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OGH: Republik haftet für AMIS-Anlegerschäden

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Staat hat in Vergleichen bereits 28,6 Millionen Euro an Anleger ausbezahlt.


Wien.Es ist ein Urteil, das der Republik Österreich noch viel Kopfzerbrechen und - vor allem - hohe Kosten bescheren könnte. In einem vom Grazer Anlegeranwalt Harald Christandl und von Rechtsanwalt Benedikt Wallner geführten Musterverfahren gegen die Republik Österreich hat der Oberste Gerichtshof (OGH) nun rechtskräftig bestätigt, dass die Republik für Schäden von Anlegern haftet, die dem Betrugssystem um die Wertpapierfirma AMIS zum Opfer gefallen sind.

Die Republik hafte den Klägern für jenen Schaden, "den diese nach dem 1. 1. 2002 aufgrund der unzureichenden Aufsichtstätigkeit der Bundes-Wertpapieraufsichtsbehörde beziehungsweise der Finanzmarktaufsichtsbehörde dadurch erleiden", dass ihre Forderungen im AMIS-Konkursverfahren nicht zur Gänze befriedigt werden, heißt es im Urteil, das der "Wiener Zeitung" vorliegt.

AMIS hat - wie mittlerweile bekannt - Kundengelder nur kurzfristig veranlagt und diese dann durch unerlaubte Entnahmen den Fonds teilweise wieder entzogen. Im Strafurteil gegen die früheren Masterminds Ende 2007 ist die Rede von einer "wiederkehrenden Begehung der schweren Betrugshandlungen" von März 1999 bis Sommer 2005. Bereits bei der Konzessionierung hatte es Probleme gegeben. Auch später gab es immer wieder Warnsignale. Eine vordergründige Umstellung des Depot-Systems durch die Einschaltung eines internen Treuhänders ab Jänner 2002 habe laut OGH das Risiko nicht verringert, da dieser "mit den Verantwortlichen von AMIS personell verflochten war." Das sei für die Aufsichtsbehörde auch erkennbar gewesen. "Dieser Frage trotz der Häufung von problematischen Umständen nicht nachgegangen zu sein, (...) ist den Aufsichtsorganen als rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen", urteilt der OGH.

Urteil mit Breitenwirkung?

Im Unterschied zu den Urteilen der vorigen Instanzen sieht der OGH nicht mit ausreichender Sicherheit bestätigt, dass die Haftung der Republik schon für Schäden ab 1999 bestehen muss. Christandl geht im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" dennoch davon aus, dass das Urteil die Republik "sehr viel Geld kosten" wird. Diese hat - vertreten durch die Finanzprokuratur - bereits in den vergangenen Monaten zahlreiche Vergleiche mit geschädigten AMIS-Anlegern abgeschlossen. Insgesamt seien rund 28,6 Millionen Euro ausbezahlt worden, sagte Präsident Wolfgang Peschorn am Donnerstag zur Austria Presseagentur. Insgesamt wurden mehr als 15.000 Kunden der AMIS-Gruppe um mehr als 64 Millionen Euro geschädigt. Christandl sieht außerdem eine weitreichende Wirkung des OGH-Urteils: Dieses werde "selbstverständlich auch Auswirkungen auf ähnlich gelagerte Fälle - etwa AvW - haben".