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Österreich zurück im Gas-Spiel

Von Veronika Eschbacher

Wirtschaft

Gazprom-Vize Medwedew: Sind für Dialog mit Österreich offen.


Wien/Moskau. Während Ende Juni der letzte Vorhang für das von der österreichischen OMV angetriebene Gaspipeline-Projekt "Nabucco" gefallen war, scheint sich nun eine neue Bühne aufzutun. Der russische Energieriese Gazprom ist bereit, die Verhandlungen mit Österreich über dessen Teilnahme am Bau der Gaspipeline South Stream wieder aufzunehmen, teilte Alexander Medwedew, Vizechef der russischen Holding, in einem Interview für die firmeninterne Zeitschrift "Gazprom" mit. Darauf angesprochen, ob eine Rückkehr Österreichs ins South-Stream-Projekt nach der "Absage" von Nabucco wahrscheinlich ist, sagte Medwedew: "Wir stehen immer für einen Dialog offen."

Wenn die österreichische Seite offiziell diese Initiative unterbreite, "werden wir diesen Vorschlag unbedingt prüfen, umso mehr, als das bisherige Regierungsabkommen über die Zusammenarbeit im Rahmen von South Stream in Kraft bleibt", so Medwedew weiter.

Gazprom setzte vor einem Jahr den Spatenstich zum Bau der Gaspipeline South Stream im südrussischen Anapa. Die Pipeline verläuft quer über das Schwarze Meer nach Süd- und Zentraleuropa und endet den aktuellen Plänen zufolge im norditalienischen Tarvis, die Fertigstellung ist für Ende 2015 anvisiert. In der ursprünglichsten Variante endete South Stream in Baumgarten. 60 Kilometer Gaspipeline hätten es in Österreich werden sollen, die South Stream Austria GmbH wurde extra für den Bau als Joint Venture der OMV und Gazprom gegründet. Die finale Investitionsentscheidung lag fertig auf dem Tisch von Gazprom, wurde von den Russen jedoch nicht unterzeichnet. Vor fast genau einem Jahr bestätigte Gazprom der "Wiener Zeitung", dass eine Route nach Österreich nicht mehr vorgesehen ist. Ein Rückschlag nicht nur für die OMV, sondern auch für den Gashub Baumgarten.

Neue Gesprächsbasis

Nun scheint sich das Blatt aber wieder zu wenden. "Seit Nabucco begraben ist, gibt es eine neue Gesprächsbasis zwischen Gazprom und der OMV", sagt Gerhard Mangott, Energieexperte der Uni Innsbruck zur "Wiener Zeitung". Auf sich wieder verbessernde Beziehungen deutet auch hin, dass die OMV vor wenigen Tagen bekanntgab, bei den Verhandlungen über die langfristigen Lieferverträge weit fortgeschritten zu sein - man warte nur noch auf die formale Zustimmung für das Verhandlungsergebnis.

Auf South Stream angesprochen, sagte die OMV gegenüber der "Wiener Zeitung", dass man grundsätzlich an Pipeline-Projekten in Europa interessiert wäre, zu konkreten Projekten jedoch äußere man sich nicht. Einem Insider zufolge liegt bei der OMV noch kein konkretes Angebot von Gazprom vor, die Verhandlungen wieder aufzunehmen.

Schenkt man den Aussagen Medwedews Glauben, kommt das öffentliche Statement Gazproms - neben dem Scheitern des Nabucco-Projektes - als Reaktion auf Marktgerüchte, die österreichische Seite wäre an einer Wiederaufnahme interessiert: "Auf dem Markt ist in letzter Zeit wieder davon die Rede, dass sich die österreichische Seite an Gazprom mit dem Vorschlag wenden möchte, die Verhandlungen über South Stream wiederaufzunehmen."

In Österreich hingegen weiß man davon wenig bis nichts. Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es, man kenne aktuell keine Initiative und kommentiere das auch nicht. Aus dem Außenministerium hieß es nur, dass die österreichische Regierung natürlich ein Interesse daran habe, dass ein Teilstück von South Stream nach Baumgarten führt, da dadurch die Transportwege diversifiziert werden - wenn auch die Quelle, Russland, die gleiche bleibe. Ob man nun konkret auf Russland zugehen wolle, ließ man offen.

Experte für Bemühungen

Laut Mangott ist das Hauptziel hinter der Kehrtwende Gazproms, "noch ein EU-Land in South Stream einzubinden, um innerhalb der EU mehr Druck aufzubauen, die Pipeline als Ten-Projekt (Transeuropäische Netze, Anm.) genehmigt zu bekommen und vom Third Party Access, dem Netzzugang für Dritte, ausgenommen zu werden".

Der Experte ist grundsätzlich dafür, dass man in Österreich das Angebot aufnimmt. "Wenn man von österreichischer Seite nicht sicherstellen kann, dass das ukrainische Leitungsnetz saniert wird - und das kann man nicht - und dass die Energieversorgung Österreichs über Baumgarten erhalten bleibt, dann sollte man sich über eine alternative Route einigen. Und das ist eben South Stream." Damit komme man natürlich nicht dem Ziel Österreichs näher, neben den Transportwegen auch die Lieferländer zu diversifizieren. Jetzt gelte es aber sicherzustellen, dass mindestens so viel russisches Erdgas nach Schwechat kommt wie bisher. Denn: Es sei absehbar, dass mit dem Ausbau von South Stream immer weniger Gas über die Ukraine nach Österreich gelangt.