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Norwegen ist Europas Erdgaslieferant Nummer eins

Von Wolfgang Zaunbauer

Wirtschaft

Preisflexibilität macht norwegisches Erdgas attraktiver als russisches.


Wien. (zaw) Im Jahr 2012 war erstmals seit langem nicht Russland der wichtigste Erdgaslieferant für Europa, sondern Norwegen. Dieses produzierte mit 114,9 Milliarden Kubikmetern Erdgas zwar nur rund ein Fünftel der russischen Produktionsmenge (592,3 Milliarden Kubikmeter), trotzdem lag norwegisches Erdgas bei den europäischen Importen mit 31,1 Prozent knapp vor dem russischen (30,8 Prozent). 2011 hatte Russland mit 35,2 Prozent (Norwegen 27,9) noch die Nase vorn.

Bei den EU-27 kam Norwegen 2012 beim konventionellen Erdgas sogar auf 35,1 Prozent, Russland auf 32,9. Diese Zahlen basieren auf dem "BP Statistical Review of World Energy" und Berechnungen des Innsbrucker Politikwissenschafters Gerhard Mangott, der im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" auch gleich eine Erklärung mitliefert: "Norwegen zeigte einfach eine höhere Preisflexibilität als Russland."

Der Gaspreis ist an den Ölpreis gebunden. Und daran wollen die Gas-Exporteure eigentlich auch nichts ändern. Erst Anfang Juli hat sich das Forum Gas exportierender Länder (GECF, quasi das Gas-Pendant zur Opec) für eine Beibehaltung ausgesprochen, weil eine Abkoppelung die internationale Energiesicherheit gefährde.

Russland bewegt sich spät

Norwegen hat bei der GECF nur Beobachterstatus - und zeigte sich zuletzt weit flexibler, was die Preisgestaltung angeht. "Russland hat sich erst sehr spät bewegt", sagt Mangott, "und nur bei einigen Kunden." So gewährte der russische Gaskonzern Gazprom erst Anfang August der französischen GDF Suez einen Preisrabatt, auch die deutsche RWE bekommt Geld zurück. Diesbezüglich scheinen die Chancen der OMV auf einen Verhandlungserfolg nicht schlecht - zumal Gazprom alleine für 2013 bis zu 4,6 Milliarden Euro für Rückzahlungen reserviert hat.

Russland dürfte sich in Sachen Preisbindung bald beweglicher zeigen - auch weil die USA aufgrund des billigen inländischen Schiefergases als Kunde wegfallen. Mit mehr Preisflexibilität könnte Russland dann seinen Spitzenplatz unter Europas Gaslieferanten bald wieder zurückerobern. Dass Norwegen die Nummer eins bleibt, muss laut Mangott "kein Trend sein, der sich festsetzt, obwohl Norwegen ein höheres Produktionswachstum hat als Russland". Tatsächlich konnte Norwegen seine Produktion 2012 gegenüber 2011 um 12,6 Prozent steigern, während Russland sogar um 2,7 Prozent weniger Erdgas förderte. Norwegen hat zudem den Vorteil, dass es mehr als 95 Prozent seiner Produktion exportieren kann, während Russland zu 70 Prozent für den Heimmarkt produziert.

Bei Erdöl noch ausbaufähig

Auch für Österreich ist Norwegen ein wichtiger Gaslieferant. Zwar kamen im Vorjahr 52 Prozent der hier verbrauchten neun Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland, mit 15 Prozent ist der norwegische Anteil aber so groß wie die heimische Produktion.

Mit dem jetzigen Deal der OMV wird Norwegen auch in Sachen Rohöl wichtiger werden. Hier lagen 2011 die österreichischen Importe bei gerade einmal 35.000 Tonnen, Platz zehn. Aus Kasachstan kamen damals 2,1 Millionen Tonnen, aus heimischer Produktion mehr als 800.000 Tonnen.