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AvW-Pleite: 70 Millionen im Topf

Von Kid Möchel

Wirtschaft

12.500 Geschädigte müssen weiterhin um Teilentschädigung bangen.


Klagenfurt. Die 12.500 geschädigten Anleger des bankrotten Schneeballsystems AvW von Wolfgang Auer-Welsbach müssen viel Geduld aufbringen. Vor wenigen Tagen haben die Masseverwalter Gerhard Brandl und Ernst Malleg ihren Verjährungsverzicht gegenüber den Anlegern bis Ende Oktober 2013 verlängert. Das ermöglicht Geschädigten weiterhin, Klagen zur Feststellung ihrer Forderungen einzubringen. Wie berichtet, haben die Genussscheininhaber rund 515 Millionen Euro Forderungen im Insolvenzverfahren der AvW Gruppe AG und 495 Millionen Euro bei der AvW Invest AG angemeldet. Die Masseverwalter bestreiten nach wie vor alle Ansprüche. Begründung: Das Genussscheinkapital sei Eigenkapital und damit keine normale Konkursforderung, sondern nachrangig.

Rund 1,1 Milliarden Euro

Zur Klärung der Causa haben Brandl und Malleg mit dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) drei Musterprozesse ausverhandelt, vier ungeplante Musterverfahren mit Anlegeranwälten kamen dazu. Doch von den sieben Musterklagen ruhen mittlerweile sechs, nur der Fall eines Anlegers, der über die Frankfurter Börse AvW-Genussscheine kaufte, wird bis zum Obersten Gerichtshof durchgefochten. In erster Instanz hat das Gericht dem Anleger recht gegeben. Seine Forderung (30.100 Euro) ist anzuerkennen.

"Wir führen derzeit nur den ‚Börsenfall‘ weiter, weil wir das wechselseitige Vorbringen dort so schlank gehalten haben, dass wir den Obersten Gerichtshof zwingen, zur insolvenzrechtlichen Qualifikation der Anlegerforderung Stellung zunehmen", sagt Brandl zur "Wiener Zeitung". Sollte der OGH in diesem Fall eine klare Aussage über Anlegerforderungen treffen, dürften die anderen Musterverfahren nur noch Formsache sein. Derzeit liegt der Ball beim Oberlandesgericht Graz, wo vor wenigen Tagen die Urteilsberufung der Masseverwalter eingelangt ist. Sie beantragten darin die Aufhebung des Urteils und die Abweisung der Klage.

"Die Schadenersatzansprüche der Genussscheininhaber sind gegenüber den Ansprüchen der sonstigen Gesellschaftsgläubiger nachrangig", heißt es in der Berufung. "Das Erstgericht habe versäumt, jene Argumente zu würdigen, die dafür sprechen, dass den Grundsätzen der Kapitalerhaltung Vorrang gegenüber kapitalmarktrechtlichen Schadenersatzansprüchen zukommt." Letztere Ansicht widerspricht aber der bisherigen OGH-Judikatur.

Mögliche fatale Folgen

Folgt man den Argumenten der Masseverwalter, könnten die Genussscheininhaber am Ende des Tages (fast) leer ausgehen. Denn in den beiden Massetöpfen sind laut Creditreform aktuell insgesamt 70,037 Millionen Euro Vermögen. Rund 58 Millionen Euro fordert die Finanz. Der Fall liegt derzeit beim Unabhängigen Verwaltungssenat. Zum Großteil geht es um Steuernachforderungen aus dem Genussscheinverkauf. Die Masseverwalter lehnen "diese Besteuerung eines Schneeballsystems" ab. Neben Lieferanten und Professionisten zählt aber auch die Finanz zu den sonstigen, sprich den normalen Konkursgläubigern. Im Ergebnis würde das heißen: Erst wenn diese Gläubiger ihr Geld aus dem Massetopf erhalten haben, wird der Rest, der übrig bleibt, an die 12.500 AvW-Anleger ausgeschüttet.

Kommt der OGH aber am Ende doch zum Schluss, dass die Anlegeransprüche normale Insolvenzforderungen sind, nehmen sie an der Quotenausschüttung teil. Ihre Gesamtforderungen werden sich schlussendlich bei 350 bis 400 Millionen Euro einpendeln. Wird die Forderung der Finanz aber schlagend, wird sie die Höhe der Quote deutlich schmälern.