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Die letzte gute Tat

Von Kornelia Kopf

Wirtschaft

Wenn gemeinnützige Organisationen wie Rotes Kreuz oder Caritas erben sollen.


Wien. Noch nie zuvor hatten die Österreicher so viel zu vererben. Davon profitieren nicht nur die engsten Verwandten. Auch immer mehr Non-Profit-Organisationen wie das Rote Kreuz, Tierschutzhäuser und andere Hilfsprojekte werden als Erben eingesetzt: 30 bis 40 Millionen Euro an Spenden erhalten gemeinnützige Organisationen in Österreich jährlich aus Nachlässen. Das sind bis zu acht Prozent des gesamten Spendenaufkommens.

Ein Testament von eigener Hand schafft klare Verhältnisse, wer was erben soll.
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Seinen Nachlass einem guten Zweck zu widmen, können sich laut einer Umfrage des Linzer Market-Instituts acht Prozent der Über-40-jährigen Österreicher vorstellen. Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verbands Austria (FVA) ist überzeugt: "Immer mehr Menschen überlegen, einen Teil ihres Nachlasses gemeinnützigen Organisationen zu hinterlassen, wissen aber nicht wie." Der Verband hat daher die Kampagne "Vergissmeinnicht.at" gestartet, um die Menschen darüber zu informieren, wie sie "über das Leben hinaus in Erinnerung bleiben können". Durch eine Kooperation mit der Notariatskammer wird auch über die rechtlichen Rahmenbedingungen des Vererbens informiert.

28 Organisationen beteiligen sich an der Initiative, darunter auch die SOS-Kinderdörfer. Für sie stellen Nachlässe schon jetzt eine wesentliche finanzielle Säule dar: Sieben bis acht Millionen Euro, etwa 25 Prozent der Einnahmen, erben die SOS-Kinderdörfer jährlich, sagt Clemens Klingan, Leiter der Abteilung Private Förderer & Partner. "Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Menschen, die keine eigenen Kinder haben oder haben konnten", erklärt Klingan. Im Gegenzug übernimmt der Verein für die oft völlig alleinstehenden Personen die Räumung der Wohnung und die Betreuung der Grabstätten.

Testament-Spenden sind für Organisationen nicht planbar

Oft gibt es in Non-Profit-Organisationen eigene Mitarbeiter oder Abteilungen, die sich um Testamente kümmern. So auch im Wiener Landesverband des Roten Kreuzes. Robert Horacek, Stellvertreter des Landesgeschäftsleiters und seit zehn Jahren Betreuer von Legaten und Verlassenschaften, beschreibt den typischen Spender: "Für viele ist es die letzte gute Tat oder sozusagen die letzte Mitgliedszahlung. Sie haben ein Leben lang an diverse Organisationen gespendet und wollen auch nach ihrem Tod etwas für Tiere, Umwelt und Menschen tun." Sehr viele sind alleinstehend oder haben nur entfernte Verwandte. Die Einkünfte aus Erbschaften sind für das Rote Kreuz jedoch nicht planbar. Sie werden deshalb für Leistungen, die über das normale Angebot hinausgehen, verwendet, etwa für Spontanhilfefonds.

Auch bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace sind Zuwendungen aus Erbschaften unberechenbar, sie bewegen sich laut Abteilungsleiterin Petra Taylor im einstelligen Prozentbereich: "Das Interesse an dem Thema ist sehr unterschiedlich und ändert sich von Jahr zu Jahr."

Robert Horacek fürchtet, dass diese Art der Spende in Zukunft eher zurückgeht als steigt: "Derzeit stirbt eine Generation, die ein Leben lang gespart hat. Spätere Jahrgänge sind da nicht mehr so." Durch die Info-Kampagne hofft man, mehr Menschen anzusprechen, die auch Hilfsorganisationen im Testament berücksichtigen wollen.

Die einfachste Möglichkeit, ein Testament zu erstellen, ist, eines handschriftlich zu verfassen und einem Notar vorzulegen. Dieser prüft es und meldet es im Zentralen Testamentsregister der Österreichischen Notariatskammer. Die Registrierung garantiert, dass das Testament nicht einfach verschwinden kann. Der Kostenpunkt für ein Testament liegt laut dem Wiener Notar Helfried Stockinger bei mindestens 200 Euro.

Der Gesellschaft etwas zurückgeben

Es kann verschiedene Gründe dafür geben, warum jemand in seinem Testament eine gemeinnützige Organisation berücksichtigen will. Laut Market-Institut wollen 38 Prozent nach ihrem Ableben etwas Gutes tun. Jeweils um die zehn Prozent haben einen persönlichen Bezug zur Organisation oder haben schon einmal selbst von ihr Hilfe erhalten und wollen sich auf diese Art bedanken. Lutschinger: "Die Testamentsgeber wollen sicherstellen, dass auch nach ihrem Leben die Anliegen, die ihnen schon zu Lebzeiten wichtig waren, weiter sichergestellt werden und sie der Gesellschaft etwas zurückgeben können."

Jeder Siebente will seinen Nachlass spenden, weil er keine Familie hat. Denn wenn im Testament keine Erben vorgesehen sind und keine nahen Verwandten, die Anspruch auf einen Pflichtanteil haben, zu finden sind, fällt der Nachlass an den Staat. Jährlich fließen bis zu acht Millionen Euro auf diese Weise ins Staatsbudget.

www.vergissmeinnicht.at