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Ausgleich zum Job

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Sport stellt Balance zur Arbeit her, sollte aber nicht in Leistungsdruck ausarten.


Wien. Um sechs Uhr steht Erwin Pils auf, um vor der Arbeit eine halbe Stunde Tai-Chi zu machen. "Das erfordert zwar Zeitmanagement und Disziplin, aber ich brauche diese Zeit, um bei mir selbst und ruhig zu sein", sagt der Gastronomie-Projektleiter bei Interspar. Zusätzlich geht er vier bis fünf Wochen pro Jahr Hochseesegeln und fährt Mountainbike.

Sport im Alltag unterzubringen, steigert das Wohlbefinden.
© Foto: fotolia

Ein Ausgleich zum Job ist wichtig, um die Balance wiederherzustellen - denn Stress und Bewegungsmangel setzen Führungskräften am meisten zu. Ein Drittel der Berufstätigen sieht die eigene Gesundheit durch ihre Arbeit beeinträchtigt, wie der Unternehmensberater IBG (Innovatives Betriebliches Gesundheitsmanagement) unter knapp 6500 Arbeitnehmern in 34 österreichischen Betrieben erhoben hat. 40 Prozent der Befragten geben an, im Beruf häufig bis ständig unter enormem Zeitdruck zu stehen.

Als Regeneration empfiehlt Wirtschaftspsychologe Alfred Lackner Sport und Bewegung: "Am Arbeitsplatz prasseln viele Informationen auf Berufstätige ein. Viele werden einseitig, nämlich kognitiv, gefordert und verbringen den Tag sitzend. Der Körper wird immer mehr vernachlässigt." Dann brauche es Regeneration, um eine körperliche Balance herzustellen und die sensorische Wahrnehmung zu fördern.

Eine Frage des Alters

Bis zum 30. Lebensjahr sei Regeneration aufgrund der guten körperlichen Konstitution nicht zwingend notwendig, sagt Lackner. "Ab 30 merken aber viele Berufstätige, dass sie an die Belastungsgrenze kommen." Bei der Regeneration im Vordergrund stehen sollten Bewegung, Natur und Spaß - beispielsweise eignet sich Laufen oder Nordic Walking. "Der Sport sollte aber nicht in Leistungsstress ausarten. Man sollte keine Kopfhörer aufsetzen, damit man die Umgebung wahrnehmen kann", so Lackner vom Coachingunternehmen Lackner & Kabas.

Die Herausforderung liebt beispielsweise Peter Hofbauer, Chef der Mobile-Marketing-Agentur Lucy Marx, als Zehnkämpfer: "Zehn unterschiedliche Leichtathletik-Disziplinen zu meistern, erfordert ein hohes Maß an Flexibilität und einen starken Willen - Eigenschaften, die mir auch im Berufsleben von jeher zugutegekommen sind." Auch wenn die acht bis zehn Stunden, die Hofbauer pro Woche mit körperlichen Herausforderungen verbringt, manchmal auf Kosten seines Schlafpensums gehen, habe seine Familie immer Verständnis dafür. "Mich körperlich zu verausgaben, ist einfach der beste Weg, auch im Beruf immer volle Leistung abrufen zu können", sagt Hofbauer.

Beim Boxtraining wird Pasha Asiladab von Ruefa Sportreisen gefordert. Nach 15 Jahren Leistungssport suchte der 32-Jährige eine andere Sportart: "Bei einer sitzenden Tätigkeit tut Bewegung und Auspowern gut. Früher war ich nach der Arbeit unausgelastet. Nach dem Training bin ich körperlich fertig, aber glücklich."

Keine Ausreden

Einen Ausgleich zum Job bieten Aktivitäten, die einem persönlich Spaß machen - ob das Stricken, Kochen, Gartenarbeit oder Fischen ist. Auch eine ehrenamtliche Tätigkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr oder im Elternverein kann Spaß machen - solange sie keine neue Belastung darstellt.

Margit Anglmaier, Kommunikationsverantwortliche der IT-Firma Dimoco, hat etwa vor Jahren das Malen für sich entdeckt: "Neben meinem Ausdauersport gibt mir das Malen die Möglichkeit, vom oftmals stressigen Alltag abzuschalten und darüber hinaus meiner kreativen Ader noch mehr Ausdruck zu verleihen." Nach den ersten Bildern folgten plötzlich 10, 20, 30 und Anglmaier wurde nebenberuflich mit dem Kunst-Onlineshop www.willkunst.com zur Unternehmerin.

Trotz einer ausgefüllten Arbeitswoche, Haus und Familie findet man die Zeit, um etwas für sein persönliches Wohlbefinden zu tun, betont Interspar-Mitarbeiter Pils. Er ist überzeugt: "Ist der Körper beweglich, ist es auch der Geist."