent ausgestattet. Aktuell ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in den ersten drei Monaten 2012 um 0,7 Prozent von 1.692 auf 1.680 Fälle gesunken.

"Die Auswirkungen der schwelenden Finanz- und Staatsschuldenkrise in Europa sind auch im österreichischen Mittelstand zu spüren", sagt Kubicki. "Insgesamt hat sich der Zugang zu Finanzierungsmitteln bei 58,7 Prozent der Unternehmen verschärft. Die Art der Verschärfung ist vielfältig: 90,5 Prozent dieser Unternehmen berichten, dass bei der Einreichung ihres Kreditantrages mehr Sicherheiten von den Banken verlangt werden." Nachsatz: "Eine Erhöhung der Kreditzinsen musste fast jeder dritte Mittelständler hinnehmen. Und zehn Prozent der befragten Unternehmen haben ihren Kredit nicht in der gewünschten Höhe erhalten."