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Kopfgeld für IT-Experten

Von Kornelia Kopf

Wirtschaft

Der Bedarf an Headhuntern lässt die Gehälter der Techniker weiter steigen.


Wien. Die Not war groß: 10.000 Euro Kopfgeld oder ein iPad bot die deutsche Software-Firma Tradesignal im Juni für die Vermittlung neuer Mitarbeiter. Trotz des hohen Einsatzes brachte die Kampagne keinen Erfolg - die beiden Bewerber, die in die engere Wahl gekommen waren, nahmen schließlich andere Angebote an.

10.000 Euro Prämie für einen Programmierer setzte eine deutsche Software-Firma aus.
© tradesignal

So wie Tradesignal sind in Deutschland viele Firmen auf der Suche nach IT-Experten: Nach Angaben des VDI (Verband Deutscher Ingenieure) waren im Dezember 2011 mehr als 30.000 Stellen unbesetzt. Auch in Österreich könne man davon ausgehen, dass "ein paar tausend IT-Spezialisten fehlen", sagt Klaus Veselko, Sprecher des Verbands der österreichischen Softwareindustrie (VÖSI), der etwa 50 große und mittlere Firmen repräsentiert, die zusammen 15.000 Mitarbeiter beschäftigen.

Eine Kopfgeld-Aktion wie jene in Deutschland habe es in Österreich noch nicht gegeben, aber der Druck auf die Unternehmen sei spürbar, und die Kreativität bei der Rekrutierung steige, berichtet Veselko.

Eine Entspannung auf dem Arbeitskräftemarkt sei nicht in Sicht, denn der Bedarf an IT-Fachkräften wird weiter steigen: Einerseits sei das Wachstum in der Branche ungebremst, meint Veselko. Andererseits zeigt eine Studie im Auftrag der VÖSI, dass mehr als 65 Prozent der Beschäftigten in der Branche über 40 Jahre alt seien und in etwa zehn Jahren rund zehn Prozent der IT-Fachkräfte in Pension gehen werden.

Walter Hanus, Geschäftsführer des Technologie-Dienstleisters IVM Technical Consultants, zählt derzeit 90 offene Positionen: "Die werden wir nur mit Mühe besetzen können, manche davon gar nicht." Obwohl der Betrieb mit über 250 Mitarbeitern sich bemüht, attraktiv zu sein: Flache Hierarchien und berufsbegleitendem Lernen sind da Voraussetzung. Denn "Die neue Generation ist viel freier. Sie wollen Spaß an der Arbeit haben. Wenn sie den nicht finden, gehen sie wieder", beobachtet Hanus.

Nur teilweise können die Lücken mit Fachkräften aus Spanien, Osteuropa, Indien oder China gefüllt werden. Wegen des Mitarbeitermangels komme es vor, dass Anfragen von Kunden nicht erfüllt werden können, berichtet Hanus. Würden mehr Entwickler und Techniker ausgebildet, ist der österreichische Software-Verband überzeugt, käme das dem Wachstum der Branche exponentiell zugute. Und das wäre keine Kleinigkeit: Die IT-Branche ist in Österreich ein Wirtschaftszweig, der bisher umsatzmäßig ebenso groß ist wie der Tourismus.

"Beruf nicht so angesehen wie Ärzte oder Juristen"

"Seit es den VÖSI gibt (seit 1985, Anm.), haben wir darauf hingewiesen, dass es zu einem Fachkräftemangel kommen wird", betont Veselko, der auch Geschäftsführer von Software Quality Lab ist. Als Beruf sei Software-Techniker nicht so angesehen wie Arzt oder Jurist: "Man sollte das ändern und der Gesellschaft klarmachen, wie wichtig Kommunikationstechnik ist." Und wie lukrativ: In der IT-Branche kommt man - auf das Lebenseinkommen berechnet - auf ähnliche Summen wie in Medizin und Recht.

Eine verbreitete Möglichkeit, gute Mitarbeiter zu finden, sind Headhunter. Alfred Hiermann von der Software AG hat mit deren Einsatz positive Erfahrungen gemacht, vor allem, wenn es um sehr spezifische Anforderungen geht. Veselko räumt jedoch ein: "Headhunter führen dazu, dass die Gehälter stark ansteigen, und das macht der gesamten Software-Industrie zu schaffen."

Glück mit seinem Standort in Eisenstadt hat Günther Lang von DemandGen Austria, die Marketing- und CRM-Systeme in Firmen installiert: Er rekrutiert Fachkräfte, die nicht nach Wien pendeln wollen, aus den umliegenden HTLs und der nahen Fachhochschule. Doch auch Lang rechnet damit, dass sich die Mitarbeitersuche in Zukunft schwieriger gestalten wird: "Wir wachsen gerade und brauchen demnächst Führungskräfte. Dann werden wir sicher länger suchen müssen."