Wien. (kle) Österreichs oberster Gewerkschafter stößt sich daran, dass man die Lohnverhandlungen bei den Metallern heuer mit jedem der sechs Fachverbände gesondert führen muss. "Dieses Aufdröseln ist ein Rückschritt", kritisiert ÖGB-Präsident Erich Foglar. Offenbar wolle die Arbeitgeberseite so "die Macht der Gewerkschaft brechen" und erreichen, "dass es billiger wird". Ob diese Rechnung aufgehen wird? Dazu sagt Foglar nur: "Für uns ist das Entscheidende ein einheitlicher KV-Abschluss und ein gutes Ergebnis."
Geht es nach Foglar, sollte es auch in Zukunft einen gemeinsamen Lohn- und Gehaltskollektivvertrag für die Metallindustrie geben. Ein Aufsplitten in sechs Verträge wäre schlecht.
Ein gemeinsamer KV bedeute freilich nicht, dass es nicht auch in den jeweiligen Branchen zu unterschiedlichen Lohnsteigerungen kommen kann. Schon bisher habe es etwa flexible Ist-Lohnerhöhungen und von der Höhe des Betriebsgewinns abhängige Einmalzahlungen gegeben (Letzteres beispielsweise bei Böhler).
"Unterschiedliche Lohnniveaus zwischen den Fachverbänden und Regionen sind da und bleiben da", so Foglar am Mittwoch im Klub der Wirtschaftspublizisten. Daher geht es den Gewerkschaftern bei den nun anstehenden Verhandlungen - am 19. September werden den Arbeitgebern die Forderungen überreicht - nicht darum, diese Unterschiede innerhalb der einzelnen Metaller-Branchen wegzubringen, sondern um einheitliche Mindestlöhne und Arbeitsbedingungen, aber auch um die Erhaltung der Kaufkraft durch Ist-Lohnerhöhungen.
Abschluss oberhalb oder unterhalb der Inflationsrate?
Basis für die heurige Lohnrunde ist eine Inflationsrate von 2,8 Prozent (Durchschnittswert der vergangenen zwölf Monate). Ob die Arbeitgeber einen Lohnabschluss unter der Inflationsrate anpeilen, lässt der Fachverband Maschinen- und Metallindustrie (FMMI), der größte der sechs Branchenverbände, vorerst offen. Auch die Gewerkschaft hält sich zu konkreten Zahlen bedeckt. Klar ist lediglich, dass sie mehr als 2,8 Prozent anstrebt.
Ob das die Konjunktur hergibt? Eine neue Studie, die der FMMI bei Eco Austria und dem Industriewissenschaftlichen Institut in Auftrag gegeben hat, bescheinigt der österreichischen Metallindustrie derzeit jedenfalls noch ein sehr gutes Standing. Die Situation sei "besser als oft dargestellt", so Ulrich Schuh, einer der Studienautoren. Die Gesamtbranche müsse sich nun aber auf wirtschaftliche Stagnation einstellen, ein Auftragsrückgang drohe.
Der FMMI vertritt ungefähr ein Viertel aller Industriebetriebe in Österreich und hat einen Produktionswert von 33 Milliarden Euro. Die Wertschöpfung lag zuletzt bei 13 Milliarden Euro. 80 Prozent der insgesamt 1200 Unternehmen sind Familienbetriebe, für sie arbeiten rund 120.000 Beschäftigte. In Summe zählt die heimische Metallindustrie etwa 180.000 Arbeitnehmer.
Sozialjahr: Foglar ist für "klare Arbeitsverhältnisse"
Kurz zurück zu Foglar: Was die politische Debatte um die Aufhebung der Wehrpflicht und die Einführung eines Sozialjahres als Alternative zum Zivildienst betrifft, plädiert der ÖGB-Boss für "ordentliche Arbeitsverhältnisse auf Basis geltender Gesetze und Kollektivverträge".
Kein gutes Haar lässt Foglar an der Wirtschaftskammer. Bis dato sei diese nicht bereit gewesen, wie mit ihr 2011 vereinbart, ein Bonus-Malus-System für Betriebe zu entwickeln, damit ältere Mitarbeiter länger in Beschäftigung gehalten werden.