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Eine halbe Milliarde für Amerika

Von Karl Leban

Wirtschaft

Stahlriese will in den USA oder Kanada hochmodernes "Rohstoffwerk" bauen.


Wien. Immer öfter zieht es den heimischen Stahlriesen Voestalpine in die weite Welt hinaus. Diesmal geht es um ein mehr als 500 Millionen Euro schweres Projekt in Nordamerika - konkret um ein Werk mit 150 Beschäftigten, das die Produktion Anfang 2016 aufnehmen soll.

Geplant ist eine hochautomatisierte Fabrik in Kanada oder den USA. Sie soll - alternativ zum teuren Rohstoff Eisenerz - günstiges Vormaterial für die Stahlproduktion herstellen und die beiden österreichischen Standorte Linz und Donawitz beliefern.

Voest-Chef Wolfgang Eder will damit in Zukunft einen "nicht geringen zweistelligen Millionenbetrag" in der Stahlerzeugung einsparen, wie er am Mittwoch vor Journalisten sagte. Bei dem neuen Rohstoffersatz handelt es sich um heißbrikettiertes Eisen. Zwei Millionen Tonnen davon will der börsenotierte Konzern pro Jahr produzieren, damit seine Stahlwerke in Europa den Bedarf an Eisenerz künftig teilweise minimieren und die Kosten um 10 bis 15 Prozent drosseln können.

Zwei Standorte zur Auswahl

Wo die Voestalpine ihr "Rohstoffwerk" bauen wird, will Eder im ersten Quartal 2013 entscheiden. In der Endauswahl sind jedenfalls zwei Standorte, einer in den USA und einer in Kanada. Die Namen gibt Eder nicht preis. Klar ist allerdings, dass es um einen Standort an der nordamerikanischen Ostküste geht. Zumal die Schiffswege über den Atlantik nach Europa wesentlich kürzer sind und der Warentransport somit billiger.

Für die Pläne, eine halbe Milliarde Euro in Nordamerika zu investieren, sind laut Eder vor allem niedrige Energiekosten ausschlaggebend. Die dortigen Gaspreise - Stichwort Schiefergas - machten nämlich nur ein Viertel bis ein Drittel des europäischen Niveaus aus. Trotz des Seetransports komme die Produktion somit unterm Strich kostengünstiger als in Europa, betonte Eder.

Mit dem Werk selbst sieht er eine "große Chance", die Wettbewerbsfähigkeit der Produktion in Österreich und Europa langfristig abzusichern. Allerdings müsse es zur tatsächlichen Standortsicherung auch noch zu einem Umdenken in der Industriepolitik kommen, so Eder mit Hinweis auf die zu hohen Energie-, Umwelt- und Sozialkosten in Europa. Sonst gehe Europa in Richtung Deindustrialisierung - und die Folge wären massive Verluste von Arbeitsplätzen und Wohlstand.

Neue Wachstumsziele

Unabhängig von der gegenwärtigen Wirtschaftsflaute stehen die Zeichen im Voest-Konzern für die kommenden Jahre auf Expansion und Wachstum. Das erklärte Ziel: Bis 2020 soll der Umsatz von zuletzt gut 12 auf 20 Milliarden Euro klettern - jedes Jahr um durchschnittlich 5,7 Prozent. Investitionen in den Bau neuer Werke und den Ausbau bestehender Kapazitäten sind dabei ebenso geplant wie Akquisitionen.

Wachstum verspricht sich Eder aber in erster Linie außerhalb Europas, dessen Umsatz-Anteil binnen acht Jahren von derzeit 73 auf weniger als 60 Prozent sinken soll - zugunsten der übrigen Welt. Außerdem wollen die Voestler primär ihre Stahlverarbeitungssparten weiter forcieren, und da vor allem die Zukunftsbereiche Mobilität (Auto, Eisenbahn, Luftfahrt) und Energie (Öl, Gas, Strom, Alternativenergien). Der Umsatzanteil der beiden Segmente soll bis 2020 von 60 auf 70 Prozent angehoben werden. Mehr aus Stahl als mehr Stahl lautet weiterhin die Devise. Das Standbein Stahlproduktion soll aber weiterhin als Basis für die Verarbeitungssparten dienen.

Vor zehn Jahren hatte der Konzern erst 3,4 Milliarden Euro umgesetzt. Das jetzige Umsatzziel hält Eder für "absolut machbar und realistisch". Vorgesehen ist auch, die Zahl der Mitarbeiter von derzeit etwa 46.500 um ein Drittel oder rund 15.000 aufzustocken.