Wien. Der Streit um die sogenannten Gegengeschäfte, die heimische Firmen mit dem Eurofighter-Hersteller abgewickelt haben, könnte auch an einer zweiten Front zu einem Fall für die Justiz werden. An der ersten, schon länger offenen Front geht es um die Korruptionsvorwürfe und angebliche Schmiergeldzahlungen rund um den Eurofighter-Deal.
An der zweiten Front geht es um die Frage, ob sich unter den 3,5 Milliarden Euro an Gegengeschäften, die in den vergangenen zehn Jahren zwischen heimischen Firmen und dem Eurofighter-Hersteller EADS mit Brief und Siegel abgeschlossen wurden, Scheingeschäfte verstecken. Sollte das der Fall sein, drohen Managern, die solche Deals unterschrieben haben, "strafrechtliche Folgen". Ein Jurist sieht in diesem Fall den Tatbestand des "Betrugs" gegeben und beziffert das Strafmaß mit "ein bis zehn Jahre Haft" (siehe unten) Auch Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, der damals die strafrechtliche Konsequenzen in die Unterlage extra hineingenommen hat, sagt: "Das ist kein Kavaliersdelikt."
Breitseite gegen den Wirtschaftsminister
Hintergrund der zweiten Front sind Aussagen führender Wirtschaftsbosse wie Frank Stronach und dem Industriellen und Hannes Androsch. Beide waren mit ihren Firmen Magna und dem Flugzeug-Zulieferer FACC in die Gegengeschäfte involviert; beide bestritten in den vergangenen Wochen wiederholt, dass es sich um lupenreine Gegengeschäfte gehandelt habe.
Magna-Gründer und Neo-Politiker Frank Stronach besteht bis heute darauf, Magna habe nicht vom Eurofighter-Deal profitiert; Androsch erklärte sinngemäß, die Geschäfte von FACC mit Airbus wären auch ohne den dahinterliegenden Eurofighter-Deal zustande gekommen. Gegengeschäfte bezeichnete er als "Märchen". Ein weiterer hochrangiger Industrieller aus dieser Zeit, der nicht genannt werden will, sagte der "Wiener Zeitung": "Das war eine Augenauswischerei, man hat halt mitgespielt. Es sind uns dadurch nie Türen geöffnet worden, das waren Jux-Anrechnungen."
Nach dieser Lesart hätten Bartenstein, sein Nachfolger Reinhold Mitterlehner und die zeichnungsberechtigten Manager bei den Gegengeschäften getrickst. Die Deals prüfen derzeit das Wirtschaftsministerium und Staatsanwaltschaft.
Sollten dabei Scheingeschäfte entdeckt werden, drohen Managern strafrechtlichen Konsequenzen, weil die Republik geschädigt wäre. Das Wirtschaftsministerium müsste aus Sicht des Juristen von sich aus bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstatten.
Manager stehen zu ihren Gegengeschäften
Sowohl bei Magna als auch bei FACC hat das Management aber keine Angst vor Anzeigen wegen Betrugs: "Das waren sehr gute Gegengeschäfte, die haben uns in eine neue Liga katapultiert. Das Geschäft mit dem A380 hätten wir ohne Unterstützung nicht bekommen", sagt der Vorstandsvorsitzende von FACC, Walter Stephan, zur "Wiener Zeitung". Stephan hat das Gegengeschäft selbst unterzeichnet, bei dem es um 400 Millionen Euro und Landeklappenteile für den Super-Jumbo A380 ging. Was sagt er zu Anddroschs "Märchen"-Vorwurf? "Das wundert mich ganz massiv. Da ist sicher stolz dabei, wenn er meint, das Geschäft hätten wir auch so bekommen."
Vor einer Anzeige wegen Betrugs fühlt er sich sicher. "Das ist alles nachvollziehbar." Die Staatsanwaltschaft sei bereits bei FACC gewesen, meint Stephan. Beim Zustandekommen der Gegengeschäfte hätte er mit EADS oder Airbus direkt zu tun gehabt und nicht mit einer Vermittlerfirma. Als solche soll "Vector Aerospace" aufgetreten sein; die Firma wird immer wieder im Zusammenhang mit mutmaßlichen Schmiergeldern genannt.
Auch bei Magna rechtfertigt man den Stempel unter dem Gegengeschäft und widerspricht damit Stronach. Man habe nie bestritten, dass es Gegengeschäfte gab, sagte eine Magna-Sprecherin in der "Kleinen Zeitung".
Kampf um die eigene Reputation
"Ich habe großen Wert auf den Passus mit den strafrechtlichen Folgen gelegt", sagt Martin Bartenstein, der von 2000 bis 2008 Wirtschaftsminister und damit für die Gegengeschäfte zuständig war. Nächstes Jahr scheidet er aus der Politik aus, jetzt verteidigt er sich: "Es ist schamhaft, dass die Herren jetzt nichts von den Gegengeschäften wissen wollen", sagt er und spielt auf Androsch und Stronach an.
Mitterlehner gibt ihm Schützenhilfe: "Die Herren, die jetzt alle im Nachhinein auftreten und vorher nichts gesagt haben, da ist mein Respekt nicht sehr groß."