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Altlasten könnten größer ausfallen

Von Stefan Melichar und Kid Möchel

Wirtschaft

Volumen der angepeilten Verwertungsgesellschaft übersteigt möglicherweise zehn Milliarden Euro.
| Leasing-Abenteuer in der Ukraine bescherte Kärntner Bank herbe Verluste.


Wien/Klagenfurt. Eine eigene Verwertungsgesellschaft abseits des Bankbetriebs, in der sämtliche Altlasten gebündelt und abgearbeitet werden: So will die Kärntner Hypo - eine nötige Gesetzesänderung vorausgesetzt - die hohen Kapitalauflagen der Finanzmarktaufsicht umschiffen. Als kolportierte Zielgröße galt bisher ein Volumen von 10 Milliarden Euro an faulen Krediten und anderen schlecht verkäuflichen Assets. Tatsächlich könnte dieses aber auch höher ausfallen.

Während bereits ziemlich klar ist, welche Geschäftsteile aus den Länder-Töchtern in die Verwertungsgesellschaft kommen, dürfte nicht endgültig geklärt sein, in welchem Ausmaß die Konzern-Holding in Klagenfurt einbezogen wird. Ein Teil davon soll ja mit dem Bankennetzwerk in Südosteuropa verkauft werden. Je nach Einberechnung könnte das Volumen der Abbaufirma plus oder minus 10 Prozent ausmachen, ist zu hören - bei der angepeilten Größenordnung immerhin eine Milliarde Euro. Per Ende 2011 belief sich die Bilanzsumme der Holding auf rund 4,8 Milliarden Euro.

Dass die Verwertungsgesellschaft zu Beginn größer als zehn Milliarden Euro sein könnte, zeigt folgender Vergleich: Ende 2011 belief sich die Hypo-Bilanzsumme auf gut 35 Milliarden Euro. Als Zielgröße für die "gesunde" Bank gelten etwa 20 Milliarden Euro - eine Differenz von 15 Milliarden Euro (die freilich nicht unbedingt eins zu eins auf das Volumen der Verwertungsfirma übertragen werden kann). Fraglich ist auch, in welchem Ausmaß die Republik für die Abbaugesellschaft eine formelle Haftung aussprechen müsste. Da die Firma gänzlich im Besitz des Bundes stehen soll, trägt dieser - wie jetzt auch schon - ohnehin das Risiko für die Verwertung.

Geschäftliche Farce

Teil der Abbaugesellschaft ist unter anderem die Leasing-Tochter der Hypo in der Ukraine. Im März 2007 wurde die Gründung der Hypo Leasing Ukraine (HLUA) im Aufsichtsrat beschlossen. In diesem Jahr sollte das geplante Geschäftsvolumen schon 42 Millionen Euro betragen, 2011 sollte es auf 720,16 Millionen Euro explodieren. Doch 21 Monate nach dem Gründungsbeschluss war das Geschäft an die Wand gefahren und wurde gestoppt. Im August 2009 hatte die HLUA 300 Finanzierungsverträge mit 60 Kunden und 127 Millionen Euro Volumen.

"Die zehn größten Kunden verursachten 90 Prozent der gesamten Rückstände", heißt es im Gutachten des renommierten Sachverständigen Fritz Kleiner. 14 Kunden mit einem Finanzierungsvolumen von 62 Millionen Euro verursachen eine Risikovorsorge in Höhe von 43 Millionen Euro, wobei sie mit 24,3 Millionen Euro an Zahlungen im Rückstand waren. Dabei hatte die HLUA-Führung u.a. einen "seriösen Unternehmer" als Kunden gewonnen, der heute als Dollar-Milliardär zur Entrepreneurs-Elite in Kiew zählt. Die Geschäfte mit einzelnen Sparten seines Konzerns zählen bei der HLUA zu den Topverlustfällen. Der Konzern, der größte Kunde der HLUA, wollte für seine Transportflotte im Endeffekt 4000 Lkw anschaffen.

In einem "Coaching-Bericht" von Anfang August 2009 zur Geschäftslage der HLUA hält Hypo-Mitarbeiter Marcel Sumper fest, dass "ein Kaufpreis in Höhe von 41,3 Millionen Dollar abzüglich einer Anzahlung von 6,2 Millionen Dollar nicht an den Lkw-Lieferanten, sondern an den Leasingnehmer, die Transportfirma, ausbezahlt wurde.

Zahlung vor Lieferung

"Diese hat dann nur einen Teil der 278 Lkw bezahlt und ausgeliefert erhalten", weiß der "Coach". "Der genaue Verbleib von 13,147 Millionen Dollar ist nicht geklärt." Nachsatz: "Klar ist nur, dass Lkw im Gegenwert nicht geliefert wurden. Die Rückstände in diesem Engagement bewegen sich um die 250 Tage, die Firma macht nahezu keinen Umsatz." Kein Wunder: Wies doch die Transportfirma 2007 und 2008 ein negatives Eigenkapital aus. In einem Mail des damaligen HLUA-Geschäftsführers an die Klagenfurter Zentrale vom Juli 2009 heißt es über den Frächter: "Verluste, die Geschäfte sind geschlossen, ein Verkauf der Leasingobjekte ist nicht möglich, keine Zahlung der Leasingraten."

Laut Hypo-Jahresbericht 2011 soll es für die Ukraine-Tochter übrigens Angebote von potenziellen Investoren geben. Ein Verkauf sei heuer wahrscheinlich.