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Neue Anklage gegen AvW-Chef Auer-Welsbach

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Ex-AvW-Zampano soll 59,88 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben.


Klagenfurt/Graz. "Auch betrügerisch erzielte gewerbliche Einkünfte unterliegen der Einkommensbesteuerung" - im Fall AvW der Körperschaftssteuer. Thomas Liensberger, aktführender Strafverfolger der Klagenfurter Staatsanwaltschaft rund um das 350-Millionen-Euro-Genussscheinkarussell AvW, hat eine weitere Anklage gegen den Ex-Finanzjongleur Wolfgang Auer-Welsbach zu Papier gebracht. Zwar muss sich Auer-Welsbach, der Ende Jänner 2011 zu acht Jahren Haft wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges verurteilt worden ist, schon am 11. September einem Finanzstrafprozess im Zusammenhang mit seinen Liechtensteiner Stiftungen Menoris und Sidonia stellen; Auer-Welsbach hatte sich selbst angezeigt. Doch nun hat Liensberger nachgelegt. Im Mittelpunkt der Anklage steht die Versiebenfachung (Genussscheinsplit) der AvW-Genussscheine auf 420.000 Stück im Jahr 1999; davon hatte Auer-Welsbach sich selbst - und nicht den Altanlegern - 360.000 Stück zu je einem Euro zugeteilt. Im Oktober 2000 verkaufte er diese Genussscheine an AvW und diese veräußerte die Wertpapiere an externe Anleger.

"Die von der AvW Invest und der AvW Gruppe erzielten Einkünfte daraus erklärte AvW-Chef Wolfgang Auer-Welsbach den Finanzbehörden vorsätzlich nicht und bewirkte dadurch in den Jahren 2000 bis 2007 eine Verkürzung der Körperschaftssteuer von insgesamt 59,882 Millionen Euro", heißt es in der Anklage. Der sogenannte strafbemessende Betrag liegt bei knapp 213 Millionen Euro. In den Bilanzen soll "der Eingang der Kundenzahlungen zunächst erfolgswirksam als ’Erlös aus Genussscheinverkauf‘ verbucht, zum Jahresende aber erfolgsneutral über das Verrechnungskonto ’Emission Genussschein‘ wieder umgebucht worden sein", behauptet der Staatsanwalt. Er stützt sich auf die Expertise des Sachverständigen Fritz Kleiner und auf den Abschlussbericht der Großbetriebsprüfung Klagenfurt.

Auer-Welsbach drohen laut Staatsanwalt Helmut Jamnig bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe sowie eine Geldstrafe in Höhe des Dreifaches des hinterzogenen Betrages - maximal 176,64 Millionen Euro. Die Geldstrafe kann im Fall der Uneinbringlichkeit in eine Ersatzfreiheitsstrafe umgewandelt werden. Detail am Rande: Über das Vermögen von Auer-Welsbach ist ein Schuldenregulierungsverfahren (Privatkonkurs) anhängig.

Anklage nicht rechtswirksam

Doch die Anklage ist noch nicht rechtswirksam, der Ball liegt jetzt beim Oberlandesgericht (OLG) Graz. Denn: Verteidiger Franz Großmann hat Einspruch gegen die Anklage erhoben.

"Wir werden nichts unversucht lassen", sagt Großmann zur "Wiener Zeitung". Und er schließt den Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht aus. Begründung: Sein Mandant sei im Hauptprozess 2011 schon wegen schweren Betruges im Zusammenhang mit dem Aktiensplit verurteilt worden. "Nun verbietet jedoch die Strafprozessverordnung eine neuerliche Verfolgung desselben Verdächtigen wegen derselben Tat nach rechtskräftiger Beendigung eines Strafverfahrens", kontert Großmann. Auch die Menschenrechtskonvention verbiete eine Doppelbestrafung. Er beantragte die Einstellung des Verfahrens.

Rechtlich zwei Paar Schuhe?

Helmut Jamnig, Sprecher der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, sieht das ganz anders. "Die finanzstrafrechtliche Verfolgung und die allgemeine Strafverfolgung sind zwei Paar Schuhe und bestehen nebeneinander unabhängig", sagt Jamnig. "Würde das nicht so sein, würde ein krimineller Geschäftsmann bevorzugt werden, wenn er das, was er aus kriminellen Handlungen lukriert, nicht versteuern müsste." Dass es auch andere Rechtsansichten gibt, verhehlt er nicht, aber nun sei erst einmal das OLG Graz am Zug.

Indes soll sich Auer-Welsbach laut Staatsanwalt zum mutmaßlichen Tatbild der Abgabenhinterziehung geständig gezeigt haben. Auer-Welsbach will sich aber in Sachen Versteuerung des Genussscheinhandels auf seine Berater verlassen haben. Zitat in der Anklage: "Ich kenne mich in diesen Sachen nicht aus. Ich hatte Wirtschaftsprüfer. Was diese machten, daran habe ich mich gehalten."