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Wenn die Finanzpolizei klingelt

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Am Bau wird häufig von der Finanzpolizei kontrolliert. Die Beamten überprüfen unter anderem, ob Ausländer illegal beschäftigt werden.
© Foto: BMF/citronenrot

Wer die Überprüfung behindert, riskiert bis zu 5000 Euro Geldstrafe.


Wien. Steht die Finanzpolizei unangemeldet vor der Tür, geraten Firmenchefs und Mitarbeiter schnell ins Schwitzen. Wirtschaftstreibende sollten aber besser gelassen bleiben - denn wer die Kontrolle der Finanzpolizei erschwert oder verhindert, riskiert eine Geldstrafe bis zu 5000 Euro, warnt Christoph Malzer, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der Moore Stephens City Treuhand in Wien.

Vor allem in Branchen mit vielen ausländischen Arbeitskräften müssen Unternehmen mit einer Überprüfung rechnen - dazu zählen Bau sowie Hotellerie und Gastronomie. Den Beamten muss für die Kontrolle Zutritt zu Betriebsräumen und Arbeitsstätten gewährt werden. Private Unterkünfte oder die Privatwohnung des Unternehmers dürfen hingegen nicht betreten werden, sagt der Wiener Steuerberater Herbert Houf von Audit Partner Austria.

Geschult sein sollten besonders Mitarbeiter am Empfang, an der Rezeption oder Schank sowie Portiere, die üblicherweise als Erste auf die Beamten treffen. Zu Beginn sollte nach dem Dienstausweis und dem Prüfgegenstand gefragt werden, denn die Befugnisse der Finanzpolizei richten sich nach der Art der Kontrolle und dem zugrunde liegenden Gesetz. Wird beispielsweise die Ausländerbeschäftigung überprüft, dürfen die Beamten die Identität von Personen feststellen, Fahrzeuge aufhalten und sogar Personen festnehmen. Eine Festnahme ist allerdings nur dann erlaubt, wenn die Person nicht im Inland arbeiten darf, Gefahr im Verzug ist und das Eintreffen der Polizei nicht abgewartet werden kann.

Checkliste baut Spannung bei Kontrolle ab

Der Unternehmensvertreter sollte verlangen, dass er von den Beamten über Rechte und Pflichten belehrt wird. "Auch den Steuerberater anzurufen und zu fragen, was zu tun ist, kann nicht verboten werden", sagt Houf. Die Ausländerbeschäftigung darf jedoch unmittelbar geprüft werden.

Hilfreich für den Arbeitgeber sind Checklisten: Eine Liste mit Anzahl und Namen der im Betrieb beschäftigten ausländischen Mitarbeiter vermittelt gleich zu Beginn der Kontrolle Kooperationsbereitschaft. Die Betriebsleitung hat einen Verantwortlichen zu bestimmen, der über die ausländischen Beschäftigten Auskunft geben kann. Dies ist etwa auf Baustellen wichtig, wenn der Firmenchef nicht vor Ort ist. Für eine Abgabenprüfung muss die Geschäftsleitung anwesend sein. Dafür benötigt die Finanzpolizei einen schriftlichen Prüfauftrag, betont Christoph Malzer.

Hausdurchsuchung ist nicht erlaubt

In den meisten Fällen sind die Beamten nur berechtigt, alle Unterlagen anzuschauen, die offenliegen oder offengelegt werden - sie dürfen also weder Kästen öffnen noch Ordner aus den Regalen nehmen. Auf Verlangen müssen Bücher und Aufzeichnungen offengelegt werden. Unterlagen zu beschlagnahmen ist nur in Ausnahmefällen erlaubt. Zu einer Hausdurchsuchung ist die Finanzpolizei nicht berechtigt, "dafür braucht es einen Hausdurchsuchungsbefehl", sagt Houf.

Hat das Unternehmen vorsätzlich gegen das Gesetz verstoßen, kann bei einer finanzstrafrechtlichen Prüfung Selbstanzeige erstattet werden. Für eine Strafbefreiung muss das rechtzeitig geschehen, also vor Kontrollbeginn.

Unangemessenes oder rechtswidriges Verhalten der Prüfer sollte dokumentiert werden, rät Malzer. Der Betriebsvertreter kann während der Amtshandlung einen Einspruch oder Protest aussprechen und darauf bestehen, diesen im Abschluss-Prüfbericht aufzunehmen.

Kritik an "unangemessenen" Amtshandlungen

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder kritisiert indes "unangemessenes Auftreten" und "unverhältnismäßige Geschäftsstörungen" der Finanzpolizei. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer beschrieben die Einsätze als "massiv betriebsstörend und rufschädigend". Es komme vor, dass sechs bis acht Finanzpolizisten zur Mittagszeit in Restaurants zur Kontrolle der Kassenrichtlinien - also die Nutzung von Registrierkassen - einrücken. Außerdem wurden laut Kammer Personen unter Druck gesetzt, mangelhaft über ihre Rechte belehrt und ihnen Handys entrissen. Gefordert wird ein Organisationshandbuch, das Befugnisse, Vorgangs- und Verhaltensweise zusammenfasst und so Klarheit schafft. Klaus Hübner, Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, hat die Kritik schriftlich bei Finanzministerin Maria Fekter deponiert.

Dieser Brief blieb bisher unbeantwortet. Von Finanzpolizei-Leiter Wilfried Lehner heißt es zur Kritik, dass der Besuch der Finanzpolizei unangekündigt sei, "denn es geht darum die Wirklichkeit abzubilden und nicht einen geschönten Zustand, extra für den Besuch". Die Finanzpolizei organisiere mit Wirtschaftsvertretern eine Infotour in ganz Österreich, um die Zusammenarbeit zu stärken und die Unternehmen optimal vorzubereiten.

Die Infotour "Im Visier der Finanzpolizei" ist im Juli in Niederösterreich zu Gast. Termine unter niederoesterreich.wirtschaftsbund.at

Wissen: Finanzpolizei
Die Finanzpolizei wurde vor zweieinhalb Jahren neu geschaffen, die Befugnisse wurden gegenüber der Vorgängerorganisation KIAB erweitert. Überprüft werden illegale Ausländerbeschäftigung, Lohn- und Sozialdumping, Sozialbetrug, die Anmeldung von Dienstnehmern bei den Sozialversicherungsträgern und Verstöße gegen die Bestimmungen des Glückspielgesetzes (illegale Automaten) sowie gegen das Abgaben- und Finanzstrafrecht.
Seit 1. Juli 2013 ist die Finanzpolizei eine bundesweite Organisationseinheit, bisher war sie den einzelnen Finanzämtern zugeordnet. Seit Anfang 2013 wurden österreichweit rund 16.000 Betriebe kontrolliert.