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Raiffeisen läuft Zeit davon

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Bis Jahresende muss Vereinbarung mit der FMA wegen Kapitalvorschrift stehen.


Wien. "Die Rentabilität leidet direkt, und indirekt über die umfangreichen Industriebeteiligungen, stark unter der konjunkturell schwierigen Situation in Europa. Die Kreditqualität hat sich - gemessen am Anteil ausfallgefährdeter Kredite, der inzwischen ein bedenkliches Ausmaß erreicht hat - verschlechtert. (. . .) Die Kapitalisierung verharrt auf schwachem Niveau." Diese Einschätzung der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich stammt nicht aus dem Schwarzbuch Raiffeisen, sondern aus einer Analyse des befreundeten deutschen Genossenschafts-Instituts DZ-Bank vom Juni. Der Gewinneinbruch der RLB OÖ 2012 um 70 Prozent wird kritisch seziert. Und im ersten Halbjahr 2013 ging es weiter bergab, der Überschuss halbierte sich noch einmal.

Nicht recht viel anders schaut es in der Raiffeisen Landesbank Niederösterreich/Wien aus, deren "Periodenergebnis" schmolz in den ersten sechs Monaten von 165 auf 94 Millionen Euro.

Gemeinsam ist beiden Raiffeisen Landesbanken ein überaus umfangreicher Beteiligungs-Bereich. In den Zahlen der RLB Oberösterreich etwa steckt auch die Firma efko (Sauergemüse). Um die Kapitalquote zu erhöhen beziehungsweise wenigstens halten zu können, muss der Branchenführer Raiffeisen bis Jahresende mit der Finanzmarktaufsicht eine Vereinbarung über sogenannte "Institutional Protection Schemes" (IPS) abschließen. Das klingt technisch, hat es aber in sich: Es geht dabei um die Anrechenbarkeit des Kapitals am Spitzeninstitut, also um einen hohen dreistelligen Millionenbetrag. "Wir stehen kurz vor einem Abschluss, und sind in der finalen Phase", teilte der RZB-Sprecher der "Wiener Zeitung" mit.

Eine gültige Vereinbarung soll es also in Kürze geben, allerdings läuft Raiffeisen langsam die Zeit davon. Verhandelt wird seit Frühjahr - und sie muss noch heuer stehen. "Raiffeisen war es gewohnt, die Wünsche auf den Tisch zu legen, und sie werden erfüllt. Das geht jetzt nicht mehr, weil die Finanzmarktaufsicht diese Vereinbarung an die Europäische Zentralbank weitermelden muss", erklärte ein Banker.

Denn nicht nur die RZB und ihre börsenotierte Osteuropa-Tochter Raiffeisen Bank International werden künftig von der EZB beaufsichtigt, sondern wegen ihrer Größe auch die beiden Raiffeisen Landesbanken aus Ober- und Niederösterreich.

Raiffeisen hat, um die zusätzlichen Kapitalerfordernisse zu erfüllen, bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) gleich neun solcher Verbundkonstruktionen angemeldet: eines zwischen der RZB/RBI und den Landesbanken als Eigentümer und dann noch für jedes Bundesland (außer Wien) zwischen den Landesbanken und den örtlichen Raiffeisenkassen. Die jeweiligen Beteiligungen am nächsthöheren Institut müssten dann nicht abgezogen werden, eine erhebliche Erleichterung für den Raiffeisen-Sektor. Damit verbunden sind gravierende Änderungen, denn diese jeweiligen Verbünde müssten erstmals konsolidierte Bilanzen erstellen sowie ein eigenes Früherkennungssystem von Problemen aufbauen. All dies wird jeweils von der FMA überwacht und muss ihr gemeldet werden. Mit dieser Offenlegung hat Raiffeisen wenig Freude, der Sektor versteht sich als privat geführte Gruppe. Eine Nicht-Einigung mit der FMA wäre aber einfach zu teuer.