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Meinl-Krimi: Dubioser Brief an den Strafgutachter

Von Kid Möchel

Wirtschaft
Meinl Bank "klärt Gutachter über Konsequenzen etwaiger Fehler auf".

Martin Geyer wird von Meinl Bank über die Folgen etwaiger Fehler "aufgeklärt".


Wien. Das groß angelegte Strafverfahren wegen Verdachts des Betruges gegen Julius Meinl und Verantwortliche der Meinl Bank - die Vorwürfe werden bestritten - wird in die Justizgeschichte eingehen. Der Wahlösterreicher und britische Staatsbürger Julius Lindbergh Meinl V., kolportiertes Vermögen rund zwei Milliarden Euro, will anscheinend aus dem Ermittlungsverfahren rund um die mutmaßlich verheimlichten Zertifikatsrückkäufe bei der Meinl European Land (MEL) eine Staatsaffäre machen. Laut Austria Presse Agentur hat Meinls britischer Anwalt den Außenminister Ihrer Majestät aufgefordert, gegen die angeblich "harsche und unfaire Behandlung Meinls durch die österreichischen Behörden einzuschreiten, die auch mit Meinls Nationalität und seinem jüdischem Familienhintergrund zu tun habe". Schon im Juli haben Meinl und seine Bank den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angerufen, weil unter anderem die 100-Millionen-Euro-Kaution und die lange Verfahrensdauer mit einem fairen Verfahren nicht vereinbar sei. Auch sei bei der Beschlagnahme von Unterlagen in der Meinl Bank das Recht auf Privatsphäre verletzt worden.

Indes ist Meinl-Bank-Vorstand Peter Weinzierl, der alle Vorwürfe bestreitet, in Sachen Verteidigungsstrategie mitunter gar nicht zimperlich. Das Verfahren wurde als "staatsanwaltliche Farce" und "Justizfarce" bezeichnet, und einem der Ankläger wurden "Rechtsbrüche und Vorverurteilungen" unterstellt. Für gerichtlich beeidete Sachverständige hat die Meinl-Seite anscheinend ein besonderes Faible. Thomas Havranek, der erste Strafgutachter im Meinl-Verfahren, wurde sogar auf zehn Millionen Euro Schadenersatz geklagt.

Filmreifer Vorgang

Jetzt hat die Meinl Bank den neuen Sachverständigen Martin Geyer, der sich nicht nur im Libro-Strafverfahren einen Namen gemacht hat, ins Visier genommen. Zuerst wurde ein Einwand gegen dessen Bestellung deponiert, die Staatsanwaltschaft lehnt diesen ab.

Am 8. August 2012 schrieb die Meinl Bank an Gutachter Geyer einen Brief, dessen eigenartiger Inhalt viel Raum für rechtliche Interpretation lässt. Das Schreiben (siehe Faksimile) liegt laut Staatsanwalt Thomas Vecsey derzeit bei der Oberstaatsanwaltschaft, die über die weitere rechtliche Vorgangsweise entscheiden wird. Und Geyer sagt nur knapp: "Kein Kommentar." Die Privatbank hat Geyer darin aufgefordert, binnen acht Tagen "die konkrete Höhe seines Versicherungsschutzes im gegenständlichen Verfahren und seines Versicherers bekannt zu geben". Im zweiten Absatz erklärt der Autor dem erfahrenen Experten Geyer die mutmaßliche Stoßrichtung der Bank: "Ein Sachverständiger haftet allen Verfahrensbeteiligten persönlich und uneingeschränkt für jedweden Schaden, der durch ein fehlerhaftes Gutachten entsteht." Dann werden drohende Ersatzansprüche aufgezählt: allfällige Ruf- und Kreditschäden, Verdienstentgang und Kosten für Privatgutachten. Ein Wink mit dem Zaunpfahl?

"Das Schreiben der Bank ist im Gegensatz zu den von Ihnen zitierten Unterstellungen im Sinne des Rechtsstaats, ja es dient der Informationsfindung, ob dessen Regeln vom Gutachter eingehalten werden", behauptet Meinl-Sprecher Thomas Huemer. "Es dient der Frage, ob sich der Gutachter in Sachen Versicherungsschutz auf dem Boden des Rechtsstaats bewegt."