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Trafikanten bangen um Umsätze

Von Helmut Dité

Wirtschaft

Gremialobmann Trinkl: "150 Standorte mit 400 Jobs sind akut in Gefahr."


Wien/Brüssel. Nein, wirklich erleichtert sind Österreichs Trafikanten nicht. Zwar haben die EU-Gesundheitsminister vergangene Woche ihre Pläne zur Bekämpfung der Tabaksucht abgeschwächt und von einigen der geplanten Beschränkungen für Tabakprodukte abgelassen. Demnach müssen Schockbilder und Texte, die auf den Packungen vor dem Rauchen warnen, weniger groß ausfallen als zunächst vorgesehen. Zudem wird es auch - im Gegensatz zu mit Menthol oder anderen Stoffen aromatisierten Zigaretten - vorläufig kein Verbot der ultradünnen und extralangen Slim-Zigaretten sowie der ebenfalls umstrittenen E-Zigaretten geben. Der Plan muss noch vom EU-Parlament gebilligt werden, bevor er Gesetz werden kann - die neuen Regeln treten wohl frühestens 2016 in Kraft.

Die Aussichten für die rund 6800 heimischen Trafikantinnen und Trafikanten sieht Bundesgremialobmann Peter Trinkl dennoch alles andere als rosig: Aktuell seien 150 Standorte mit 400 Arbeitsplätzen der ohnehin in den vergangenen Jahren stark geschrumpften Nahversorger-Branche akut in Gefahr, weil die seit Jahresbeginn laufende Erweiterung der Zahl der Lotto-Annahmestellen den Trafiken doch mehr Umsatz wegnimmt als befürchtet.

Eigentlich war der Streit zwischen den Trafikanten und den Österreichischen Lotterien um die Erweiterung der Lotto-Annahmestellen bereits beigelegt: Im September 2012 nahmen die Trafikanten die Ausbaupläne der Lotterien zähneknirschend zur Kenntnis. Man einigte sich auf 1622 zusätzliche Lotto-Vertriebsstellen statt der ursprünglich geplanten 2237. Seit Jahresbeginn rüsten die Lotterien die neuen Vertriebsstellen - hauptsächlich Tankstellen, Lebensmittelgeschäfte und Postämter - so um, dass dort auch Lotto gespielt werden kann. Davor konnte man dort nur Brieflose und Rubbellose kaufen.

"Die Lotterien haben uns gebraucht, um ihr Lottonetz aufzubauen, und jetzt hauen Sie uns das Hackl ins Kreuz", formuliert es Trinkls Stellvertreterin Gabriele Karanz bitter - denn der Lotto-Umsatzkuchen werde nicht um so viel größer, wie die Lotterien erwartet haben.

In Österreich gibt es - noch - rund 2500 Tabakfachgeschäfte. Seit innerhalb der EU wieder 800 Stück Zigaretten (vier Stangen) pro Person importiert werden dürfen, kämpfen vor allem Trafikanten in den grenznahen Gebieten Ost- und Südösterreichs mit starken Umsatzrückgängen. "Wir haben viel an den Schmuggel und Import verloren", meint Trinkl. Die Umsätze mit Zeitungen und Zeitschriften seien ebenfalls rückläufig, das Geschäft mit neuen Produkten erfülle die Erwartungen "nur sehr selten".

Während sich EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg vor allem über das durchgesetzte Aromatisierungs-Verbot freute - "das Hauptziel war, dass Tabak wie Tabak aussehen und schmecken sollte und nicht wie Parfüm oder Süßigkeiten" -, wiederholt Trinkl seine Kritik: "Diese Maßnahmen sind rein demagogisch. Es fehlen fundierte wissenschaftliche Beweise über ihre Wirksamkeit und es bestehen erhebliche rechtliche Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit." Das angestrebte gesundheitspolitische Ziel einer Reduktion des Tabakkonsums könne alternativ viel besser durch gezielte Informationen und bildungspolitische Maßnahmen für einen gesünderen Lebensstil erreicht werden.

"Verbote fördern Schmuggel"

Es habe sich zudem gezeigt, dass in Ländern, die solche Maßnahmen bereits eingeführt haben, der Verkauf von gefälschten und geschmuggelten Zigaretten erheblich zugenommen habe.

Schon jetzt verliere Europa durch Schmuggel und Fälschung von Zigaretten jedes Jahr Milliarden an Steuereinnahmen: "75 Prozent des Umsatzes mit Tabakwaren fließen in Österreich via Tabak- und Umsatzsteuer direkt in den Staatshaushalt", erinnert Monopolverwaltungs-Geschäftsführerin Tina Reisenbichler.

Der Kampf der Trafikanten gegen die "Überregulierung" geht also weiter. Auch der Verband der Zigarren-und Pfeifenfachhändler Österreichs (VCPÖ) wird seine Kampagne "Liebe EU, es reicht!", die im ersten Halbjahr von mehr als 100.000 Österreichern per Unterschrift unterstützt wurde, in Richtung EU-Parlament fortsetzen. VCPÖ-Präsident Klaus Fischer: "Es geht uns um den mündigen Konsumenten und es geht uns um die Erhaltung eines wesentlichen Stücks österreichischer Tradition und Kultur" - schließlich sei fast jede zweite Trafik Existenzgrundlage für Menschen mit Behinderung.