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OMV in der Gaspreisfalle

Von Herbert Hutar

Wirtschaft
Die Gaspreise steigen, die Nachfrage nach Gas wächst. Die E-Control warnt vor den Folgen eines Gas- und Öllieferstopps aus Russland für die heimische Wirtschaft.
© © OMV Aktiengesellschaft

Erdgas wurde vom Hoffnungsträger zum Zankapfel zwischen Russland und Europa.


Wien. Es werden harte Bandagen angelegt im Kampf um niedrigere Gaspreise. Zu hohe Gaspreise haben das Fernheiz-Kraftwerk Mellach in die roten Zahlen getrieben, so der Verbundkonzern, immerhin eine 500-Millionen-Euro-Investition. Der Verbund hat daher die mehrheitlich von der OMV beherrschte Gasgesellschaft Econ Gas beim Kartellgericht geklagt, und zwar wegen "Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung", weil sie die Drehscheibe im Gasgeschäft ist.

Die Econ Gas ihrerseits beruft sich auf langfristige Lieferverträge mit dem russischen Gasriesen Gazprom, in denen Gas an den Ölpreis gekoppelt ist, und das könne man so schnell nicht ändern. Die Econ Gas hat jedoch Anfang des Jahres mit den Russen und den Norwegern einen Preispoker begonnen, dessen Dauer und Ausgang offen sind. OMV-Gasvorstand Hans-Peter Floren: In den Verträgen, die zum Teil bis 2027 laufen, gebe es ein "Recht auf Preisanpassung".

Erstmals rote Zahlen

Tatsächlich sind die Preisdifferenzen erstaunlich: Verrechnen die Russen und die Norweger in den nun umstrittenen Verträgen um die 30 Euro je Megawattstunde, so ist an anderen Handelsplätzen in Europa kurzfristig Gas zu 25 Euro je Megawattstunde zu haben. Nur - das muss man erst bekommen. Denn die Lieferverträge mit den Russen sehen vor, dass auch dann das Gas zu bezahlen ist, wenn nichts abgenommen wird, die sogenannten Take-or-Pay-Verträge. Damit hatten sich die Russen ihre Milliardeninvestitionen in Pipelines absichern lassen. Das war in Zeiten steigender Nachfrage und vor der Liberalisierung der Gasmärkte durch die EU unerheblich, stellt sich aber jetzt als verhängnisvoll heraus. Die Econ Gas hat im zweiten Quartal heuer um fünf Prozent weniger Gas an die Kunden gebracht, verglichen mit dem zweiten Quartal 2012. Und sie musste, weil sie die Einkaufspreise auf dem Markt nicht mehr durchsetzen kann, im zweiten Quartal 2013 mit minus 30 Millionen Euro erstmals rote Zahlen schreiben.

Die OMV kann bei ihren Verhandlungen mit dem russischen Gasriesen Gazprom auf ein prominentes Beispiel verweisen: Der deutsche Energiekonzern RWE hat schon Erfolge erzielt, und zwar wird er Rückzahlungen von den Russen erhalten, wie viel, darüber schweigt RWE. Und es wird die Bindung des Gaspreises an den Ölpreis zumindest gelockert.

Diese Ölpreisbindung ist ein ständiger Streitpunkt: Denn ursprünglich galt Erdgas als Ersatzbrennstoff für Öl, was heute so nicht mehr stimmt: Ölkraftwerke und Ölbrenner in der Industrie und in Privathäusern gibt es immer weniger. Privathäuser verwenden immer mehr Holzpellets oder Wärmepumpen, meint E-Control-Chef Walter Boltz.

Kohle als Billigkonkurrenz

Auf dem Strommarkt ist nicht mehr Öl, sondern die billigere Kohle die Konkurrenz für Gas als Brennstoff, auch wenn Kohlekraftwerke gegenüber Gaskraftwerken wahre CO2-Schleudern sind. Aber es sei wie immer, die Gaskunden verweisen auf die billigere Kohle und fordern niedrigere Gaspreise. Denn nicht nur das österreichische Gaskraftwerk Mellach ist in den roten Zahlen, in Deutschland wurden schon Gaskraftwerke stillgelegt.

Noch viel billiger ist Schiefergas in den USA, es kostet nur ein Viertel dessen, was in Europa verrechnet wird. Die USA werden so immer weniger importabhängig und fallen zunächst als Gaskäufer auf den Weltmärkten aus. Ab Herbst werden sie sogar exportieren und so weiteren Druck auf die Gaspreise ausüben. Die Suche nach Schiefergas in Österreich mit dem umstrittenen Förderverfahren "Fracking" wurde - sagte OMV-Chef Gerhard Roiss am Dienstag in der Halbjahresbilanz-Pressekonferenz - eingestellt.

Geringe Preissenkungen

Wien Gas und die niederösterreichische EVN senken mit 1. Oktober die Gaspreise. Keine gute Nachricht für die OMV, denn beide sind Miteigentümer der Econ Gas und handeln so eigentlich gegen die Interessen des Mehrheitseigentümers. Ob sie selber die Preisdifferenz schlucken und so die OMV entlasten, ist unklar.

Eine deutliche Besserung bei den Einkaufspreisen ist für die OMV erst in einigen Jahren zu erwarten. Erst nach 2017 wird sie eigenes Erdgas aus neuen Quellen in Rumänien und in Norwegen aus dem Boden pumpen. Langfristig sollten die Preise allgemein durch höheres Angebot sinken.

OMV in Zahlen
Der börsenotierte Öl- und Gaskonzern OMV mit den Großaktionären ÖIAG und Abu Dhabi hat für das erste Halbjahr 2013 deutlich bessere Umsätze und Gewinne geschrieben, allerdings mit Sondereffekten, die - so der Vorstand - nicht wiederholbar sind. Der Umsatz stieg um 5 Prozent auf 21,3 Milliarden Euro.
Der Gewinnsprung um 31 Prozent auf 1,29 Milliarden Euro geht auch auf den Verkauf strategischer Ölreserven zurück sowie auf den Verkauf der Schmiermittelsparte und der Tankstellen in Bosnien und Herzegovina sowie in Kroatien. Ohne die Sondereffekte ist das Ergebnis um 5 Prozent gefallen.
Als Gründe werden die leicht gesunkenen Ölpreise genannt sowie ein zeitweiser streikbedingter Produktionsausfall in Libyen.

Die verfügbaren Finanzmittel in Gestalt des Cash-Flow stützen jedoch mit 1,6 Milliarden Euro maßgeblich die Investitionen von 1,2 Milliarden Euro. Gleichzeitig wurde die Nettoverschuldung auf 2,2 Milliarden Euro halbiert, sodass der Verschuldungsgrad auf 15 Prozent gedrückt wurde.
Die Raffinerieauslastung gilt mit 91 Prozent international als Spitzenwert.