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Wien zieht Manhattan den Nerv

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Cerberus soll heraus wollen - die Bank selbst dementiert. | Bankenabgabe, Regulierung, Streit mit Linz vermiesen Cerberus die Stimmung.


Wien. "Man sollte im Geldgeschäft nie erstaunt sein über die eigene Fähigkeit zur Idiotie", sagte Cerberus-Chef Stephen Feinberg 2011 bei einem seiner raren öffentlichen Auftritte in New York. Ob er dabei spezielle Investments seines Hedge Fonds im Kopf hatte, ist nicht überliefert. Aber sein Engagement bei der heimischen Bawag/PSK hat ihm schon einige Sorgen bereitet. So sehr, dass nun bei Investmentbankern das Gerücht umgeht, Cerberus wolle sich von der Bank trennen.
 
Deutsche Bank und Goldman Sachs hätten ein Mandat zum Verkauf erhalten, heißt es. Eine Sprecherin der Bank, damit von der "Wiener Zeitung" konfrontiert, dementiert die Verkaufsgerüchte. Die besagen, dass die Bank abgestoßen und gleichzeitig das aushaftende Staatskapital in Höhe von 500 Millionen Euro getilgt werden soll. Solange Staatskapital in der Bank investiert ist, gibt es Beschränkungen bei der Ausschüttung - was wiederum den Verkaufspreis drücken würde.

Feinberg und sein Co-Aktionär bei der Bawag, Steven Tananbaum von der Investmentgesellschaft Golden Tree, haben in jedem Fall Probleme, die Feinheiten der österreichischen Politik zu verstehen. Cerberus hält 52, Golden Tree 39 Prozent. Für die New Yorker Finanziers ist - so ist aus der Bank zu hören - völlig unverständlich, dass beispielsweise die Stadt Linz den mit der Bawag abgeschlossenen Franken-Deal einseitig für ungültig erklärte. Die Sache ist - wie berichtet - gerichtsanhängig, es geht mittlerweile um einen Verlust in Höhe von mehr als 500 Millionen Euro. Dass die österreichischen Aufsichtsbehörden nicht eingreifen, mag für US-Fondsmanager auch nicht recht zusammenpassen.

Der nun anvisierte Vergleich zwischen der Stadt Linz und der Bawag würde auch die Bank Geld kosten. So ist es möglich, dass die Bawag eine Frankenanleihe der Stadt Linz, die bei der Kommunalkredit in Höhe von 160 Millionen Euro läuft, übernimmt. Sie läuft bis 2017, und könnte deutlich verlängert werden. Damit könnte die jährliche Belastung für die Stadt Linz verringert werden, die Bawag würde Zinsverluste in Kauf nehmen.

Bawag vs. Linz: Fonds wollen Rendite und keine Zores

In Manhattan zwischen Park Avenue und Third Avenue kommen solche Deals gar nicht gut an, die Fonds wollen Rendite haben und keine Zores. Dies dürfte diese Verkaufsgerüchte befeuert haben, sowie die Tatsache, dass Cerberus sich aus Finanzbeteiligungen zurückzieht und in Europa heftig ins Immobiliengeschäft einsteigt. Erst kürzlich erwarb der "Höllenhund" Einzelhandels-Immobilien in Deutschland mit einer Gesamtfläche von fast 264.000 Quadratmeter. Auch die mit der Bankenunion auf die Banken zurollenden Kapital- und Regulierungsvorschriften vermiesen solch puren Kaufleuten die Stimmung.

Eine Frage bleibt dabei unbeantwortet: Wer würde die Bawag kaufen? Ohne Einmischung des Staates würde das ohnehin nicht über die Bühne gehen. Finanzmarktaufsicht und Nationalbank müssten einem Käufer zustimmen, und sollte der nicht aus der EU kommen und keine erstklassige Adresse sein, würde die Prüfung wohl ziemlich penibel ausfallen. In Finanzkreisen geistert ja immer noch die Idee herum, die Bawag mit dem darbenden Volksbankensektor zusammenzuspannen.

Für die Hedge-Fonds-Manager wäre das nur die zweitbeste Lösung, sie denken nicht strategisch, sondern in Dollar. Und Cerberus hat immerhin 2006 beim Kauf vom ÖGB für die Bawag insgesamt 3,2 Milliarden Euro investiert. Die Bank ist nach der Krise nur einen Bruchteil davon wert. Cerberus hat zwar durch den Verkauf von Beteiligungen und Immobilien etliches verdient, doch das Geld steckt noch in der Bank. Erst ein Verkauf würde bei Cerberus die Kasse klingeln lassen.

Die Bawag konnte im ersten Halbjahr den Überschuss auf 100 Millionen Euro steigern, doch auch die vom Staat eingehobene Bankenabgabe fraß das Plus wieder weg. Und nächstes Jahr steigt für das Staatskapital der Zinsaufwand, weswegen Bawag-Chef Byron Haynes bei der Halbjahres-Präsentation auch ankündigte, einen Teil dieses Kapitals heuer noch zurückzuzahlen.

Das Kapital könnte entweder gleichzeitig mit dem Verkauf der Bank getilgt werden, oder zum Teil aus einer 300-Millionen-Euro-Anleihe, die von der Bawag gerade bei Großinvestoren platziert wird. Die Anleihe hat zehn Jahre Laufzeit, der Zinssatz liegt geringfügig unter dem mit dem Staat vereinbarten Wert.

Bankenabgabe

als "Exportschlager"

Eine Bank aus Österreich dürfte als Käufer ausgeschlossen sein, da jedes Institut mit den neuen Kapitalvorschriften kämpft. Raiffeisen ist gerade dabei, die Geldgruppe nach Bundesländern zu "konsolidieren". Die Vereinbarungen dazu liegen bei der Finanzmarktaufsicht, sind aber noch nicht bewilligt. Dies ist aber notwendig, damit die damit verbundene Anrechnung von Kapital der RZB und der Landesbanken gültig ist. Dem Vernehmen nach will die FMA noch Änderungen verlangen, die bei Raiffeisen auf Gegenwehr treffen.

Die Erste Bank macht sich vor allem Sorgen, dass die Banken-Abgabe, mit der das Hypo-Desaster finanziert werden soll, in Osteuropa Nachahmer findet. Ungarn und die Slowakei heben bereits eine ein, auch Tschechien und Polen sollen überlegen, eine solche einzuführen. Das würde die Kreditvergabe der Banken einschränken, und das Wachstum in Osteuropa abwürgen, so die Befürchtung von Erste-Chef Andreas Treichl.

Cerberus angeblich gegen Börsegang für die Bawag

Ähnliches befürchtet auch die Bank Austria, die allerdings den Vorteil besitzt, kein Staatskapital in den Büchern zu haben. Als Käufer am österreichischen Markt würde die Bank trotzdem nicht auftreten. "Österreich ist overbanked, das stimmt ja", sagte deren Chef Willi Cernko.

Einen Börsegang für die Bawag soll Cerberus jedenfalls abgesagt haben. Und auch die Bereitschaft, im Ernstfall frisches Geld für die Bank aufzubringen, soll - so glauben Investmentbanker - bei den US-Fonds nicht sehr ausgeprägt sein.