
Wien/Berlin. Die Zeitschaltuhr ist gerade einmal zweieinhalb Jahre alt, da gibt der Einbau-Akku den Geist auf - und weil er nicht gewechselt werden kann, ist das ganze Gerät reif für den Müll. Pech, werden das nun die einen nennen, einen klaren Fall von geplanter Obsoleszenz werden die anderen darin sehen.
Geplante Obsoleszenz - darunter versteht man seit den 1920er Jahren die künstlich herbeigeführte frühe Alterung von Geräten. Wobei sich der Begriff damals darauf bezog, dass GM-Präsident Alfred P. Sloan durch jährliche Änderungen an den Autos die Kunden zum vorzeitigen Neukauf animieren wollte. Heute assoziiert man mit geplanter Obsoleszenz (lat. obsolescere = in Vergessenheit geraten) vor allem den Umstand, dass - nicht nur - Elektrogeräte eine immer kürzere Lebensdauer haben. Im Fall der Zeitschaltuhr tun sich dadurch gleich mehrere Probleme auf: Erstens ist sie gerade so kaputt geworden, dass die Garantie bereits überschritten wurde. Zweitens lässt sich der festverbaute Akku beim Recycling des Elektroschrotts nur schwer von den übrigen Bauteilen trennen.
Immer nur das Neueste
Einer, der sich intensiv mit geplanter Obsoleszenz befasst hat, ist der deutsche Journalist Lukas Grasberger, der für das Magazin "enorm - Wirtschaft für den Menschen" der Sache auf den Grund gegangen ist. Und er ist auf der Suche nach Obsoleszenz öfter fündig geworden, als ihm selbst wohl lieb war. Haben 1924 die führenden Glühbirnenhersteller im sogenannten Phoebus-Kartell beschlossen, dass ihre Leuchten nur noch 1000 statt vorher 2000 Stunden funktionieren sollten, so werfen etwa heute Kunden Apple vor, dass der iPod gerade einmal die Garantiezeit überlebe. Und ein führender Nokia-Manager soll sogar selbst zugegeben haben, dass Handys nur auf drei Jahre Lebensdauer ausgelegt seien.
Im Informations- und Kommunikationsbereich dreht sich die Obsoleszenz-Spirale besonders rasant. Erstens ist der Kostendruck bei der Produktion sehr hoch - worunter die Qualität leidet. Zweitens werden viele Geräte weggeworfen, bevor sie überhaupt kaputt sind. "Es sind nicht nur die Firmen, sondern auch die Kunden, die immer den neuesten Stand der Technik wollen", sagt Karsten Schischke vom deutschen Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Nachsatz: "Auch wenn es nicht unbedingt das ist, was sie wirklich brauchen, und eine abgespeckte Version reichen würde."