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Game over für Dayli

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Geduld der Kreditschützer am Ende - Konkursantrag angedroht.


Wien/Pucking. Im Wahljahr folgt auf die Pleite des Baukonzerns Alpine wohl bald der nächste Schock für den Arbeitsmarkt: Der Kreditschutzverband (KSV) von 1870 bringt heute, Donnerstag, einen Konkursantrag gegen Dayli ein, wenn die Drogeriemarktkette nicht selbst Insolvenz beantragt.

"Die Lieferanten warten seit Monaten auf ihr Geld, Rechnungen aus Jänner und Februar wurden bis heute nicht bezahlt", sagt Otto Zotter vom KSV 1870, der 15 Lieferanten mit mehr als drei Millionen Außenständen vertritt. "Der Schaden wird jeden Arbeitstag um eine halbe Million größer. Die Filialen kosten nur Geld, aber es gibt kaum Umsatz", so Zotter. Die Regale sind seit Wochen aufgrund ausbleibender Lieferungen nur spärlich bestückt. Mehr als 2000 Gläubiger wären im Insolvenzfall laut KSV betroffen - darunter etwa 700 Lieferanten, rund 800 Vermieter sowie Gemeinden, die Kommunalabgaben einheben.

Dayli-Chef unter Zugzwang

Dayli-Geschäftsführer Rudolf Haberleitner muss nun einen Investor präsentieren, der alle Verbindlichkeiten abdecken kann - der KSV schätzt die Forderungen allein der Lieferanten auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Mit einem Geldgeber könnte der Konkurs abgewendet oder ein Sanierungskonzept vorgelegt werden, bei dem die Gläubiger einen Teil ihrer Forderungen erhalten.

Haberleitner zeigt sich "irritiert" über den angedrohten Konkursantrag: "Wir befinden uns gerade in einer entscheidenden Phase. Wir verhandeln mit Investoren und Banken und sehen immer noch eine Chance, das Unternehmen ohne Insolvenz zu retten. Eine Entscheidung wird aber jedenfalls noch diese Woche fallen", teilte er am Mittwoch mit.

Die 3300 - überwiegend weiblichen - Mitarbeiter haben ihr Juni-Gehalt nicht bekommen. Die Gewerkschaft hat die Unternehmensleitung in Pucking (Oberösterreich) am Mittwoch in einem Brief neuerlich aufgefordert, die bis Ende Juni fälligen Zahlungen bis 11. Juli an die Beschäftigten zu überweisen. Im Fall einer Insolvenz springt der staatliche Insolvenzentgeltfonds ein, zudem werden Arbeitsstiftungen vorbereitet. Im Vergleich zur Alpine ist das hier allerdings komplizierter, weil die Beschäftigten über ganz Österreich verteilt arbeiten. Viele Mitarbeiterinnen gelten auf dem Arbeitsmarkt als schwer vermittelbar, weil sie un- oder angelernt sowie älter als 50 Jahre sind.

Bringen die Gläubiger den Konkursantrag ein, dauert die Abwicklung des Verfahrens mehrere Wochen. Der Geschäftsbetrieb würde weitergehen. Auch bei einem Konkurs wäre es nicht fix, dass alle Mitarbeiter ihren Job verlieren: Teile des Unternehmens könnten aus der Konkursmasse gekauft werden, sodass die Drogeriemarktkette mit weniger als den 783 Standorten in Österreich weiterbestehen könnte.

Kaum Interesse an Standorten

Sollten Dayli-Filialen frei werden, wird sich das Interesse wohl in Grenzen halten: Nur rund ein Drittel der Dayli-Standorte sind für den Handel interessant, analysiert der Standortberater RegioPlan: "Es handelt sich hauptsächlich um Lagen mit einem nur sehr geringen Umsatzpotenzial beziehungsweise um ehemalige Lebensmittelgeschäfte, die für die alten Betreiber gerade auf Grund dieses geringen Potenzials uninteressant wurden." Für "dm" würden die meisten Standorte von der Lage und von der Größe her nicht passen. Dayli verfügt mit 783 Läden über die meisten Standorte, liegt aber beim Marktanteil hinter der Rewe-Drogeriekette Bipa, dm und Müller nur auf Platz vier.

Indes ist unklar, ob Haberleitner, der im Vorjahr die Schlecker-Filialen in Österreich, Italien, Polen, Luxemburg und Belgien übernommen und umbenannt hat, noch Dayli-Eigentümer ist: Zu Wochenbeginn soll er seinen Anteil um einen Euro an Unternehmensberater Martin Zieger verkauft haben. Der ehemalige Geschäftsführer von Charles Vögele und Palmers soll Haberleitner laut "Oberösterreichischen Nachrichten" zu einem Treffen mit einem vermeintlichen Investor nach Italien begleitet haben, wo ihm ein Geldkoffer mit einer Million Euro gestohlen wurde.