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Alarmstufe Rot bei Hypo

Von Clemens Neuhold

Wirtschaft

Erst wurden Probleme mit Hypo oder Kommunalkredit auf die lange Bank geschoben, jetzt bricht Hektik aus.


Wien. Das viel diskutierte Bankgeheimnis war gestern, aktuell geben die notverstaatlichten Banken - allen voran die Kärntner Hypo - der Regierung viel größere Rätsel auf. Denn im Superwahljahr drohen Milliardenverluste für den österreichischen Steuerzahler - wohlgemerkt zusätzlich zu den Steuermilliarden, die das Bankenrettungspaket seit 2008 unwiederbringlich gekostet hat. Der Budgetexperte der Arbeiterkammer Wien, Bruno Rossmann, beziffert alle Kosten bis Anfang 2013 mit 4,8 Milliarden Euro.

Damit diese Kosten nicht um weitere Milliarden steigen, tagt ab heute, Mittwoch, ein Krisenstab im Finanzministerium. Hausintern hat Finanzministerin Maria Fekter ihre Bankenabteilung auf acht Beamte aufgerüstet. Und es wird eine externe "Task Force" mit Mitgliedern der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), der Finanzmarktaufsicht und der Fimbag, der Bankenbeteiligungs-AG, hinzugezogen. Vorstand der Fimbag ist der langjährige OeNB-Gouverneur Klaus Liebscher, Aufsichtsratsvorsitzender ist Hannes Androsch.

Das gesammelte Expertenwissen der Republik ist jedenfalls nötig, führt man sich die finanzielle Bedrohung vor Augen: Allein bei der Hypo Alpe Adria geht es um 16 Milliarden Euro, ein Betrag, der die gesamten Ausgaben Österreichs für Schulen, Universitäten, Kunst, Kultur und Forschung um ein Drittel übersteigt. Dieser finanzielle Hammer könnte auf Österreich niedergehen, wenn die EU-Kommission auf eine 2008 getroffene Vereinbarung pocht: dass der Staat verstaatlichte Banken nach fünf Jahren wieder verkauft oder "abgewickelt" hat.

Und das scheint der Fall zu sein, denn die "Task Force" zur Erstellung eines angepassten Rettungsplans für Hypo lässt die EU-Kommission allerdings kalt. Diese habe "keinen Einfluss auf die Einschätzung des Falls durch die Kommission", hieß es. Brüssel fordert bis Ende Mai ein überarbeitetes Sanierungskonzept für die Kärntner Bank. Bis Jahresende müssen entweder die operativen Bankteile veräußert oder das Geldhaus geschlossen werden. Wien pocht auf mehr Zeit.

Sommerschlussverkauf

Ein Verkauf in Zeitnot ist das Schlimmste, das einem Verkäufer passieren kann. Denn Interessenten würden die Zeitnot des Verkäufers ausnutzen und einen Bruchteil eines realistischen Preises zahlen. Falls sich überhaupt potenzielle Käufer finden. Im Fall der Italientochter soll das nicht der Fall sein. Außerdem müssten die Leichen im Keller zuvor beseitigt und in eine sogenannte "Bad Bank" verschoben werden. Dort könnten die Verluste geparkt und ohne Zeitdruck über Jahre oder Jahrzehnte abgetragen werden.

Oder die Bank wird gleich "abgewickelt", sprich zerschlagen: Dann würden die Verluste von 16 Milliarden Euro kurzfristig schlagend. An Verkäufe ist dann nicht mehr zu denken, weil die Kunden vorher - von Montenegro bis Klagenfurt - in einem "Bank Run" ihr Geld abziehen würden. Ein Horrorszenario im Wahljahr. Deswegen hofft Fekter, dass sie zumindest das Jahr 2014 als zusätzlichen Spielraum gewinnt. Sie argumentiert, dass die eigentliche Verstaatlichung der Hypo erst 2009 erfolgte und die Fünfjahresfrist damit erst 2014 endet. Das erste Geld zur Rettung der Bank wurde schon 2008 zugeschossen, deswegen beginnt Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia ab da zu rechnen. Außerdem kann Almunia nicht so einfach Ausnahmen für Österreich machen. Denn die müsste er dann sofort allen anderen EU-Staaten gewähren, die vor ähnlichen Problemen stehen. Fekter betonte in einem Experten-Hearing im Parlament, sie würde derzeit "sukzessive Rücklagen bilden, sollte etwas passieren". Wie viel ein Zwangsverkauf kosten würde, sagte sie nicht.

Den Traum vom baldigen Nulldefizit im Jahr 2016 dürften die Problembanken jedenfalls zum Platzen bringen. 2013 könnten die Mehrkosten durch die Hypo rund 2,5 Milliarden Euro betragen. Dazu kommt die Kommunalkredit, deren maroder Teil sogar von einem EU-Verwalter zwangsverkauft werden könnte - zum Schleuderpreis.

Dass die Probleme bei der Hypo Alpe Adria nicht nur der Krise geschuldet sind, zeigt die Anklage von vier Ex-Vorständen und vier weiteren leitenden Angestellten am Dienstag. Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft Untreue vor.