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Niedermeyer: In der Mitte gefangen

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

29 Millionen Euro Schulden, Sanierung ohne Eigenverwaltung wurde eröffnet.


Wien. Der Elektrohändler Niedermeyer zieht die Notbremse und will mit etwa halb so vielen Filialen und Mitarbeitern sein Überleben sichern. Am Dienstag wurde auf Antrag der Wiener Elektrokette ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung vom Handelsgericht Wien eröffnet. "Das Weihnachtsgeschäft 2012 ist hinter den Erwartungen geblieben. Eine Unternehmensanalyse mit einem Berater in den vergangenen Wochen hat ergeben, dass dramatische Schritte für den Fortbestand notwendig sind", sagte ein Niedermeyer-Sprecher.

Mit Verbindlichkeiten in Höhe von 28,8 Millionen handelt es sich um die größte Insolvenz in Wien im Jahr 2013, sagt Roman Tahbaz vom Kreditschutzverband von 1870 (KSV). Der Umsatz sank zuletzt um sechs Millionen auf 105 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2011/12 (per Ende April), Niedermeyer schrieb 2,9 Millionen Euro Verlust - nach einem kleinen Gewinn im Jahr zuvor.

279 der 580 Mitarbeiter wurden beim Arbeitsmarktservice zur Kündigung angemeldet. Den 840 Gläubigern wird eine Quote von 20 Prozent angeboten.

Zu viele, zu kleine Filialen

Die Ursachen für die Insolvenz sieht Niedermeyer im "sehr dichten Filialnetz" - mit derzeit 98 Standorten in Österreich. "Das Konzept des Elektronik-Nahversorgers ist in einem von Großflächen-Diskontern und Online-Shops dominierten Markt zunehmend unter Druck geraten", teilt die Elektrokette mit.

Problematisch sind die vielen schlecht gelegenen und zu kleinen Filialen, sagt Handelsprofessor Peter Schnedlitz von der WU Wien: "Es ist kein Zufall, dass nach Cosmos auch das Konzept von Niedermeyer gescheitert ist." Cosmos schlitterte 2010 mit 60 Millionen Euro in die Pleite, steirische Investoren haben nun drei Standorte wiedereröffnet.

Niedermeyer sei "gefangen in der Mitte": "In einem Markt, wo Elektrohändler wie Media Markt und Saturn Millionen in Werbung pulvern, kann Niedermeyer nicht mithalten." Gleichzeitig sei die insolvente Elektrokette jedoch zu groß, um von schlanken Kostenstrukturen zu profitieren. Außerdem haben sich die Rahmenbedingungen in der Branche verschärft, weil viele Konsumenten online einkaufen und viele stationäre Händler den Verkauf über das Internet verschlafen haben.

Gespräche mit Investoren

Schnedlitz räumt Niedermeyer nach einem "Gesundschrumpfen" durchaus Überlebenschancen ein. Niedermeyer will 53 von 98 Filialen schließen, 45 Standorte in den besten innerstädtischen Lagen und in Top-Einkaufszentren bleiben erhalten. "Die Geschäfte werden mit offenen Ladentischen neu gestaltet, die zum Testen und Ausprobieren einladen", sagt der Sprecher. Vorbild seien erlebnisorientierte Shop-Konzepte von Apple und Samsung.

Außerdem werden Gespräche mit Investoren geführt. Zu Details wollte sich das Unternehmen nicht äußern. Geld braucht der Elektrohändler, der mehrmals den Eigentümer gewechselt hat, dringend. Laut Tahbaz vom KSV können keine Liegenschaften verwertet werden, die Geschäftsstandorte sind gemietet.

Die größten Gläubiger werden sich bei der ersten Gläubigerversammlung am 17. April herauskristallisieren, bis zum 23. Mai können Forderungen angemeldet werden. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Georg Freimüller bestellt. Am 26. Juni wird über das Schicksal von Niedermeyer entschieden - an diesem Tag wird über den Sanierungsplanvorschlag abgestimmt.

Eigentümer

Niedermeyer wurde 1957 von Helmut Niedermeyer als Röntgen-, Foto-und Filmartikelgeschäft gegründet. Mehrheitseigentümer ist Geschäftsführer Werner Weber (43), der über die Sapentia GmbH 50,1 Prozent am Elektrohändler hält. Die restlichen 49,9 Prozent gehören der Hypo Equity Beteiligungs AG, an der laut FirmenCompass die Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank AG und die Hypo Tirol Bank wesentlich beteiligt sind. Zu den früheren Eigentümern zählten neben dem Sohn des Firmengründers, Christian Niedermeyer, die UIAG, T-Mobile und die Grossnigg-Gruppe.