Wien.
Indes ist Meinl-Bank-Vorstand Peter Weinzierl, der alle Vorwürfe bestreitet, in Sachen Verteidigungsstrategie mitunter gar nicht zimperlich. Das Verfahren wurde als "staatsanwaltliche Farce" und "Justizfarce" bezeichnet, und einem der Ankläger wurden "Rechtsbrüche und Vorverurteilungen" unterstellt. Für gerichtlich beeidete Sachverständige hat die Meinl-Seite anscheinend ein besonderes Faible. Thomas Havranek, der erste Strafgutachter im Meinl-Verfahren, wurde sogar auf zehn Millionen Euro Schadenersatz geklagt.
Filmreifer Vorgang
Jetzt hat die Meinl Bank den neuen Sachverständigen Martin Geyer, der sich nicht nur im Libro-Strafverfahren einen Namen gemacht hat, ins Visier genommen. Zuerst wurde ein Einwand gegen dessen Bestellung deponiert, die Staatsanwaltschaft lehnt diesen ab.
Am 8. August 2012 schrieb die Meinl Bank an Gutachter Geyer einen Brief, dessen eigenartiger Inhalt viel Raum für rechtliche Interpretation lässt. Das Schreiben (siehe Faksimile) liegt laut Staatsanwalt Thomas Vecsey derzeit bei der Oberstaatsanwaltschaft, die über die weitere rechtliche Vorgangsweise entscheiden wird. Und Geyer sagt nur knapp: "Kein Kommentar." Die Privatbank hat Geyer darin aufgefordert, binnen acht Tagen "die konkrete Höhe seines Versicherungsschutzes im gegenständlichen Verfahren und seines Versicherers bekannt zu geben". Im zweiten Absatz erklärt der Autor dem erfahrenen Experten Geyer die mutmaßliche Stoßrichtung der Bank: "Ein Sachverständiger haftet allen Verfahrensbeteiligten persönlich und uneingeschränkt für jedweden Schaden, der durch ein fehlerhaftes Gutachten entsteht." Dann werden drohende Ersatzansprüche aufgezählt: allfällige Ruf- und Kreditschäden, Verdienstentgang und Kosten für Privatgutachten. Ein Wink mit dem Zaunpfahl?
"Das Schreiben der Bank ist im Gegensatz zu den von Ihnen zitierten Unterstellungen im Sinne des Rechtsstaats, ja es dient der Informationsfindung, ob dessen Regeln vom Gutachter eingehalten werden", behauptet Meinl-Sprecher Thomas Huemer. "Es dient der Frage, ob sich der Gutachter in Sachen Versicherungsschutz auf dem Boden des Rechtsstaats bewegt."