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6000 Stiftungen in Vaduz

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Damit soll "Steuerbetrug-Tourismus" aus der Schweiz unterbunden werden.


Bald soll keine Straße mehr zur Steuerfreiheit führen...
© Foto: St9191 - Creative Commons

Wien. Bis Jänner soll ein Steuerabkommen mit Liechtenstein unter Dach und Fach sein - ähnlich der mit der Schweiz vereinbarten Regelung. Es geht dabei darum, von Österreichern in Liechtenstein gebunkertes (Schwarz-)Geld einer Abgeltungssteuer zu unterwerfen. Im Gegensatz zum Abkommen mit der Schweiz sollen bei Liechtenstein auch Stiftungen und Trusts unterworfen werden. Immerhin werden im benachbarten Fürstentum bis zu 6000 Stiftungen vermutet, die von Österreichern errichtet worden sind.

Derzeit laufen intensive Verhandlungen mit liechtensteinischen Vertretern im Finanzministerium in Wien, denn das Abkommen hat so seine Tücken. Liechtensteinische Stiftungen, die von Österreichern ganz offiziell errichtet werden, werden von Österreich mit einem Eingangssteuersatz von 25 Prozent belegt. Im Gegensatz zu 2,5 Prozent in Österreich. Denn zwischen den beiden Ländern gibt es kein sogenanntes "Amts- und Vollstreckungshilfeabkommen". Liechtenstein bezeichnet dies als Ungleichbehandlung und will das ändern.

Befürchtete Abwanderung

Ein solches Abkommen, das zusätzlich zum - auf Schwarzgeld zielendes - Steuerabkommen abgeschlossen werden müsste, wäre für Liechtenstein eine enorme Aufwertung. Der heimische Stiftungsverband und das Finanzministerium haben damit keine rechte Freude. Sie fürchten, dass legales Geld nach Liechtenstein wandert - ein Kapitalabfluss in Milliardenhöhe.

"Das Steuerabkommen selbst würde wohl so ähnlich aussehen wie jenes mit der Schweiz", sagte eine Steuerexpertin, die namentlich nicht genannt werden wollte. "Man kann sich aussuchen, ob eine Abgeltungssteuer in Liechtenstein eingehoben wird, die nach Österreich weitergeleitet wird, oder ob der Betroffene in Österreich Selbstanzeige bei den Finanzbehörden macht, und alle Dokumente offenlegt."

Wahlen in Liechtenstein

Die Zeit jedenfalls pressiert für ein solches Abkommen mit Liechtenstein. Erstens sind dort Anfang Februar Landtagswahlen. Wenn bis dahin das Abkommen nicht steht, würde eine Verzögerung von einigen Monaten eintreten. Zweitens wird in Wien mit Sorge registriert, dass das Steuerabkommen mit der Schweiz offenbar auch zu einem "Steuerbetrugs-Tourismus" führt: Betroffene Österreicher verlagern ihr diskretes Vermögen aus der Schweiz nach Liechtenstein. Der heimische Fiskus schaut durch die Finger.

Finanzministerin Fekter hat aber im Budget 2013 eine Milliarde Euro Einnahmen aus der Schweizer Abgeltungssteuer vorgesehen - das Geld sollte daher auch tatsächlich fließen.

Die von Liechtenstein verlangte Änderung der Eingangsbesteuerung würde, so Beobachter der Verhandlungen, aber auch politisch schwierig zu meistern sein. Für das "Amts- und Vollstreckungshilfeabkommen" wäre eine Gesetzesänderung im heimischen Parlament notwendig. Reiche Österreicher mit einem viel niedrigeren Eingangssteuersatz zu belohnen, wenn sie nach Liechtenstein abwandern, sei nur schwer zu vermitteln, so deren Meinung.

Die Verhandlungen jedenfalls werden auf Ebene der ÖVP-Ministerin behandelt. Aus dem Büro von Staatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) wird mitgeteilt, dass man keine Kenntnis von Verhandlungen mit Liechtenstein habe. Das Abkommen mit Liechtenstein könnte politisch auch unter Druck geraten, weil durch die Abgeltungssteuer möglicherweise Personen, die in Österreich unter Korruptionsverdacht stehen, steuerrechtlich reingewaschen wären.

Bei Steuerexperten mehren sich daher die Zweifel, ob solche Abkommen dauerhaft sein werden. Österreich und Luxemburg blockieren auf EU-Ebene die Reform der Zinsbesteuerungs-Richtlinie. Die soll einen automatischen Informationsaustausch zwischen den Finanzbehörden der 27 EU-Länder ermöglichen. Das wäre das Ende für das Bankgeheimnis. Um Österreich und Luxemburg ist es allerdings ziemlich einsam geworden - und auch in Luxemburg wird mittlerweile nachgedacht, der EU-Richtlinie zuzustimmen. "Die Blockade der beiden Länder verhindert Maßnahmen gegen Steuerbetrug", schimpfte EU-Steuer-Kommissar Algirdas Semeta.

Wie hoch die Einnahmen aus einem Steuerdeal mit Liechtenstein wären, vermag niemand einzuschätzen, denn die 6000 Stiftungen sind und heißen auch: intransparent.

Wie Schwarzgeld weiß wird
Was mit Liechtenstein auf gutem Weg ist, wurde mit der Schweiz bereits beschlossen. Anfang nächsten Jahres tritt ein Steuerabkommen in Kraft, dass österreichisches Schwarzgeld auf Schweizer Konten nachträglich besteuern soll. Die "Schwarzgeldsteuer" soll einmalig 15 bis 38 Prozent betragen. Nach dieser Zahlung wäre die Weste des Steuerflüchtlings wieder weiß. Gelder aus Straftaten, etwa Mafiagelder, können jedoch nicht reingewaschen werden. Künftige Zinserträge von diesen Konten sollen danach regulär mit 25 Prozent besteuert werden.

Sollten Steuerflüchtlinge vor dem Abkommen noch von der Schweiz nach Liechtenstein weiterziehen, werden die Schweizer Behörden diese weder besteuern noch deren Namen verraten. Sie müssen aber den Behörden in Österreich statistische Daten übermitteln, wie viel Geld von der Schweiz in welche Länder geflossen ist. Signifikante Bewegungen Richtung Liechtenstein würden den politischen Druck auf das Fürstentum erhöhen. Immerhin bastelt EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta gerade an einer "schwarzen Liste" über Steueroasen und hat Liechtenstein im Visier.

Von dem Schweizer Abkommen erwartet sich Finanzministerin Maria Fekter rund eine Milliarde Euro. Ein Abfluss Richtung Liechtenstein würde die Summe deutlich schmälern. Allerdings halten Steuerexperten wie Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo die Summe auch ohne den drohenden Steuertourismus für "sehr optimistisch". Die Schätzungen orientieren sich an einem Deutsch-Schweizer Abkommen, das aber nicht zustande kam. Sollten die Einnahmen darunter bleiben, klafft im Budget des nächsten Jahres ein Loch.