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VKI punktet vor Gericht gegen Finanzvertrieb AWD

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Obergericht folgt Rechtsansicht der Konsumentenschützer, nun OGH am Zug.


Wien. Der Finanzvertrieb AWD ist die jüngste unter den Konzerngesellschaften der Swiss-Life-Gruppe (8,19 Milliarden Euro Bruttoprämienumsatz, 439,74 Millionen Euro Betriebsgewinn), aber das Sorgenkind. Der Provisionsertrag der deutschen AWD Holding sank im ersten Halbjahr 2012 um mehr als 18 Prozent auf 229,07 Millionen Euro, das Ergebnis auf fünf Millionen Euro. Die Österreich-Tochter des AWD musste einen Umsatzrückgang von etwa 14 Prozent auf 25,98 Millionen Euro hinnehmen; beim Betriebsergebnis konnte aber mit 1,92 Millionen Euro eine positive Trendumkehr herbeigeführt werden. Doch im Ergebnis sind die Einmaleffekte nicht berücksichtigt. Zu diesen zählen die Kosten von Rechtsstreitigkeiten.

Harte Zeiten

Hierzulande wurde der AWD wegen des Vertriebs von Immoeast- und Immofinanz-Aktien mit Klagen eingedeckt. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) um Peter Kolba hat fünf Sammelklagen für rund 2500 Anleger eingebracht. Streitwert: 40 Millionen Euro. Seit Juni 2009 sind die Verfahren beim Handelsgericht Wien anhängig, doch inhaltlich ging nichts weiter. Denn der AWD matcht sich mit dem VKI bisher nur auf formalrechtlicher Ebene. Zuerst wurde die Zulässigkeit der Sammelklagen bestritten, dann wurde dem VKI die Klagslegitimation abgesprochen. Denn die Konsumentenschützer lassen die Sammelklagen vom deutschen Prozessfinanzierer Foris finanzieren, der "am allenfalls ersiegten Betrag einen quotenmäßigen Anteil" erhält. Zugleich haben die Anleger ihre Ansprüche gegen den AWD an den VKI in Form einer Inkassozession abgetreten. Der VKI bekam in erster Instanz recht. Der AWD legte Berufung ein, hat aber vor dem Oberlandesgericht (OLG) Wien eine Schlappe erlitten. "Die Abtretung von Ansprüchen zur klagsweisen Geltendmachung im Sinne einer Inkassozession ist kein vom Gesetz verpöntes Rechtsgeschäft, sondern ein vom Gesetzgeber ausdrücklich als zulässig erachtetes und hinsichtlich der Revisionszulässigkeit privilegiertes Instrument des Verbraucherschutzes", urteilte OLG-Richter Gerhard Jelinek. Auch bestehe die Streitanteilsvereinbarung zwischen dem Anleger und dem Prozessfinanzierer. Und dieser sei - im Gegensatz zur Ansicht des AWD - auch kein Rechtsfreund, sprich Rechtsanwalt, und unterliege nicht den standesrechtlichen Regelungen der Anwälte. Dazu muss man wissen, dass Anwälten eine Erfolgsbeteiligung verboten ist. Zu den drei Hauptfeststellungen des OLG Wien gibt es noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs (OGH), daher wird der AWD die Möglichkeit der ordentlichen Revision beim OGH nutzen.

"Zwei Instanzen haben jetzt gesagt, das ist so. Wir gehen davon aus, dass der OGH in unserem Sinn entscheidet", sagt Kolba. "Das Ganze hat uns aber eineinhalb Jahre Verfahrenverzögerung gekostet, das ist nichts anderes als eine Verzögerungstaktik. Nach der OGH-Entscheidung werden die Karten neu gemischt." Kolba rechnet vor, dass eine außergerichtliche Bereinigung den AWD nur einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag kosten würde. AWD-Sprecher Hansjörg Nagelschmidt sagt zum Thema Pauschallösung: "Derzeit ist es so, wie es ist, aber es ist nicht auszuschließen, dass es irgendwann Gespräche geben wird."