Zum Hauptinhalt springen

Die neue Gründerzeit

Von Thomas Seifert

Wirtschaft

Cooles Unternehmertum, Gründer als Popstars - ein Szene-Überblick.


Wien. Der "Sektor5" im fünften Bezirk in Wien ist wieder einmal zum Bersten voll. Was der "Sektor5" ist, ist nicht so einfach zu beschreiben: ein Gemeinschaftsbüro, ein Café, ein Treffpunkt, so etwas wie ein Jugendzentrum für Nerds, die mit Laptop oder iPad auf den Kaffeehaus-Sesseln oder hinter ihren Schreibtischen sitzen? Hier treffen sich Nerds und Macher, Entrepreneure und Investoren - und ihre Bewunderer sind auch nicht weit.

Jeden zweiten Dienstag im Monat kommt hier die Szene zur "Start-Up-Lounge" zusammen, um Erfahrungen auszutauschen, zu diskutieren - und zum "Networking" bei Soletti, Bier und Erdnusslocken. Diskutiert wird: Ist Wien ein Start-Up-Hub, der international konkurrenzfähig ist? Bietet die Stadt die idealen Bedingungen für Jungunternehmer? Die Antwort der Gäste des Podiumgesprächs und der Diskutanten: ein vorsichtiges Ja. Von 29. bis 31. Oktober kann Wien allemal mithalten, denn da wird die Stadt zur Drehscheibe der internationalen Start-Up-Szene. Mehr als 2500 Jungunternehmer, Investoren und Journalisten treffen in der Hofburg zum Networking zusammen - es bewegt sich etwas.

Die "Schutzengel" der Szene

Tatsächlich: Die Bedingungen für Jungunternehmertum sind in Österreich gar nicht so schlecht, die Szene wächst. Sei es in Siegendorf im Burgenland, wo Hermann Gams und Harald Katzenschläger das Gelände einer alten Zuckerfabrik zu einem Gründerzentrum umfunktioniert haben, das sie hoffnungsfroh "Dreamicon Valley" nennen, oder in Salzburg, wo Romy Sigl im Gemeinschaftsbüro "CoWorking Salzburg" 35 Jungunternehmern Raum bietet. Die Wiener Szene ist unübersichtlich geworden: Einerseits gibt es eine Fülle von Gemeinschaftsbüros, neben dem "Sektor5" gibt es den "Hub" oder die "Schraubenfabrik", man findet Investoren, sogenannte Business-Angels, die den jungen Gründern nicht nur mit Kapital, sondern mit Know-how zur Seite stehen und sie auf ihrem schwierigen Weg begleiten. So wie Schutzengel eben, daher "Angel".

Gerade eben haben sich diese Schutzengel zur "Austrian Angel Investors Association" zusammengeschlossen. Zu diesen Engeln gehören in Wien etwa Selma Prodanovic, die seit Jahren Jungunternehmern - und vor allem Jungunternehmerinnen - hilft, ihre Ideen umzusetzen. Oder Hansi Hansmann, er ist so etwas wie der Doyen der Szene, der selbst bereits mehrere Unternehmen gegründet hat und heute vor allem Beteiligungen an Unternehmen im Gesundheitssektor hält.

In der Spengergasse im fünften Wiener Gemeindebezirk wiederum findet man eine ganze Reihe von Büros von Investoren, die unter "Speedinvest" oder "The Merger" firmieren. Diese Investoren stellen das Risikokapital für die jungen Unternehmen bereit und sammeln Geld bei risikofreudigen Investoren ein.

Das Ökosystem

Vlad Gozman wiederum ist so etwas wie der Motivator der Szene, der alle Jahre wieder Vorbilder der jungen Gründer zur "TEDx"-Konferenz nach Wien bringt. Das Konzept kommt aus dem Silicon Valley, gute Vortragende sollen mit der Präsentation ihrer Ideen und ihrer Erfindungen andere inspirieren und zum Nachahmen verleiten.

Am 3. November werden sich die Hacker und Nerds der Stadt im Odeon im zweiten Bezirk treffen, um von der Früh bis nach Einbruch der Dunkelheit 13 Medienkünstlern, Wissenschaftern und Programmierern zu lauschen.

Doch das Wichtigste für das Wachsen der Start-Up-Szene sei ein funktionierendes Ökosystem, das hört man immer wieder. Und mit Ökosystem ist in diesem Fall nicht der Regenwald oder ein Korallenriff gemeint, sondern all die Treffpunkte, Investoren, Business-Angels und Motivatoren. So ein Ökosystem ist langsam im Entstehen.

Pioneers-Festival

Wien wird 29. bis 31. Oktober zur Start-Up-Hauptstadt. Vier Tage lang dreht sich alles um die Internet-Branche, um Hi-Tech und Jungunternehmer.

Der Erfinder der Siri-Sprachsteuerungssoftware für das iPhone, Adam Cheyer, Matt Mullenweg, Erfinder der Blog-Software Wordpress, oder Investoren wie Esther Tyson sollen den Nachwuchs inspirieren. Vier Tage haben Jungunternehmer die Chance, mit ihren Vorbildern zu diskutieren und auch zu feiern. Denn wie es sich für die quirlige Branche gehört, sind den Teilnehmern Partys ebenso wichtig wie Paneldiskussionen.