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"Es kommen nicht alle unter"

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Jobsuche wird für ungelernte und ältere Dayli-Mitarbeiterinnen schwierig.


Wien. Das Ausharren in den 522 praktisch leeren Dayli-Filialen ist für die Mitarbeiterinnen bald zu Ende: Die insolvente Drogeriemarktkette wird endgültig geschlossen, die Filialen sperren innerhalb der nächsten Tage zu. Die 2200 übrigen Beschäftigten - vorwiegend Frauen in Teilzeit - werden gekündigt. Insgesamt haben 3468 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren - ein Teil davon bereits im Juni und Juli. "Es werden unter Garantie nicht alle bei anderen Handelsfirmen unterkommen, die Branche kann das nicht verkraften", sagt Ernst Haider vom Arbeitsmarktservice (AMS).

Die Schließung ist ein schwerer Schlag für den Arbeitsmarkt im Handel: Im Juli suchten 32.602 Personen eine Stelle im Handel, das waren zehn Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Insgesamt ist die Arbeitslosigkeit bei Über-50-Jährigen im Juli um ein Fünftel gestiegen. Schwierig wird die Stellensuche vor allem für jene, die schlecht ausgebildet und älter sind - etwa die Hälfte der Dayli-Beschäftigten sollen un- oder angelernt sein, fast ein Drittel älter als 50 Jahre. Während in Städten mehr Stellen verfügbar sind, sind die Arbeitsmöglichkeiten am Land und ohne eigenes Auto rar.

Arbeitsstiftungen stehen flächendeckend bereit

Handelsketten haben nach der Dayli-Pleite im Juli angekündigt, die Mitarbeiterinnen mit offenen Armen zu empfangen. Bei Rewe sind bisher 60 Bewerbungen eingegangen. Rewe-Sprecherin Ines Schurin rechnet nach der Schließung mit weitaus mehr Bewerbungen in den nächsten Wochen.

Für jene, die keinen Job finden, stehen Insolvenzstiftungen bereit. Dort können die Gekündigten bis zu vier Jahre lang eine Ausbildung absolvieren oder auf einen anderen Beruf, etwa Pflegerin, umsteigen. Das Gehalt für August wird bis zum Austrittsdatum gezahlt, sagt Masseverwalter Rudolf Mitterlehner.

Dayli ist die größte Handelspleite seit dem Aus für den Handelsriesen Konsum mit 17.000 Mitarbeitern im Jahr 1995. Gläubigerausschuss und Insolvenzgericht haben am Montag den Schließungsantrag des Masseverwalters bewilligt. "Bis zuletzt behaupteten die Investoren, die drohenden, laufenden Verluste abdecken zu wollen, das Geld kam aber nicht", teilte der frustrierte Insolvenzverwalter Rudolf Mitterlehner mit. Bis Freitag hätte ein Investor eine Bankgarantie über 1,15 Millionen Euro abgeben müssen, um den Fortbetrieb bis 16. August zu sichern. Eine Finanzierungszusage wurde laut Mitterlehner nicht eingehalten.

Es gebe Interessenten, die das Unternehmen aus dem Konkurs - ohne Altschulden - herauskaufen möchten. "Nach den Erfahrungen der letzten Tage habe ich auch da keine großen Hoffnungen", sagt Mitterlehner. "Teile des Unternehmens dürften aber interessant sein." Konkurrent "dm" winkt indes ab: Man habe kein Interesse an Dayli-Standorten. Für Rewe sind "nicht mehr als eine Handvoll Filialen interessant".

Geschlossen wird auch das Lager in Pöchlarn. Die Zentralverwaltung in Pucking samt Bezirksleitungen bleiben noch einige Zeit geöffnet, ebenso die Filialen in Luxemburg und Belgien.

Umbau zum Nahversorger ist gescheitert

Rund ein Jahr nach der Übernahme der österreichischen Schlecker-Filialen von der insolventen deutschen Muttergesellschaft ist der Umbau zu Dayli gescheitert. Bereits zu Beginn zweifelten Branchenkenner am Nahversorger-Konzept mit Bistro, wo Kunden von Duschgel über Socken bis zum Mietauto alles erhalten. Der ehemalige Eigentümer Rudolf Haberleitner hatte große Pläne: Ausbau von 885 auf 1350 Filialen in Österreich, Expansion nach Deutschland, 2016 sollte die Handelskette an die Börse. Mit der Sonntagsöffnung aller Dayli-Filialen setzte Haberleitner allerdings aufs falsche Pferd, denn die Gesetzeslücke wurde geschlossen. Nach dem Absprung von Novomatic suchte der 68-Jährige monatelang einen Investor - vergeblich. Im Juni wurde Haberleitner in Italien von vermeintlichen Geschäftspartnern um eine Million Euro geprellt. Damit riss auch den Lieferanten, die seit Monaten auf Zahlungen warteten, der Geduldsfaden - sie drohten mit dem Insolvenzantrag.

Martin Zieger, seit Juli Eigentümer von Dayli, verteidigt indes das mit der Geschäftsleitung ausgearbeitete Sanierungskonzept, das die Schließung von ertragsschwachen Filialen vorsah: "Das von uns vorgelegte Sanierungskonzept hatte eine Chance, potenzielle Investoren zu überzeugen sowie Arbeitsplätze und die Nahversorgung in Österreich zu sichern." Zieger ist überzeugt, dass das Konzept von Dayli eine Berechtigung am Markt hat. "Es gibt Platz für einen preiswerten Anbieter", sagte Zieger am Montag vor Journalisten in Wien.