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Der neue Weg zum Schuh

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
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Hoffnung auf Sommer-Schlussverkauf - Regen und Kälte verhagelten bisher die Bilanzen der Schuhhändler, viele Kunden kauften lieber vom Wohnzimmer aus ein.
© fotolia

Schuhhändlern laufen Kunden Richtung Internet davon - wie sie gegensteuern.


Wien. Wird der Schuhhandel platt getreten? Die Österreicher kaufen Schuhe nicht mehr nur im Fachgeschäft, sondern auch im Internet oder bei Textilhändlern. Ein Humanic konkurriert nicht nur mit Deichmann, sondern auch mit dem Onlineshop Zalando oder dem Moderiesen Zara.

Das verschärft den ohnehin schon starken Verdrängungswettbewerb im heimischen Schuhhandel: "Onlineshops setzen vor allem Geschäften in Randlagen zu", sagt Matthias Händle, geschäftsführender Gesellschafter der deutschen Hamm Reno Group. In Österreich wird der nach Deichmann zweitgrößte Schuhhändler Europas heuer Filialen schließen, ebenso mussten Leiser und Görtz in Deutschland Geschäfte zusperren. Mit einem frischen, moderneren Ladenkonzept will Reno das Einkaufserlebnis verbessern, umgesetzt wurde es bereits in Gerasdorf und Seiersberg. Eine Antwort auf den Umbruch in der Branche, denn die stationären Geschäfte müssen ihren Trumpf ausspielen: Die Oberfläche des Leders fühlen und sofort anprobieren ist nur vor Ort möglich.

Auf die Expansion um jeden Preis folgt Ernüchterung

Dreieinhalb Paar Schuhe kauft ein Österreicher im Durchschnitt pro Jahr, wobei zunehmend günstige Paare gekauft werden. Vor allem Billiganbieter wie Deichmann konnten zuletzt Marktanteile gewinnen, sagt Michael Oberweger vom Standortberater Regioplan.

Produziert wird die saisonale, modische Massenware überwiegend in Asien - etwa in China. "Die Strukturveränderung im europäischen Schuhhandel verlangt Anpassung auf modischere Schuhe, in der Produktion und bei den Filiallagen. Das kostet die Branche viel Geld, und manche Entscheidungen werden zu langsam getroffen", sagt Händle.

In den vergangenen Wochen macht zudem das schlechte Wetter den Schuhhändlern zu schaffen: Die herbstlichen Temperaturen und der Regen wecken kaum Lust auf Schuh-Shopping. Und das, obwohl der Sommer-Schlussverkauf naht. "Unternehmen mit Liquiditätsproblemen werden ihre Verkaufspreise bald reduzieren", erwartet Händle.

Der Branchenumsatz stagniert seit fünf Jahren bei etwa 1,26 Milliarden Euro, inflationsbereinigt bleibt ein Minus. Umsatzzuwächse gelingen nur, indem Konkurrenten verdrängt werden. Einige etablierte Schuhhändler schreiben Verluste - das liegt zum Teil auch am Kampf um Marktanteile um jeden Preis. "In den vergangenen Jahren haben viele Filialisten auf Biegen und Brechen expandiert, was die Margen und den Umsatz pro Quadratmeter gesenkt hat", sagt Oberweger.

Nun verschärft der Start eines Anbieters in der Preiseinstiegslage den Verdrängungswettbewerb: Der polnische Schuhhändler und -produzent CCC eröffnet im Juli seine erste Filiale im Wiener Donauzentrum, August/September folgen Geschäfte in den Einkaufszentren Wien Mitte The Mall und im Zentrum Simmering. "Wir sind sehr gut gewappnet, in gesättigte Märkte einzutreten", sagt Gerald Zimmermann, General Manager von CCC Austria. Für Herbst sei die Expansion nach Kroatien und Slowenien geplant.

Angeboten werden ausschließlich Eigenmarken, das Sortiment ist "zu 100 Prozent auf modische Schuhe ausgerichtet", sagt Zimmermann, der zuvor jahrelang für Stiefelkönig und Leder & Schuh tätig war. Damenlederschuhe produziert CCC selbst in Polen.

Verluste von Händlern als Vorgeschmack auf Umbruch

Zimmermann wertet Verluste anderer Händler wie Görtz als Vorgeschmack, dass der Internethandel die Situation für stationäre Händler verschärft. Einen Onlineshop plant CCC in Österreich dennoch nicht: "Wir bieten Marken an, die man nicht im Internet kaufen kann."

Die börsenotierte CCC will in den nächsten sieben bis zehn Jahren in Österreich flächendeckend mit 70 bis 100 Filialen vertreten sein. Während Diskonter Turboschuh vom Markt verschwunden ist, traut Oberweger dem Schuh-Riesen CCC eine flächendeckende Expansion zu.

Auf kleinere Flächen spezialisiert hat sich hingegen der kanadische Schuhhändler Aldo, der sein erstes von derzeit drei Geschäften im Vorjahr eröffnet hat. Geplant sind bis zu 15 Standorte.

Bei 60 Filialen hielt Reno Ende 2012, in diesem Jahr sind drei Neueröffnungen und elf Schließungen geplant. "Wir verfügen über einige weniger gute Standorte und suchen nun bessere Lagen in Fachmarktzentren und Innenstädten", sagt Händle. Die Restrukturierung koste Geld, deshalb werde sich in diesem Jahr unterm Strich kein Gewinn ausgehen. 2014 ist das Ziel, wieder Gewinn zu machen, sagt Händle.

Der größte österreichische Schuhhändler, die Leder & Schuh AG, hat im Vorjahr in Osteuropa Filialen geschlossen. Aus Polen und der Schweiz hat sich der Schuhhändler völlig zurückgezogen. An dem Konzept mit den Vertriebslinien Humanic, Jello, Shoe4you, Corti, Dominici und OMG wird das Unternehmen mit Sitz in Graz weiter festhalten. Seit der Übernahme von Stiefelkönig 2011 wird zudem die Marke neu aufgestellt. Die größte Marke, Humanic, hat im April seinen Internetshop überarbeitet: Damit will man sich besser gegen Onlinehändler wie Zalando wappnen.