Zum Hauptinhalt springen

Teamgeist geht durch den Magen

Von Kornelia Kopf

Wirtschaft
Wer schafft an, wer arbeitet zu und wer kümmert sich um den Feinschliff? Gemeinsames Kochen macht die Dynamik im Team sichtbar und beschleunigt den Teambuilding-Prozess.
© cook a team

Nur die Cannelloni sind am Dampfen - die Amateur-Köche sind am Entspannen.


Wien. Die Gerüchteküche brodelt, Informationen werden nicht weitergeleitet und die Belegschaft spaltet sich in Lager auf - das sind alarmierende Signale für die Geschäftsführung, dass ein Team in der Auflösung begriffen ist. Wird nichts unternommen, drohen finanzielle Verluste, denn wenn Mitarbeiter unzufrieden sind, bleiben Aufgaben unerledigt, Krankenstandstage nehmen zu und die Fluktuation steigt. Teambuilding-Seminare sollen hier Abhilfe schaffen. Statt der bekannten Outdoor-Aktivitäten wie Klettern im Hochseilgarten oder Bewältigen eines Hindernisparcours hat sich der systemische Coach Horst Hochmayr etwas anderes einfallen lassen: "Cook A Team". Das Team muss gemeinsam kochen - und zwar für sich selbst.

Der Ansatz bleibt derselbe, egal ob in der Küche hantiert oder gemeinsam ein Floß gebaut wird: Teamstrukturen werden sichtbar gemacht, obwohl die Verteilung der Kompetenzen ganz anders liegen kann als im beruflichen Alltag - man spricht von einem "Set-Transfer". Gleichzeitig bietet sich die Möglichkeit der Neupositionierung der einzelnen Teammitglieder, erklärt Hochmayr: "Die veränderten Rahmenbedingungen des Kochens sorgen dafür, dass die gewohnte Zusammenarbeit in einer ungezwungenen Atmosphäre stattfindet. Dazu lernt sich das Team neu kennen, eingeschliffene Denk- und Wahrnehmungsmuster verändern sich."

Im hellen und freundlichen Kellerlokal am Kühnplatz ist der Auftrag einfach: Es muss etwas gekocht werden, das allen schmeckt - auf individuelle Besonderheiten wie Unverträglichkeiten und vegetarische Ernährung muss das Team Rücksicht nehmen. Die Zutaten für das oft mehrgängige Menü können als Warenkorb, aus dem gewählt werden kann, bereits zur Verfügung stehen. Oder das Team muss vor dem Kochen entscheiden, was gebraucht wird, wobei meist ein Budgetrahmen vorgegeben ist - auch das gemeinsame Einkaufen am Naschmarkt, der hier im vierten Wiener Gemeindebezirk gleich in der Nähe ist, gehört zum Programm. Dann geht es ans kreative Werk: Gekocht wird ohne Rezept.

Sinnvoll sind Teamentwicklungs-Workshops nicht nur, wenn es bereits Probleme gibt. Sie können auch quasi vorbeugend, wenn sich ein neues Team zusammenfindet, eingesetzt werden. So werden die Phasen, die jedes Team bei seiner Bildung durchläuft - Orientierungs-, Konfrontations-, Kooperations- und Wachstumsphase - beschleunigt. Hochmayr ergänzt: "Ich bin davon überzeugt, dass sich Teams selbst formieren, wenn es erstens ein definiertes Ziel gibt und zweitens die Ressourcen geklärt sind, also die finanziellen Möglichkeiten sowie die individuellen Fähigkeiten der Mitglieder."

Während das Team kocht, sollte der Teamleiter übrigens nur zusehen. Er soll schließlich das Team führen, indem er die Bedürfnisse der Mitglieder erkennt und die richtigen Rahmenbedingungen schafft.

Teamleiter sorgt für Form, das Team für den Inhalt

"Die Aufgabe der Führung ist, sich um die Struktur zu kümmern. Der Teamleiter sorgt für die Form, der Inhalt kommt aus dem Team", erklärt Hochmayr. Ein guter Chef sollte seine Mitarbeiter einschätzen und auf sie eingehen können: Ein Freigeist brauche andere Rahmenbedingungen als ein Etappenkaiser. Der eine benötigt ein größeres Ziel -, wie er da hinkommt, sollte er selbst mit möglichst viel Freiraum entscheiden können. Der Etappenkaiser wiederum möchte klare Handlungsaufträge und kleine Ziele. So eine Herangehensweise an Aufgaben ändert sich nicht, egal ob gekocht oder ein großes Projekt durchgezogen wird.

Das Hauptaugenmerk des Workshops liegt damit auf der Führungskraft, die ihr Team einschätzen lernen soll. "Man sieht, wer nicht mitmacht oder nicht mitmachen kann", meint Hochmayr. Oft beschleunige auch ein Kurs Prozesse, die sich sowieso abgespielt hätten, etwa wenn danach ein Mitarbeiter kündigt. Es können aber auch lang schwelende Konflikte gelöst werden und so zu einem besseren Betriebsklima führen. Das Ziel sei aber kein "Kuschelkurs", betont Hochmayr. Es gehe darum, Vertrauen aufzubauen und Strukturen aufzudecken. "Ich will nichts reparieren, reindrücken und zuschmieren."

Eine abschließende Analyse des Workshops findet am Tag danach bei einer Reflexion statt. Dabei lässt Hochmayr das Team die Antwort auf die Frage geben: "Können wir uns von dem, was wir produzieren, auch ernähren?"