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Anlegerklagen: Immofinanz droht ein heißer Herbst

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Vorwürfe werden heftig bestritten.


Wien. Die mutmaßlichen Malversationen bei der früheren Constantia Privatbank (heute: Aviso Zeta), bei Immofinanz und Immoeast in der Ära von Karl Petrikovics haben zum bisher größten Anleger-Sammelverfahren der Wiener Justizgeschichte geführt. Das Handelsgericht hat 160 Schadenersatzverfahren von 3500 Anlegern, die vom Prozessfinanzierer AdvoFin und der Anwaltskanzlei Friedrich Schubert vertreten werden, zu einem Großverfahren (Aktenzahl 49 Cg 173/11z) gebündelt. Streitwert: 201,112 Millionen Euro. "Die Beklagten haben sich gegen die Zusammenlegung gewehrt", sagt AdvoFin-Chef Franz Kallinger.

Zugleich hat der Richter Klägern und Beklagten aufgetragen, detaillierte Schriftsätze zum Sachverhalt einzubringen. Diese Schriftsätze (1248 Seiten) liegen dem Gericht jetzt vor. Alleine 243 Seiten umfasst das Werk von AdvoFin-Anwalt Schubert. "Es geht im Verfahren um Kursmanipulation, falsche, unvollständige und nicht erfolgte Kapitalmarktinformationen, eine Entreicherung von Immofinanz und Immoeast und um Mittelfehlverwendung", sagt Klaus Gossi von der Kanzlei Schubert zur "Wiener Zeitung". Indes hat Immofinanz-Anwalt Bernhard Rieder (Kanzlei Dorda, Brugger, Jordis) "eine mündliche Verhandlung zur Erörterung der Zulässigkeit des Schriftsatzes der Kläger und des Prozessprogrammes" beantragt.

Laut AdvoFin-Anwalt Gossi sollen Constantia Privatbank, Immofinanz und Immoeast von 2004 bis 2008 "den Kurs der Aktien der Immofinanz und Immoeast-Aktien gemeinschaftlich manipuliert und beeinflusst" haben. Neben Aktienrückkäufen bei schlechter Marktlage soll die Privatbank Verkaufsorders von Kundendepots nicht an die Börse weitergeleitet, sondern diese Aktien selbst oder mit Töchtern übernommen haben.

"Dadurch wurde die Kurse künstlich zulasten der Investoren in die Höhe getrieben, welche weit überhöhte Erwerbspreise für die Aktien bezahlten und schließlich erhebliche Verluste erlitten", heißt es im Schriftsatz. Auch sei der hohe innere Wert (Net Asset Value) von Immofinanz und Immoeast, der vielen Anlegern als Kaufkriterium diente, durch Wertevernichtung um 55 Prozent bzw. 31 Prozent geschmälert worden. Laut Gossi seien die Gesellschaften massiv "entreichert" worden.

Vorwürfe bestritten

"Überhöhte Gebühren, Gebühren auf Fondsveranlagungen, überteuerte Immobilienkäufe, die Abwertung diverser Fondsbeteiligungen und der entgangene Ertrag von Alternativveranlagungen sollen insgesamt 1,668 Milliarden Euro Vermögensschmälerung bei der Immofinanz verursacht haben, bei der Immoeast "nur" 1,147 Milliarden. Die Anleger wollen ihr investiertes Geld zurück.

Indes weisen die drei Anwaltskanzleien der Immofinanz-Tochter Aviso Zeta und die Anwälte der Immofinanz alle Vorwürfe zurück. Auch den Vorwurf, dass die Verflechtungen zwischen der Privatbank, Immofinanz und Immoeast "notwendige Voraussetzungen für einen späteren groß angelegten Anlegerbetrug" gewesen seien, stellt Rieder in Abrede.

Fakt ist: Finanzzampano Karl Petrikovics - er bestreitet die Vorwürfe - war in allen drei Aktiengesellschaften Vorstand und hatte das Sagen. "Die Kläger versuchen Aviso Zeta und Immofinanz für jene Verluste verantwortlich zu machen, die ihnen aufgrund der Weltwirtschaftskrise 2008 entstanden sind", kontert der Immofinanz-Anwalt. "Weder Immofinanz noch Immoeast waren in einen Anlegerbetrug verwickelt." Kursmanipulationen hätten nicht stattgefunden. Er führt dazu vier Gutachten von gerichtlich bestellten Sachverständigen ins Feld. "Wäre das Vorbringen der Anleger zutreffend, wären Immofinanz und Immoeast zweifellos die Geschädigten", heißt es weiter. "Den Klägern kann denkunmöglich ein Schaden aus personellen Verflechtungen entstanden sein."